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Philosophenpunsch

Philosophenpunsch

Titel: Philosophenpunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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lächelte Bollek. »Er ist, glaube ich, vorausgegangen. Sie haben sicher noch einiges zu besprechen. Für mich ist jetzt jedenfalls Feierabend. Schauen wir, ob es morgen tatsächlich ein freier Tag wird.«
    »Und ich …«
    »Du gehst jetzt auf der Stelle nach Hause, Thomas«, fiel Leopold Korber ins Wort. »Wer einen Lebenden nicht von einem Toten unterscheiden kann, hat nichts mehr in diversen Bars verloren, sondern sollte sich schleunigst die Decke über die Ohren ziehen.«
    »Der Herr Magister ist ein bisschen unglücklich, wie er mir vorhin gestanden hat«, räumte Bollek ein. »Ja, ja, die Liebe. Vielleicht ist es am besten, wenn ich ihn noch schnell heimbringe, damit er keine Dummheiten macht.«
    Dieses Gesülze war wirklich kaum auszuhalten. Allerdings klang Bolleks Vorschlag brauchbar. »Na gut«, fügte sich der angeschlagene Korber tatsächlich und stieg in das Auto des Inspektors ein.
    Damit war Leopold wenigstens eine Sorge los und konnte sich einigermaßen beruhigt auf den Weg zurück ins Café Heller machen. Fraglich war nur, was seine Chefin zu seinem kleinen Ausflug sagen würde.
     
    *
    Wie immer, wenn sich die Sperrstunde unbarmherzig näherte, war es im Heller angenehm ruhig geworden. Im hinteren Teil des Lokals ging die legendäre Tarockpartie – der Herr Kammersänger, der pensionierte Herr Kanzleirat, der Herr Adi und der Herr Hofbauer – schön langsam ins letzte Radl. Die Billardbretter waren bereits verwaist. Vorn turtelte ein Pärchen, und eine ältere Dame trank stumm ihr Glas Rotwein aus. Der Medizinalrat Pfister war nach seiner Schicht im benachbarten Krankenhaus noch auf einen Sprung vorbeigekommen und studierte die Zeitungen. Herr Heller spielte mit Herrn Sedlacek die unvermeidliche vorweihnachtliche Partie Schach. Und Richard Juricek lehnte genüsslich an der Theke, trank ein Häferl heißen Punsch und unterhielt sich angeregt mit Frau Heller.
    »Wirklich ein Glücksfall, dass Ihnen der noch übergeblieben ist«, nickte er anerkennend. »Der Punsch schmeckt wieder einmal ausgezeichnet.«
    »Er mundet Ihnen? Das freut mich«, nahm Frau Heller dieses Lob zufrieden auf. »Zuerst habe ich überlegt, unseren Philosophen, die ja heute aus einem ziemlich traurigen Grund zusammengekommen sind, zum Trost eine Runde zu spendieren. Aber dann habe ich diesen Gedanken wieder verworfen. Wissen Sie, diese Damen und Herren reden immer so gescheit daher, aber ihre Konsumation bewegt sich auf dem niedrigsten Niveau. Wenn wir lauter solche Gäste hätten, müssten wir das Kaffeehaus zusperren, Herr Oberinspektor. Und solch ein geschäftsschädigendes Verhalten soll ich noch unterstützen? Nein, danke! Da hebe ich doch lieber etwas für einen so liebenswerten Gast wie Sie auf.«
    Juricek nahm das heiße Gebräu in kleinen Schlucken zu sich. »Danke für das Kompliment! Sagen Sie, wie machen Sie den Punsch eigentlich?«, erkundigte er sich. »Das ist wirklich der beste, den ich im heurigen Advent bekommen habe.«
    »Nun, eigentlich ist es ein Geheimnis«, lächelte Frau Heller verlegen. »Die Rezeptur ist immer nur innerhalb unserer Familie weitergegeben worden.«
    »Ich hatte gehofft, dass Sie bei mir eine Ausnahme machen«, beharrte Juricek. »Es ist ja nur für unseren kleinen Kreis am Weihnachtsabend. Unser Sohn kommt mit seiner Freundin und deren Mutter. Da würde ein guter Punsch zum Gelingen des Festes beitragen. Das Geheimnis würden wir selbstverständlich bewahren.«
    Frau Heller zierte sich ein wenig. »Sie dürfen halt wirklich nichts weitersagen«, drang sie dann in ihn. Gleichzeitig schaute sie sich um, ob auch ja niemand zuhörte. Schließlich begann sie: »Für fünf Leute ist es nicht so schwer. Da würde ich etwas mehr als einen Liter Wasser zum Sieden bringen, etwa drei Beutel Schwarztee – nicht zu stark – darin ziehen lassen und auch gleich die restlichen Gewürze hinzufügen: ein paar Gewürznelken, und, ganz, ganz wichtig, ein Stück Zimtrinde. Die Teebeutel nach circa fünf Minuten entfernen, den Saft von einer Zitrone und drei Orangen eingießen. Ich menge immer noch nach Gefühl ein wenig Orangensaft aus der Packung bei.«
    Juricek notierte alles genau, so als ob es sich um neue, wichtige Details für den Mordfall handeln würde.
    »Wenn sich alles schön vermischt hat, einen Liter leichten, süffigen Rotwein dazugießen und in Ihrem Fall, je nach Säure des Weins, zwei bis vier Mokkatassen Kristallzucker hineinleeren«, fuhr Frau Heller mit unterdrückter Stimme,

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