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Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Geschichte der zu großen Dschellaba als Metapher verstanden und verinnerlicht.«
    »Sie entsprachen nicht dem Bild, das Ihr Vater von einem Sohn hatte.«
    »So in etwa.«
    Ich weiß noch, wie ich dachte, ein wenig Balsam könnte dem Engländer guttun. »Sie müssen Franco nicht wirklich umbringen, Kim«, sagte ich. »Es sollte nur so aussehen, als organisierten Sie ein Attentat. Schicken Sie Berichte über seine Sicherheitsvorkehrungen, als nähmen Sie den Auftrag ernst. Bis denen in Moskau bewusst wird, dass Sie Franco nicht ermorden werden, sind die republikanischen Armeen längst zusammengebrochen, womit der Bürgerkrieg sein Ende findet. Franco, Spaniens Diktator, sitzt dann außer Reichweite in einem Palast in Madrid, und Moskau wird seine Aufmerksamkeit einer weitaus größeren Bedrohung zuwenden: Adolf Hitler.«
    Philby saß da und schüttelte immer noch fassungslos den Kopf. Meine Worte waren offenbar nicht zu ihm durchgedrungen. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie man jemanden umbringt, Alexander. Solche Dinge hat mir Otto in London nicht beigebracht. Ich habe mich mit Codes und Geheimschriften beschäftigt, habe gelernt, wie ich es merke, wenn mir jemand folgt, und war ziemlich gelehrig, als es darum ging, in der Menge unterzutauchen, selbst wenn es keine gab. Von Attentaten war nie die Rede. Wie soll ich es deren Meinung nach machen? Mit einem Messer? Einer P-P-Pistole? Ah, Gift. Sicher mit G-G-Gift. Spione müssen gut darin sein, ihre Gegner mit Gift auszuschalten. Oder vielleicht soll ich ihn auch erwürgen? Er ist ziemlich klein, wissen Sie, dafür allerdings kräftig. Ich weiß nicht, ob ich das hinbekäme. Aber nur mal angenommen, ich wäre der Sache gewachsen, soll ich den Kerl dann mit einem meiner Schuhriemen strangulieren, was so ungefähr das Einzige war, was mir seine verdammten Leibwächter gelassen haben, als ich zu ihm hineindurfte?«
    Ich langte über den Tisch und griff nach seinem Arm. »Nehmen Sie sich zusammen, Kim.«
    Zwei ausgesprochen hübsche Mädchen spazierten untergehakt am Springbrunnen in der Mitte des Platzes vorbei, Französinnen, nach ihren verlockenden nackten Schultern zu urteilen. Sie ließen ihr silberhelles Lachen erklingen. Die Sonnenstrahlen, die zwischen den windgeprüften Sandstein-Aposteln auf dem Gesims der Kirche hindurchfielen, ließen ihre langen Kleider durchsichtig werden. Philby sah, wie ich ihnen hinterherstarrte, und folgte meinem Blick. Er kicherte bewundernd, und ich hörte ihn sagen: »Ich nehme an, Sie haben zu Ihrer Zeit einige Leute umgebracht.«
    Ich war nicht sicher, ob das als Feststellung oder Frage gemeint war. Da ich dachte, eine Geschichte wie aus einem billigen Taschenbuchkrimi – auch wenn diese tatsächlich passiert war – könnte ihn ablenken, sagte ich: »Vor einem Monat in einem billigen Hotel in Nizza kamen plötzlich zwei französische Kripobeamte in mein Zimmer geplatzt.«
    »Und was haben Sie dann gemacht?«
    »Ich lag in meiner Unterhose im Bett und schlief, als mit einem Mal die Glühbirne über mir anging. Ich setzte mich auf und blinzelte, um mich zu versichern, dass ich nicht träumte. Ich träumte nicht. Die beiden standen breitbeinig in typischer Schießposition am Fuß des Bettes und hielten ihre Pistolen auf meinen Solarplexus gerichtet. Wie ich sofort erkannte, waren es 6.35er Rückstoßlader, diese Dinger, die die verdammten Franzosen
Le Français
nennen. Ich hob die Hände mit in ihre Richtung geöffneten Handflächen und sah sehnsüchtig zu meiner eigenen Pistole hinüber, einer hübschen kleinen 08-Luger-Parabellum, die in ihrem Halfter über der Lehne des Stuhles hing, mehr als eine Armlänge entfernt. Sie folgten meinem Blick. Das war ihr tödlicher Fehler. Ich schlief mit einer doppelläufigen amerikanischen Mossberg unter der Decke. Die Läufe hatte ich abgesägt, damit sich die Ladung schneller ausbreitete und ein Ziel aus nächster Nähe kaum zu verfehlen war. Ich erschoss sie, eine Ladung für jeden.« Ich fuhr mir mit den Fingern durch die für Unteroffiziere der Roten Armee typische Frisur. »Schön ausgesehen hat es nicht. Da bin ich der Erste, der das zugibt. Die auf der Tapete grasenden Schafe haben einiges an Blut abgekriegt. Sie hätten sich bestimmt übergeben müssen, Sonny. Ich habe mich angezogen, bin aus dem Fenster gestiegen und über eine der neumodischen stählernen Feuerleitern, die sie heute an öffentlichen Gebäuden anbringen, auf die Straße hinuntergeklettert.«
    »Wie fühlt sich das

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