Philadelphia Blues
zu ernähren.“
„Das weiß ich auch“, murrte Colin. „Das ändert aber nichts daran. Wenn es wirklich sein muss, nehme ich einen Kredit auf und basta. Das hatte ich wegen der Werkstatt eh vor.“
„Welcher Werkstatt?“
Ups. Colin verzog ertappt das Gesicht. „Hatte ich das letztens am Telefon nicht erwähnt?“
Dominic fluchte etwas Unverständliches. „Du weißt genau, dass du das nicht hast, du Geheimniskrämer. Und letztens ist mittlerweile schon wieder ein paar Monate her. Nicht, dass mich das groß stört, weil ich genauso bin, aber jetzt raus mit der Sprache. Du willst eine Werkstatt eröffnen?“
Colin zündete sich eine zweite Zigarette an, denn das hier würde noch etwas dauern. „Ich hatte darüber nachgedacht, aber bis wegen Kilian nicht alles in Sack und Tüten ist, habe ich sämtliche Pläne erstmal hinten angestellt. Ja, ich will mir eine eigene Werkstatt aufbauen, aber ich will nicht, dass Kilian deswegen die nächsten Jahre von trockenem Brot leben muss, weil ich pleite bin, und das werde ich sein, wenn ich einen Kredit aufnehme.“
„Ich schätze, du hast das noch niemandem erzählt?“
„Nicht wirklich“, gab er zu und grinste schief, als Dominic leise stöhnte. „Solange es nicht spruchreif ist, wozu etwas sagen?“
„Dazu sage ich jetzt besser nichts“, konterte Dominic belustigt, was Colin leise lachen ließ. „Auch wenn du kein Geld willst, lass mich dir wenigstens das Angebot machen. Ich kenne nämlich zufällig einen Kerl, der auf Zinsen verzichten würde.“
„Oh, du meinst Adrian?“, stichelte Colin und lachte, als Dominic fluchte. „Ich versteh' dich schon und ich denke darüber nach, wenn es dazu kommt. Aber nur, wenn es wirklich nötig sein sollte.“
„In Ordnung“, gab Dominic Ruhe und Colin nickte zufrieden, bevor er die Zigarette ausdrückte und ins Haus ging.
„Und jetzt gebe ich dir deine Klatschtante von Bruder, ich muss nämlich einkaufen.“
Dominic lachte. „Mach' das. Bis bald, Colin.“
„Bye.“
Das Einkaufscenter war wie üblich überfüllt und deshalb beeilte sich Colin alles Nötige zu besorgen und wieder zum Auto zu kommen. Da erlebte er allerdings eine Überraschung, denn als er mit seinen vollen Tüten in Sichtweite seines Mustangs kam, lehnte Mikael mit verschränkten Armen und einem mörderischen Gesichtsausdruck an der Fahrertür und sah ihm entgegen. Colin blieb kurz stehen und schalt sich im nächsten Moment einen Idioten. Er hatte nichts getan, was Mikael das Recht gab, wütend auf ihn zu sein. Abgesehen von dieser ominösen Nachricht auf seinem Handy, nachdem er sich in Irland die Kante gegeben hatte.
Colin zuckte zusammen. Mist. Er ließ sich nichts anmerken, als er beim Wagen ankam und den Kofferraum öffnete, um die schweren Tüten abzustellen. „Was willst du hier?“
„Mit dir reden.“
„Ich wüsste nicht, was wir zu bereden hätten“, wehrte er ab, denn Colin dachte nicht im Traum daran, über diesen Anruf zu sprechen, an den er sich nicht erinnern konnte. Er warf die Kofferraumklappe zu und trat zu Mikael, der sich keinen Millimeter vom Fleck bewegt hatte. „Wärst du so nett? Ich habe zu tun.“
„Du kannst dich nicht mehr erinnern, oder?“
Colin verdrehte die Augen. „Ich war völlig besoffen. Belassen wir es einfach dabei.“
„Du willst also gar nicht wissen, was du mir am Telefon erzählt hast?“, fragte Mikael leise, was ihm wohl eine Warnung hätte sein sollen, aber Colin winkte nur ab. „Na wie schön, dass es dir egal ist. Mir ist es nicht egal, dass dein Vater dich hasst und du für deine Mutter eine Enttäuschung bist, weil dein Schwulsein nicht in ihre katholische Erziehung passt. Mir ist es ebenfalls nicht egal, dass sie Kilian abgeschoben haben, weil deine Schwester diesen Typ nicht heiraten wollte, der sie geschwängert hat.“ Mikael trat vom Wagen weg und stellte sich vor ihn. „Und mir ist es ganz und gar nicht gleichgültig, dass du mit dreiundzwanzig sexuell belästigt wurdest. Und um deinem, Zitat: Scheißleben, das du gerade führst, die Krone aufzusetzen, hätte ich dich mit diesem Bengel betrogen.“
Colin war froh, dass er neben seinem Wagen stand, denn so fand er es nicht ganz so auffällig, dass er sich mit einer Hand am Mustang abstützen musste, so fassungslos war er über Mikaels Monolog. Er hatte ihm alles erzählt. Wirklich alles. Ach du Scheiße.
„Und weil ich vor lauter Entsetzen nicht wusste, was ich darauf sagen sollte, hast du mir allen Ernstes vorgeworfen,
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