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Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)
Autoren: Robert Littell
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damit gerechtfertigt, dass dort sowjetischer Nachschub gelöscht würde. In einem anderen haben sie nahegelegt, republikanische Minen und nicht nationalistische Brandbomben hätten Guernica zerstört.«
    »Ich muss zugeben, dass ich mich geschmeichelt fühle, wenn ich höre, wie genau Sie sich mit meiner Akte beschäftigt haben.«
    »Während Ihrer Zeit in Spanien hatten Sie ein Verhältnis.«
    »Sie meinen wohl meine Liaison mit der kanadischen Schauspielerin Frances Doble. Wir haben miteinander geschlafen. Wir haben kopuliert. Und das recht oft.«
    »Ich bin erleichtert, das zu hören, Mr Philby. Ist Miss Doble Kommunistin?«
    Mr Philby lachte leise. »Frances steht noch rechts von Franco. Sie ist eine Königstreue, die sich die Rückkehr Alfonsos auf den Thron wünscht. Er floh außer Landes, als in Spanien 1931 die Republik ausgerufen wurde.«
    »Was haben Sie heute für ein Verhältnis zu Miss Doble?«
    »Wir schlafen in verschiedenen Betten, in verschiedenen Hotels, in verschiedenen Städten, in verschiedenen Ländern. Sie hat beschlossen, den Krieg in P-P-Portugal auszusitzen. Kontakt jedweder Art mit ihr, insbesondere sexueller, ist unter diesen Umständen schwierig.«
    »Ich mag Ihren Schwung, Mr Philby. Sie scheinen den vorgetäuschten Krieg, gar nicht zu reden von dem sich anschließenden echten Krieg, in guter Verfassung überstanden zu haben.«
    »Ich hab mich so durchgemogelt und kann immer noch nicht begreifen, warum die Franzosen ihre Maginot-Linie nur entlang der Grenze zu Deutschland ausgebaut haben, was die gesamte nördliche Flanke des Landes entlang der Grenze zu Belgien schrecklich ungeschützt ließ.«
    »Sie dachten, Hitlers Panzer kämen mit dem Wald in den Ardennen nicht zurecht«, sagte ich.
    »Die Franzosen haben sich fürchterlich verkalkuliert, oder? Aber das ist Geschichte.«
    »›Was vergangen, ist der Prologus‹«, sagte ich. »Entschuldigen Sie, für gewöhnlich zitiere ich nicht Shakespeare, habe aber gerade erst John Gielgud in
Der Sturm
gesehen. Die Zeile hat sich in meinem Kopf festgesetzt.«
    »Und es ist ja auch so: Das Vergangene ist tatsächlich der P-P-Prolog.«
    »Jemandem wie Ihnen, der das Debakel persönlich miterlebt hat, muss das Ganze wie das Ende der Welt vorgekommen sein.«
    »Es war das Ende der Welt, wie wir sie kannten«, sagte er. Ich erinnere mich, wie er dabei zur Seite sah, den Blick nach innen, auf bittere Erinnerungen gerichtet. »Die Gäste in den Hotels hörten auf, ihre Schuhe abends zum Putzen vor die T-T-Türen zu stellen. Keiner wusste, ob die Gäste, die Schuhe oder die Schuhputzer am nächsten Morgen noch in der Stadt sein würden.«
    »Sie werden in Österreich, Spanien und Frankreich mehr als genug Gewalt gesehen haben, Mr Philby.« Er nickte zustimmend, und ich wechselte den Ton unseres Gesprächs mit: »Können Sie noch mehr davon ertragen?«
    »Ich verabscheue Gewalt, Miss Maxse.«
    »Das ist eine Feststellung. Keine Antwort auf meine Frage.«
    »Ich bin unfähig, jemanden zu töten, wenn sie darauf hinauswollen.«
    »Niemand würde erwarten, dass Sie jemanden mit bloßen Händen umbringen. Aber könnten Sie einen Agenten der Folter und dem so gut wie sicheren Tod überlassen, um bestimmte Ziele zu erreichen?«
    »Sie fragen, ob der Zweck die Mittel heiligt?«
    »Richtig.«
    »In bestimmten Situationen rechtfertigen bestimmte Zwecke bestimmte Mittel, ja.«
    »Gut gesagt, Mr Philby. Willkommen im zweitältesten Beruf der Welt.«
    »Ah. Dann werde ich wohl bei der
Times
kündigen müssen.«
    »Darum werde ich mich für Sie kümmern. Betrachten Sie sich als freigestellt. Melden Sie sich am Montag um sieben im Caxton House, gleich zwischen den Broadway Buildings und diesem Hotel. Hinter der Tür sitzen zwei Sicherheitsbeamte an einem Tisch. Die beiden werden Sie erwarten. Zeigen Sie ihnen Ihren Pass und tragen Sie sich ins Register ein. Sie werden dann in einen Raum geschickt, wo man ein Foto für Ihren Ausweis machen wird. Versuchen Sie bitte, ein ernstes Gesicht zu machen. Mich schaudert es immer, wenn ich sehe, wie mich Kollegen von ihren Ausweisen anlächeln.«
    »Diesen Fehler werde ich nicht machen, Miss Maxse.« Er räusperte sich. »Ich hasse es, auf die banale Frage meiner Bezahlung zu …«
    Ich war so frei, ihn zu unterbrechen. »Materielle Fragen sind selten banal. Sie bekommen fünfzig Pfund pro Monat, die Sie dem Finanzamt nicht melden müssen.«
    »Könnten Sie mir einen Hinweis geben, was meine Aufgaben sein werden, wenn ich bei
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