Pharmakon
aussah. Nun, vielleicht würde es den Dekan mitfühlender machen. Nach dem katastrophalen Zusammentreffen mit seinem Vater hatte sich Adam entschieden, seine einzige Zuflucht sei ein weiteres Darlehen vom medizinischen Zentrum. Er zog seinen abgetragenen Kragen gerade und fand, er sehe mit Sicherheit arm und bedürftig aus und sollte direkt zum Büro des Dekans gehen, bevor er den Mut dazu verliere.
Nachdem er in das Büro der Sekretärin hereingeplatzt war, um nach einem Termin zu fragen, war Adam fast bestürzt, als die Frau meinte, sie glaube, der Dekan habe ein paar Augenblicke zwischen den nächsten Terminen frei. Sie ging zu ihm hinein, um das zu überprüfen. Als sie zurückkehrte, sagte sie, Adam könne gleich hineingehen.
Dr. Markowitz stand gerade, als Adam über die Schwelle seines Büros trat. Er war ein kleiner, stämmig gebauter Mann mit dunklem, lockigem Haar, das Adams nicht unähnlich war. Er hatte einen tiefbraunen Teint, obgleich es erst März war. Er ging mit ausgestreckter Hand auf Adam zu. Als sie sich gegenseitig die Hände schüttelten, schloß sich seine andere Hand um die Adams.
»Setzen Sie sich doch, bitte.« Der Dekan deutete auf einen schwarzen Bürostuhl vor seinem Schreibtisch.
Von seinem Stuhl aus konnte Adam einen Manila-Umschlag mit einem Schildchen sehen, auf dem sein Name stand. Adam hatte den Dekan nur ein paar Mal getroffen, aber jedes Mal hatte Dr. Markowitz so reagiert, als ob er mit Adams Situation absolut vertraut sei. Er hatte offensichtlich in den ein oder zwei Minuten, die Adam gewartet hatte, den Hefter durchgeblättert.
Adam räusperte sich. »Dr. Markowitz, es tut mir leid, Ihre Zeit in Anspruch zu nehmen, aber ich habe ein Problem.«
»Sie sind zur richtigen Stelle gekommen«, sagte Dr. Markowitz, obgleich sein Lächeln spürbar nachließ. Adam erkannte, daß der Dekan mehr Politiker als Arzt war. Er hatte das unglückliche Gefühl, dieses Zusammentreffen werde nicht besser ausgehen als das mit seinem Vater. Er schlug seine Beine übereinander und umfaßte seine Knie, um nicht zu verraten, wie sehr seine Hände zitterten.
»Ich habe gerade herausgefunden, daß meine Frau schwanger ist«, begann er und beobachtete Dr. Markowitz’ Gesicht, um irgendwelche Anzeichen von Mißbilligung zu entdecken. Sie waren nicht allzu subtil. Zuerst verschwand das Lächeln des Dekans, und dann verengten sich seine Augen, während er seine Arme in Abwehrstellung vor der Brust kreuzte.
»Es ist überflüssig festzustellen«, fuhr Adam in dem Versuch fort, seinen Mut aufrechtzuerhalten, »daß uns das in eine finanzielle Notlage bringt. Meine Frau und ich sind von ihrem Einkommen abhängig, und jetzt, wo ein Kind unterwegs ist…« Adams Stimme verklang. Man brauchte kein Wahrsager zu sein, um den Rest zu ahnen.
»Nun«, sagte Dr. Markowitz mit einem gezwungenen Lachen, »ich bin Internist, kein Geburtshelfer. Bin nie sehr gut darin gewesen, Babys zur Welt zu bringen.«
Auch eine Art Humor, dachte Adam.
»Meine Frau ist bei Dr. Vandermer in Behandlung«, sagte Adam.
»Er ist der beste«, meinte Dr. Markowitz. »Man kann keine bessere Geburtshilfe bekommen als bei Dr. Vandermer. Er hat auch unsere beiden Kinder geholt.«
Danach trat eine peinliche Pause ein. Adam wurde sich des Tickens einer antiken Howard-Uhr bewußt, die zu seiner Linken an der Wand hing. Dr. Markowitz beugte sich vor und öffnete die Mappe auf seinem Schreibtisch. Er las einen Augenblick und blickte dann auf.
»Adam, haben Sie sich überlegt, daß das nicht unbedingt ein besonders günstiger Augenblick ist, eine Familie zu gründen?«
»Es war ein Unfall«, sagte Adam, der einen Vortrag vermeiden wollte, wenn es das war, was der Dekan vorhatte. »Ein Versagen des Verhütungsmittels. Ein statistischer Fehler. Aber jetzt, wo es geschehen ist, müssen wir damit fertig werden. Wir brauchen finanzielle Unterstützung, oder ich muß ein Jahr oder so mit dem Medizinstudium aussetzen. So einfach ist das.«
»Haben Sie daran gedacht, diese Schwangerschaft zu unterbrechen?« fragte Dr. Markowitz.
»Wir haben daran gedacht, aber keiner von uns beiden ist bereit, das zu tun.«
»Wie steht es mit Unterstützung seitens der Familien?« fragte Dr. Markowitz. »Ich bin nicht der Ansicht, daß das Aussetzen des Medizinstudiums eine weise Entscheidung wäre. Sie haben eine Menge investiert, dahin zu kommen, wo Sie heute stehen. Ich würde das nur sehr ungern in Gefahr gestellt sehen.«
»Für Familienunterstützung
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