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Philippas verkehrte Welt

Philippas verkehrte Welt

Titel: Philippas verkehrte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schroeder
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hin nickte. Sie verzog keine Miene, und ich konnte beim besten Willen nicht aus ihrem Gesicht ablesen, was sie über diese Sache dachte.
    Â»Ihr müsst doch zugeben, dass es ein ziemlich verrückter Zufall ist, dass ich Frau von Helsing gestern noch einmal chauffiert habe«, sagte Papa. »Bisher ist mir das noch nie mit einem Fahrgast passiert. Zumindest erinnere ich mich nicht daran.«
    Â»Du hältst es also für einen Wink des Schicksals?«, meldete sich Mama nun endlich auch einmal zu Wort.
    Wieder zuckte mein Vater nur mit den Schultern.
    Â»Wieso bist du überhaupt so lange dort gewesen?«, fuhr ich ihn an. Ich wollte das nicht, aber in meinem Bauch brodelte es derart, dass ich mich einfach nicht unter Kontrolle hatte. Meine Gedanken rasten zu Mariel. Zu unserem Streit und dass ich gleich nicht einfach zum Telefon stürzen und mit ihr reden konnte. Ob sie sich überhaupt fragte, warum ich heute nicht in der Schule war?
    Zum Glück reagierte Papa gelassen. »Weil Frau von Helsing mir alles ganz genau zeigen und erklären wollte«, erwiderte er. »Ihr schien sehr viel daran zu liegen, dass ich mir ein möglichst detailliertes Bild von meinem zukünftigen Aufgabenbereich machen kann.«
    Â»Dann ist es also bereits entschieden«, entgegnete ich matt.
    Â»Nein«, sagte Papa. »Das ist es nicht. Wir entscheiden das gemeinsam.«
    Er stand von seinem Stuhl auf und holte den kleinen Zettelblock und fünf Stifte aus der Ablage auf der Anrichte. »Jeder hat eine Stimme und jede Stimme zählt gleich viel«, fuhr er fort, während er fünf Zettel vom Block trennte und sie und die Stifte an uns verteilte. Danach nahm er den Bierkrug mit dem silbernen Klappdeckel vom Regal, den Oma und Opa Lindewick uns aus ihrem Bayernurlaub mitgebracht hatten. »Was ihr unbedingt noch wissen solltet, ist, dass ich drei Monate Probezeit habe. Wenn ich also feststellen sollte, dass mir dieser Job nicht gefällt …«
    Â»Oder uns die Villa?«, fiel Josefine ihm ins Wort.
    Â»Richtig«, sagte Papa und zwinkerte ihr zu. »Möglicherweise findet auch Frau von Helsing nach ein paar Wochen, dass ich meine Arbeit nicht gut genug mache, und kündigt mir wieder.«
    Â»Und dann hättest du gar nichts mehr, stimmt’s?«, fragte Krister besorgt.
    Â»Da hast du absolut recht.« Mein Vater seufzte leise. »Ich glaube allerdings, dass ich jederzeit wieder Taxi fahren könnte. Vielleicht würde ich mir dann sogar einen eigenen Wagen kaufen und mich selbstständig machen.«
    Â»Cool!«, rief Krister und rieb sich die Hände.
    Ich bedachte ihn mit einem finsteren Blick, was er aber natürlich ignorierte. Mein Bruder war schon immer risikofreudiger gewesen als ich. Ich brauchte mir also nichts vorzumachen: Er würde auf jeden Fall dafür stimmen.
    Â»Und was ist mit Kuschimuschi?«, erkundigte Josefine sich mit kuschelmuschelhasenmäßiger Piepsstimme. »Darf der auch abstimmen?«
    Ein Lächeln huschte über Mamas Gesicht. Liebevoll strich sie meiner Schwester über die Haare. »Natürlich dürft ihr euch miteinander beraten«, sagte sie. »Und dann zusammen ein Kreuz auf den Zettel machen … oder eben nicht.«
    Â»Das Kreuz heißt also ausziehen und bei Frau Kaiser wohnen?«, vergewisserte sich Josefine. »Und nix bedeutet hierbleiben?«
    Â»Ganz genau.« Meine Mutter nickte. »Wem dieses Experiment aus welchem Grund auch immer nicht geheuer ist, gibt einfach einen leeren Zettel ab.«
    Sofort kritzelten Krister und der Kuschelmuschel-Josi-Hase ein Kreuz auf ihre Zettel und stopften sie in den Bierkrug. Ich musste kein Mathe-Genie sein, um das Ergebnis an fünf Fingern abzählen zu können. Für Papa bedeutete der Job in dieser Reicheleutevilla die Chance seines Lebens. Meine Geschwister hatte er bereits auf seiner Seite, womit es 3 zu 2 stand und die Sache im Grunde entschieden war.
    Mit zusammengepressten Lippen starrte ich auf meine Kakaotasse und vermied es, meine Mutter anzusehen. So viel war klar: Nie und nimmer würde sie sich gegen meinen Vater stellen und das konnte ich ihr nicht einmal verübeln. Ich war allein auf weiter Flur, was ein verdammt dummes Gefühl war, denn plötzlich kam ich mir wie eine Verräterin vor. Wenn ich jedoch an diesem verhängnisvollen Freitagvormittag bereits geahnt hätte, dass es in Wahrheit nur um mich, und zwar ganz allein um mich

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