Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
Vom Netzwerk:
bekommst, ein bisschen auf die Wirklichkeit und ein bisschen auf deine Fantasien reagierst?«
    »Klingt g-g-ganz so, als würdest du unter Penisneid leiden.« Fast schon angewidert schüttelte er den Kopf. »Frauen sind so v-v-verdammt unfair.«
    »Wie, unfair? Warum unfair?«
    »Nimm ein heterosexuelles Paar. Da muss der Mann ihn hochkriegen. Ihr Frauen müsst nur eure v-v-verdammten Beine breit machen. Und wenn eure Muschis nicht gut genug geschmiert sind, beheben wir das mit Spucke.«
    »Du hast zweifellos eine Menge über Sex gelernt.«
    »Das verdanke ich nur dir.«
    »Ach, verpiss dich, Kim.«
    »Darin hab ich ja Übung. Ich habe mich aus Cambridge verpisst, und aus England. Wegen meines Vaters habe ich mich v-v-verpisst, obwohl, wenn ich es mir recht überlege, war es sogar er, der mir Österreich als den Ort vorgeschlagen hat, wohin ich mich verpissen könnte. So bin ich in Wien gelandet. In deiner Wohnung und in deinem v-v-verdammten B-B-Bett. Und auch von hier verpiss ich mich wieder, wenn’s mir passt.«
    Ich riss mir die Kleider vom Leib und warf sie auf den Boden. »Warum sind wir unfair, Herrgott noch mal? Was machen wir falsch?«
    Kim sammelte meine Sachen vom Boden auf und legte sie ordentlich über die Rückenlehne eines Stuhls. »Unterm Strich«, sagte er, »werft ihr uns unsere Erektionen vor. Denn, wenn wir sie bei der einen kriegen, können wir sie auch bei jeder anderen kriegen, die uns gefällt. Ohne dass wir was dazu können, k-k-kriegen wir einen Steifen, wenn wir den Körper einer Frau anziehend finden. Das heißt aber auch: keine Anziehung, keine Erektion, selbst bei jemandem mit deinen Fähigkeiten, einen Mann zu stimulieren. Ihr Frauen hasst die einfache Wahrheit, dass wir Männer womöglich euren Intellekt schätzen, euren Charme oder eure Kochkünste, vielleicht auch euren p-p-politischen Mut oder euren Humor, dass wir aber keine Erektion zustande bringen, wenn uns euer Körper nicht gefällt. Ich könnte mit Frau Wie-heißt-sie-noch im Bett liegen, dieser Philosophiedekanin von der Uni …«
    »Wie solltest du bei ihr im Bett landen, wenn du dich nicht mal an ihren Namen erinnerst? Sie heißt Vogel.«
    Seine Stimme wurde rau, und er führte die Zigarette, mit der er in der Luft herumgefuchtelt hatte, an die Lippen. »Frau Vogel, richtig. Ich könnte mit der f-f-fetten Wachtel Vogel im Bett liegen und mit ihr über den berühmten keuschen Junggesellen Immanuel Kant reden, über den wir nach dem Konzert letzte Woche diskutiert haben, aber ich würde keinen hochkriegen, selbst wenn mein Leben davon abhinge.«
    »Komm zur Sache.«
    »Die S-S-Sache ist, dass du meine Fantasien in Bezug auf Sonja als Zeichen, dass bei mir sexuell alles in Ordnung ist, sehen solltest. Das ist so … so als würde ich v-v-verdammte Liegestütze machen oder ums Fußballfeld laufen. Um in Form zu bleiben und die verdammte Libido in Gang zu halten, brauchen Männer solche F-F-Fantasien. Ihr Frauen habt da einen riesigen Vorteil, Litzi. Ihr könnt mit einem übergewichtigen, scheintoten Säufer ins Bett steigen, der einen kleinen Schwanz, aber ein dickes Bankkonto und ein jährliches Einkommen hat, mit dem er euch das Leben bieten kann, das ihr euch wünscht, und dabei ist es völlig egal, ob ihr ihn nun anziehend findet oder nicht.«
    Nun war es also raus, und er brauchte drei Streichhölzer, um sich die zwischen seinen Lippen zuckende Zigarette anzuzünden. Seine Hand zitterte, als er die Flamme an den Tabak hielt, doch dann besänftigte der Rauch seine Wut, und er setzte sich auf die Bettkante und sah, dass ich mich, den Kopf am Fußende, aufs Bett gelegt hatte. Nackt. »Mein Gott, was war denn das?«, fragte er.
    »Ich vermute, dass es was mit deinem Vater zu tun hatte.«
    Er dachte darüber nach. »Tut mir leid, dass ich so ausgerastet bin. Mein heiliger Vater hat den Fehler gemacht, eine Frau zu seiner rechtmäßig Angetrauten zu nehmen, die die Ehe für einen goldenen Käfig hielt. Und wo wir schon von unfairen Frauen reden: Wenn sie nur gekonnt hätte, sie hätte sich und ihren Mann eingeschlossen und den Schlüssel weggeworfen. Sie war so v-v-verdammt viktorianisch. Ihre Vorstellung vom Glück hatte was vom Zurechtrücken der Liegestühle auf dem Deck der Titanic. Sie hasste alles, was mein Vater mochte: die endlose Wüste der arabischen Halbinsel, die B-B-Beduinenlager irgendwo im Nirgendwo, das in Erdgruben gebackene Fladenbrot, den Geruch von Menschen, die nicht genug Wasser haben, um sich zu waschen,

Weitere Kostenlose Bücher