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Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Champagner. Zwei splitternackte Lesbierinnen, die sich die Münder und Schamlippen knallrot angemalt hatten, rangen auf einer Matte, die auf einer kleinen Bühne lag. Dabei ging es darum, die Gegnerin halb bewusstlos zu schlagen und anschließend, in einer widerlichen Variante der gewöhnlichen Mund-zu-Mund-Beatmung, die Lippen auf ihre Lippen, in diesem Fall die Schamlippen, zu pressen, um sie wiederzubeleben. Ich gebe gerne zu, dass auch ich nicht mehr bei vollem Bewusstsein war, als mich mein Taxi zwei Tage später wieder unter dem Rock Hotel absetzte.
    »Du siehst aus, als kämst du direkt von der Front«, sagte Kim.
    Er trug immer noch ein Pflaster auf seiner Kopfwunde, das letzte Relikt des turbanartigen Verbandes, mit dem er als englischer Kriegsheld in den Londoner Gazetten zu bewundern gewesen war. »Dabei bist du doch der, den der Krieg gezeichnet hat, alter Junge«, sagte ich, als wir uns auf zwei geflochtenen Stühlen ganz am Ende der Terrasse niederließen, in Sicht-, aber außer Hörweite der Matronenbrigade. Kim holte eine seiner stinkenden französischen Zigaretten hervor, die die Mücken vertrieben, wie er in Cambridge immer behauptet hatte, wenn er sich eine nach der anderen ansteckte. Das Streichholzbriefchen fiel ihm aus der Hand. Er bückte sich danach und inspizierte dabei die Unterseite des Tisches.
    »Ich sehe, du hast dir in Spanien ein paar neue Kniffe angeeignet«, sagte ich.
    »Man lernt nie aus.«
    Ich legte meine zusammengefaltete Ausgabe der
Picture Post
auf den Tisch. »Wie geht es deiner Magyaren-Frau?«, fragte ich.
    Kim griff wie nebenhin nach der Zeitschrift und ließ den Blick beim Blättern über die Bilder gleiten, wobei er unauffällig die achtzig Pfund Sterling und das Reispapier mit den neuen Codes an sich nahm. »Als ich sie zuletzt gesehen habe, vor ein paar Monaten war das, schien sie sich ganz wacker zu schlagen«, sagte er.
    Ich muss mich geräuspert haben, wie ich mich, so hat man mir gesagt, immer räuspere, bevor ich unangenehme Nachrichten überbringe. »Ich fürchte, ich habe ziemlich bedauerliche Neuigkeiten«, sagte ich.
    »Ja?«
    »Unser Londoner Resident Otto ist zurück nach Moskau beordert worden.«
    »V-V-Vielleicht geht es um ganz normale Besprechungen.«
    »Seine Frau musste ihn begleiten.«
    »Ah.« Kim sagte eine Weile nichts. »Was hältst du davon?«, fragte er schließlich.
    »Wenn ich an die Nachrichten über die Säuberungsprozesse in Moskau denke …«
    »Das ist doch bestimmt nichts als kapitalistische Propaganda«, antwortete er.
    Ich vermute, dass ich mit den Schultern zuckte. »Wo Rauch ist, da ist auch Feuer. Meiner Meinung nach wäre Stalin ein Trottel, würde er sich nicht von der fünften Kolonne befreien, bevor es gegen Deutschland geht.«
    »Otto gehört doch nicht zur fünften Kolonne.«
    »Das glaube ich ja auch nicht. Deshalb dürfte ihm in Moskau nichts Ernstes passieren. Ich habe Otto ziemlich gut kennengelernt, während er mich ausgebildet hat. Ist ein anständiger Kerl. Ein standfester Kommunist, verdammt guter Resident und Profi bis in die Fingerspitzen. Zuletzt habe ich ihn in einem Pub in Soho gesehen. Kam mit Melone und Schirm, wohl um die MI5-Pfeifen zu überlisten, die ihm zu folgen versuchten. Ich sagte ihm, er solle keine halben Sachen machen und sich auch noch den dreieckigen Schnauzer abrasieren, der sei einmalig in London und lasse ihn aus jeder Menge herausstechen. Darauf meinte er nur, sein Vater habe in der Revolution gekämpft mit genau so einem Schnauzer. Der sei eine Art Familientradition. Der alte Knabe hat mir sogar seinen richtigen Namen verraten. Er heißt Teodor. Teodor Mali.«
    »Er hatte solchen Erfolg damit, uns zu rekrutieren, dass ich nicht weiß, was die Moskauer Zentrale gegen ihn in der Hand haben könnte.«
    »Ich glaube, du bist Beweisstück Nummer eins.«
    »Sag das noch mal!«
    »An dem Abend in Soho hat er eine ganze Flasche Wodka geleert und sich seine Sorgen von der Seele geredet. Er hat mir anvertraut, dass du der Stein des Anstoßes für die Vorwürfe der Moskauer Zentrale bist.«
    »Das musst du erklären, Guy.«
    »Vor zwei Monaten hast du den Schweden in Biarritz getroffen.«
    »Das ist eher schon drei Monate her. Aber egal.«
    »Du hast ihm von der Schlachtordnung der Nationalisten berichtet und von den neuesten Messerschmitts für Franco. Er hat dir neue Codes und etwas Geld gegeben. Dann hat er die Sprache auf einen Spezialauftrag gebracht.«
    »Der war so lächerlich, dass er selbst

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