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Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)
Autoren: Robert Littell
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wenigstens an
irgendetwas.
«
    »Ich habe gehört, dass Sie in Moskau waren.«
    »Wer immer Ihnen das gesagt hat, hätte seine Zunge hüten sollen. Ich habe meine Familie besucht.«
    »Ich wusste nicht, dass Sie Familie haben.«
    »Sie wissen vieles nicht, und das ist auch gut so. Besser, wir halten die Dinge getrennt.«
    »Haben Sie Otto in Moskau getroffen?«
    »Nein. Unsere Wege haben sich nicht gekreuzt.«
    »Was ist mit Otto? Warum ist er so plötzlich zurückbeordert worden?«
    »
Nichts
ist mit Otto. Ich habe gehört, dass er zum Hauptmann befördert und in die zweite Hauptabteilung versetzt worden ist. Davon träumen alle Residenten. Jemand sagte, er wohne in einem Dorf bei Moskau und pendele zur Arbeit.«
    »Ihm geht es also gut?«
    Ich nickte. »Warum sollte es ihm nicht gut gehen?«
    »Ich mochte Otto.«
    »Er Sie auch.« Ich räusperte mich. »Was haben Sie heute für mich?«
    »Etwas ziemlich Wichtiges, denke ich. Das Datum der deutschen Invasion in Russland. Sie ist für den Tagesanbruch des zweiundzwanzigsten Juni geplant.«
    Normalerweise reagierte ich bewusst nicht auf die Berichte der Agenten, doch in diesem Moment entfuhr mir wohl ein anerkennender Pfiff. »Der zweiundzwanzigste Juni! Das ist eine unglaublich wichtige Information. Woher haben Sie die?«
    »Guy Burgess hat sie von einem Burschen, der bei den Codebrechern in Benchley Park arbeitet. Die lesen dort Deutschlands streng geheimen Funkverkehr.«
    »Bitte richten Sie Mr Burgess meine Anerkennung aus. Das wird noch vor Ende des Tages chiffriert und nach Moskau gefunkt. Ich denke, es wird sofort an den Genossen Stalin weitergeleitet werden.«
    »Das ist noch nicht alles. Unter den Abteilungsleitern im Caxton House ging ein streng geheimes Memorandum herum. Mein Chef hat es mir gezeigt. Es bestätigte das von Guy genannte Datum und enthielt einige Details zur deutschen Schlachtordnung: vier Komma fünf Millionen Soldaten der verschiedenen Achsenmächte, sechshunderttausend motorisierte Fahrzeuge und siebenhundertfünfzigtausend Pferde stehen entlang einer zweitausendneunhundert Kilometer langen Front.«
    »Waren einzelne Divisionen namentlich aufgeführt? Gab es Angaben über Panzerdivisionen?«
    »Ich fürchte, ja, nur hatte ich leider genug damit zu tun, mir die Zahlen zu merken. Ich erinnere mich lediglich an die Division ›Das Reich‹
,
falls das von Nutzen ist.«
    »Hätten Sie die Minox-Kamera dabeigehabt, die ich Ihnen angeboten habe, hätten Sie die Seite fotografieren können.«
    »Ich weigere mich grundsätzlich, im Caxton House eine Kamera bei mir zu tragen. Das Risiko gehe ich nicht ein. Ich habe nicht vor, tatsächlich irgendwann die Eisläufer im Gorki Park zu beobachten. Die Sicherheitsleute am Eingang nehmen immer wieder L-L-Leibesvisitationen vor, auch bei Leuten, die das Haus verlassen. Bei einem Luftaufnahmen-Analytiker haben sie kürzlich eine zusammengerollte Nudistenzeitschrift gefunden. Zwar waren die Genitalien unkenntlich gemacht, aber die Colonels an der Spitze des SIS Seiner Majestät sind ungeheuer puritanisch, und das wirkt sich bis in die unteren Ränge aus. Die Zeitschrift wurde geschreddert und verbrannt und der arme Teufel zu einer B-B-Bildaufklärungseinheit nach Island versetzt, wie ich gehört habe.«
    »Mit oder ohne Divisionsnamen, das sind hochwichtige Informationen. Sie und Ihre Freunde werden stolz darauf sein können, zur Niederlage des Hitlerismus in Europa beigetragen zu haben.«
    »Wird Hitler in Europa geschlagen werden? Wird die Sowjetunion den deutschen Blitzkrieg überleben, oder wird sie überrannt wie Belgien, Frankreich und Holland?«
    Ich konnte kaum glauben, dass er diese Frage stellte. »Kim, Kim, wir werden mehr als nur überleben. Wir sammeln unsere Kräfte. Hinter dem Ural werden Unmengen von Panzern und Flugzeugen gebaut und zahllose Soldaten auf die Schlacht vorbereitet. Wir werden die Nazis mit einem vernichtenden Angriff zurück nach Berlin treiben, Hitler fangen und ihn in Ketten auf dem Roten Platz vorführen.«
    »Wie meine liebe Mutter immer sagt: Ihr Wort in Gottes Ohr.«
    Die Bemerkung traf mich. »Ich glaube nicht an Gott«, fuhr ich auf. »Ich glaube an die Rote Armee. Ich glaube an Stalin.«
    »Ich habe noch was Hübsches für Sie«, sagte er. »Erinnern Sie sich an den Amerikaner, von dem ich Ihnen erzählt habe? Den, den uns der militärische Nachrichtendienst der Amerikaner geschickt hat, damit er das Geschäft von uns lernt?«
    »Angleton?«
    »Genau der. Jim
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