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Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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geworden.«
    »Zweifellos dank Ihrer Hilfe.«
    »Ich bestreite nicht, dass ich meinen Anteil daran hatte.«
    »Was haben Sie ihm beigebracht?«
    »Grammatikalisch besseres Deutsch zu sprechen.«
    Der Mann im Schatten wiederholte die Frage. »Was haben Sie ihm beigebracht?«
    »Ich habe ihm beigebracht …«
    »Genossin Friedmann«, sagte der Mann, »wir zählen darauf, dass Sie unsere Fragen ohne Zögern beantworten. Das Sammeln von Informationen ähnelt dem Zusammensetzen eines großen Puzzles. Was Sie hier sagen, könnte einige Lücken schließen.«
    »Ich habe ihm beigebracht, wie man eine Frau liebt. Er hatte da keinerlei Erfahrung. Ich habe ihm beigebracht, wie er sich der Polizei gegenüber zu verhalten hat, sollte er verhaftet werden: So weit wie möglich die Wahrheit sagen und nicht zu weit davon abweichen, wenn man lügen muss. Ich habe ihm beigebracht, was ich von meinem vorigen Führungsoffizier gelernt habe: Wie man sicherstellt, dass man nicht verfolgt wird, und wie man – für den Fall, dass doch – seinen Verfolgern entkommt. Wie man aus Urin unsichtbare Tinte herstellt, zwischen den Zeilen eines normalen Briefes Nachrichten unterbringt und wie leicht es ist, sein Äußeres zu verändern. Ich selbst wechsle ein- oder zweimal im Monat die Haarfarbe. Darüber hinaus habe ich ihm einfache Wortersatzcodes beigebracht, die er zur Kommunikation mit der Außenwelt benutzen kann, falls er verhaftet wird.«
    »Geben Sie dafür bitte ein Beispiel.«
    »Ich habe ihm beigebracht, dass ›Schicke mir eine Zahnbürste und Zahnpulver‹ bedeutet: ›Ich habe ihnen falsche Namen und falsche Adressen genannt‹, dass ›Schicke mir ein Stück Seife‹ dagegen jedoch heißt: ›Ich bin gezwungen worden, ihnen die echten Namen und Adressen zu nennen‹.«
    »Darf ich sagen, Genossin Friedmann«, sagte der Mann im Schatten, »dass die Moskauer Zentrale mit Ihrer Arbeit sehr zufrieden ist?«
    Ich muss zugeben, dass mir seine Worte wie ein Orgasmus durch den Körper fuhren. Meine Finger juckten vor Freude, und ich war fast sprachlos vor Dankbarkeit. »Ich danke Ihnen«, brachte ich gerade noch heraus.
     
    Unseren ersten Streit hatten mein Engländer und ich an unserem »Hundertsten«: Es war hundert Tage her, dass wir uns kennengelernt hatten, und seit neunzig Tagen schliefen wir in einem Bett. Bei diesem ersten Streit lernte ich mehr über ihn als während der vorausgegangenen friedlichen neunundneunzig Tage. Es fing damit an, dass ich nebenbei bemerkte: »Mir ist aufgefallen, wie du Sonja heute Abend angesehen hast.« Wir hatten uns auf einer Tour durch Wien vom Fahrtwind kräftig durchpusten lassen und kamen gerade zurück in meine Wohnung: »Nicht, dass es wichtig wäre«, fügte ich schnell hinzu, »aber du hast sie mit deinen Blicken quasi ausgezogen. Wobei ich zugeben muss, dass nicht mehr viel auszuziehen bleibt, wenn sie sich nach vorne beugt.«
    »Natürlich ist es dir wichtig, sonst würdest du es nicht erwähnen.« Kim zuckte mit den Schultern. »Ist das ein Verbrechen? Sie ist sehr h-h-hübsch.«
    »Wenn wir miteinander schlafen, werde ich wohl nicht anders können, als es ernst zu nehmen«, antwortete ich ihm mit seinen eigenen Worten.
    »Aber ich nehme unsere Beziehung doch ernst.«
    »Und was ist mit Monogamie?«
    »Wir sind nicht v-v-verheiratet.«
    »Wir schlafen jede Nacht miteinander, was, solange das so bleibt, ungefähr das Gleiche ist wie …«, und hier machte ich den Fehler, ihn nachzuahmen, »v-v-verheiratet zu sein.«
    Er reagierte wie ein Stier auf ein rotes Tuch und ging schnaubend auf mich los. Ich hatte ihn noch nie so aufgebracht erlebt. »Vergiss es, Litzi. Ich gerate ins Schwärmen, wenn Sonja sich vorbeugt und ich ihre B-B-Brüste sehe. Jeder K-K-Kerl am Tisch tut das. Deshalb beugt sie sich vor. Als der Regen dein verdammtes Hemd auf deine v-v-verdammte Brust gepappt hat, bin ich auch ins Schwärmen geraten.«
    Ich hatte ebenfalls schlechte Laune. Bevor Sonja aufgetaucht war, hatten die Männer am Tisch von
mir
geschwärmt. Also schlug ich weiter in die gleiche Kerbe. »Am Ende seid ihr alle gleich«, sagte ich. »Jede Frau, jeder Körper, der eine Erektion hervorruft, wird zum Objekt eurer Fantasien und eurer Begierde. Sag mir, Kim, wo hört die Fantasie auf und wo fängt die Wirklichkeit an?«
    »Das hängt von der Situation ab. Jede Situation, ob sexuell oder nicht, hat ein b-b-bisschen was von beidem, würde ich sagen.«
    »Heißt das, dass du jedes Mal, wenn du einen Steifen

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