Phantom
international anerkannte Federexperte Vater war.
Ich öffnete das große Kuvert, das ich mitgebracht hatte, und schüttete drei Plastiktütchen auf den Tisch. Zwei enthielten die Federteile, die bei Jennifer Deighton und Susan Story sichergestellt worden waren, das dritte etwas von dem Gummierungsrest an Eddie Heaths Handgelenken.
Dauney nahm das Daunenstück von Jennifer Deightons Morgenrock aus dem Tütchen. »Das ist eine Daune vom Rücken oder Bauch. Das Stück hat noch einen hübschen Busch dran. Sehr schön. Je vollständiger die Feder, um so besser.« Mit zwei Pinzetten riß er mehrere »Äste« von beiden Seiten des Schafts ab, ging zum stereoskopischen Mikroskop und legte sie auf einen dünnen Film von Xylol, das er auf den Objektträger getropft hatte. Das diente, wie er mir erklärte, dazu, die winzigen »Strahlen« voneinander zu trennen – und als er schließlich jeden »Ast« ausgebreitet hatte, saugte er das Xylol ab, indem er die Ecke eines Löschblattes daranhielt. Er fügte das Fixiermittel Flo-Texx hinzu, legte ein Deckgläschen darauf und plazierte den Objektträger unter das Vergleichsmikroskop, das mit einer Videokamera verbunden war.
»Alle Vogelfedern haben im Grunde denselben Aufbau«, erklärte er. »Sie bestehen aus einem Schaft und Ästen, von denen die haarfeinen Strahlen, die Haken- und Bogenstrahlen, abzweigen. Die Äste sind für das ›fedrige‹ Erscheinungsbild der Federn verantwortlich. Wenn man sie vergrößert, sieht man, daß sie wie Minifedern beschaffen sind.« Er schaltete den Monitor ein. »Hier haben wir einen Ast.«
»Er sieht aus wie ein Farn«, sagte ich.
»Ein guter Vergleich. Jetzt vergrößern wir ihn noch weiter, damit wir die Strahlen genau erkennen können, denn ihre Form ermöglicht die Identifizierung. Am wichtigsten sind dabei die Häkchen. Jede Vogelart hat charakteristische Strukturen der Häkchen.«
Was ich auf dem Bildschirm sah, erinnerte mich an ein In s ektenbein. Die einzelnen Glieder waren durch dreidimensio n ale dreieckige Häkchen verbunden.
»Die Größe, die Anzahl, die Pigmentierung und die Plazierung der Häkchen entlang der Strahlen geben uns die gesuchte Antwort«, erläuterte er. »Hat man beispielsweise sternförmige Häkchen vor sich, dann handelt es sich um eine Taube. Hühner und Puten haben ringförmige. Breite Krempen mit Wülsten an den Häkchen sind charakteristisch für den Kuckuck. Diese«, er deutete auf den Monitor, »sind dreieckig, und daran erkenne ich sofort, daß die Feder von einer Ente oder einer Gans stammt. Nicht, daß das eine Überraschung wäre: Die meisten Federn, die ich in Verbindung mit Verbrechen auf den Tisch bekomme, stammen aus Bettdecken, Kissen, Westen, Jacken und Handschuhen – und diese Dinge sind üblicherweise mit Federn oder Federteilen von Gänsen und Enten gefüllt, im billigsten Fall mit solchen von Hühnern. Letzteres kann ich hier gleich ausschließen, und ich neige zu der Ansicht, daß es sich auch um keine Gänsedaune handelt.«
»Warum?« fragte ich.
»Die Bestimmung wäre einfach, wenn wir eine ganze Feder hätten, aber aufgrund der Partikel, die ich habe, kann ich immerhin beurteilen, daß – auf den Durchschnitt bezogen – zu wenige Häkchen vorhanden sind, die außerdem nicht über die ganzen Strahlen verteilt sind, sondern körperferner sitzen, also zum Ende zu. Das ist charakteristisch für Enten.«
Er öffnete einen Schubladenschrank und holte mehrere Kästen mit Objektträgern heraus. »Ich habe etwa sechzig Beispiele von Entenfedern. Ich werde sie alle durchsehen und dabei die aussortieren, die nicht in Frage kommen.«
Auf dem Monitor erschien ein runder Lichtfleck, der durch eine senkrechte dünne Linie geteilt war. Links erschien jeweils eine der Federn aus den Kästen, und rechts lag die, die wir zu identifizieren hofften. Wildente, Moschusente, Kragenente, Trauerente, Amerikanische Pfeifente… Dauneysah jedesmal auf den ersten Blick, daß keine Übereinstimmung bestand.
»Bilde ich mir das ein, oder ist unsere zarter als die anderen?«
»Nein, das bilden Sie sich nicht ein«, erwiderte er. »Sie ist tatsächlich zarter, und die Strukturen sind stromlinienförmiger. Sehen Sie, die dreieckigen Strukturen bauschen sich weniger auf.«
»Ja, jetzt, wo Sie es sagen…«
»Das gibt uns einen wichtigen Hinweis. Es fasziniert mich immer wieder, wie durchdacht alles in der Natur ist. Die Daunen sind dazu da, die Luft zu speichern. Je feiner die Strahlen, je
Weitere Kostenlose Bücher