Philosophenpunsch
gleichzeitig gelangweilten »Schach und matt!« beendete Herr Heller dann die Partie.
Herr Sedlacek blieb gleich einem schweifwedelnden, auf den nächsten Wurf mit dem zu apportierenden Gegenstand wartenden Hund sitzen. Er hatte noch nicht genug. Wer wartete schon auf ihn? Aber Herr Heller zerstörte all seine Hoffnungen auf eine weitere Partie. »Nix mehr«, sagte er schroff. »Gehn’s z’Haus. Aber geben S’ gut Acht auf sich, in letzter Zeit passiert so viel auf der Straße.« Damit schickte er ihn kurz und bündig hinaus in die Einsamkeit. Die Tarockspieler hatten ihr letztes Radl beendet, das Pärchen und der Medizinalrat waren gegangen, die Dame hatte ihr Glas ausgetrunken. Es war Zeit zum Zusperren. Leopold und Juricek durften allerdings noch ein bisschen bleiben.
»Den Thomas hat die Geschichte wenigstens ausgenüchtert«, zeigte sich Leopold zufrieden. »Der war schon ganz schön schlecht drauf. Bei ihm geht’s derzeit rund, weil sich eine ehemalige Schülerin kurzfristig bei ihm einquartiert hat. Gott sei Dank ist er nach Hause gefahren. Dein seit Neuestem so zuvorkommender Inspektor Bollek hat ihn sogar mit dem Auto mitgenommen.«
Juricek zog die Augenbrauen hoch. »So, so«, registrierte er nur. »Aber kommen wir wieder zur Sache. Wie viel Zeit ist eigentlich zwischen dem Zeitpunkt, als eure Philosophen das Kaffeehaus verließen, und dem Augenblick, als Korber Klein gefunden hat, verstrichen?«
»So genau habe ich nicht auf die Uhr geschaut, aber sicher mehr als eine halbe Stunde.«
»Und was hat Klein bei euch getrunken?«
»Einen kleinen Braunen wie immer. Die geben ja kein Geld aus, die Philosophen.«
»Dann muss er in der Zeit bis zum Überfall noch wo gewesen sein. Er hat aus dem Mund nach Alkohol gerochen. Ich habe Frau Inspektor Dichtl gebeten, sich in den Lokalen der Umgebung umzuhören«, erklärte Juricek. »Bollek habe ich für das Wochenende frei gegeben. Es gibt da kleine Probleme in seiner Beziehung, die soll er ausmerzen. Gott sei Dank ist sie eingesprungen.«
Wie als Bestätigung seiner Ausführungen läutete in diesem Augenblick Juriceks Mobiltelefon. Er lauschte, sagte ein paar Mal knapp »Ja« und »Gut« und beendete das Gespräch dann wieder. »Wie ich es mir gedacht habe«, weihte er Leopold ein. »Klein war noch kurz in dem Espresso Leonie etwas weiter vorn an der Ecke. Er hat dort einen Kaffee und zwei Gläser Hochprozentiges zusammen mit einem Mann konsumiert, dessen Beschreibung am ehesten auf Rudolf Caha passt.«
»Heißt das, dass Caha jetzt für dich der Hauptverdächtige ist?«
»Es hat keine Auffälligkeiten gegeben, und die beiden scheinen sich gut unterhalten zu haben. Wenn Alkohol im Spiel ist, weiß man natürlich nie, wann die Laune umschlägt, und Klein ist immer noch, wie wir vorhin gehört haben, als Streithansl bekannt. Was mich aber zunächst brennend interessiert, ist die Angriffswaffe, die Weinflasche. Woher ist sie gekommen? Hat sie einer der Philosophen bei euch im Lokal mitgehabt? Es könnte sich ja um ein Weihnachtsgeschenk gehandelt haben.«
»Mir ist nichts aufgefallen«, gab Leopold nach kurzem Nachdenken Auskunft. »Klein und Caha haben bei Leonie keinen Wein mitgenommen?«
Juricek schüttelte den Kopf.
»Jemand könnte Klein nachgegangen sein«, meinte Leopold. »Nehmen wir an, es war Franz Jäger. Er hat eine Wut, weil sie alle auf ihn losgegangen sind, vor allem Klein. Er organisiert sich eine Weinflasche und fängt an zu trinken. Dann läuft er Klein nach oder wartet bei der Schule auf ihn, bricht einen Streit vom Zaun, und als sich Klein einen Augenblick umdreht, zieht er ihm die Flasche über den Kopf.«
Juricek zuckte die Achseln. »Vielleicht. Eigentlich frage ich mich schon die ganze Zeit, was dieser Jäger für ein Mensch ist.«
»Er steht zwar unter der strengen Kandare seiner Mutter, aber ich glaube, der Schlüssel zu seiner Persönlichkeit könnte im Verhältnis zu seinem Vater liegen. Der ist vor ein paar Jahren zu einer Freundin nach Deutschland abgehauen, hat es wahrscheinlich zu Hause nicht mehr ausgehalten«, erzählte Leopold. »Er dürfte immer noch eine Art Vorbild für Franz Jäger darstellen, gelebte Stärke und so. Ich hätte deshalb gern gewusst, ob er noch Kontakt zu seinem Sohn hat und wo er sich eigentlich befindet. Das müsstest du doch herausfinden können.«
Juricek nickte. »Ich werde mich darum kümmern. Auch bei der Attacke auf Klein selbst gibt es einige Rätsel. Ich möchte mich jedenfalls nicht
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