Philosophenpunsch
Franzilein es auch bald benötigen wird«, hörte er weitere Anweisungen. »Und erledigen Sie nur ja alles im Sitzen! Wer den ganzen Tag in fremden Häusern putzt, hat es zu Hause auch gern sauber.«
»Wird mir ein Vergnügen sein«, säuselte Leopold und verschwand für den Augenblick. »Ach, Sie helfen doch auch meiner Freundin Gerlinde Pelinka mit dem Saubermachen«, wandte sich seine Tante gleichzeitig interessiert an Valerie Jäger.
»Der Frau Pelinka? Natürlich! Das und noch ein bisschen mehr. Sie ist halt schon ein bisschen vergesslich geworden, die Arme. Sind das nicht Sie, deretwegen sie den Schlüssel gesucht hat?«
»Den Schlüssel zum Weinkeller, ja. Haben Sie vielleicht herausgefunden, wohin sie ihn verlegt hat?«
»Leider nein! Was glauben Sie, welchen Aufruhr es manchmal um andere Dinge gibt, die scheinbar verschwinden. Aber ich kann Sie beruhigen. Sie versäumen nichts, wenn Sie den Keller nicht sehen. Er ist sicher nur mehr alt und verfallen, nach so vielen Jahren.«
»Irgendwie schade«, bedauerte Agnes Windbichler. »Da hängen so viele schöne Kindheitserinnerungen dran.«
Das Gespräch der beiden Damen wurde durch Franz Jäger unterbrochen, der nach wie vor im Vorzimmer stand, mittlerweile auch seine Hose ausgezogen hatte und durch Gesten und verhaltene Zurufe andeutete, dass es nun auch für ihn an der Zeit war, der Toilette einen Besuch abzustatten. »Gleich, Franzilein«, beruhigte ihn Frau Jäger. »Wir müssen noch auf den Herrn warten. Mein Gott, wie du schon wieder ausschaust! Siehst du nicht, dass hier Leute vor der Tür stehen? Es wird Zeit, dass du dir wieder einen solideren Lebenswandel aneignest. Wahrscheinlich hast du auch nichts gegessen. Oder hast du etwas gegessen, Bub? Soll ich dir vielleicht noch schnell eine Kleinigkeit wärmen?«
»Nein«, verkündete Franz Jäger mit seltener Entschlusskraft. Gleichzeitig bewegte er sich unbeholfen auf das WC zu. »So warte doch, Franzilein!«, rief seine Mutter ihm nach.
Franz Jäger hörte nicht. Tatsächlich fand er die Tür unverschlossen. »Niemand drinnen«, konstatierte er zufrieden.
»Niemand drinnen?«, wiederholte Valerie Jäger ungläubig mit einer leichten, ruckartigen Bewegung ihres Kopfes. »Ja, wo ist denn der Herr?«
Sie fand Leopold in der Küche, wo er geschäftig in allen möglichen Laden herumkramte. »Was tun Sie denn da?«, fragte sie, und es klang gar nicht erfreut.
»Ich hab mir die Hände gewaschen«, antwortete Leopold, so unschuldig er konnte.
»In der Lade?« Valerie Jäger musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen.
»Aber nein, lassen Sie mich doch ausreden. Ich hab mir die Hände gewaschen, und da ist mir eingefallen, dass ich auch noch meine Medizin nehmen muss.« Leopold winkte kurz mit einer kleinen Flasche. »Gegen Sodbrennen. Ich hab nur nach einem Löffel gesucht.«
»Nach einem Löffel, so so. Und das gibt Ihnen das Recht, gleich meine ganze Küche zu durchwühlen? Ich glaube, Sie waren gar nicht auf der Toilette, Sie sind nur ein neugieriger Schnüffler. Unfassbar! Verschwinden Sie jetzt auf der Stelle – alle miteinander!« Ihr Gesicht hatte einen giftigen Ausdruck angenommen. Verbissen kontrollierte sie alle Laden und Kästchen, ob auch ja nichts fehlte. »Haben Sie nicht gehört? Sie sollen gehen«, herrschte sie Leopold mit ungewohnter Lautstärke an.
»Bin ja schon fertig.« Mit Genuss schleckte Leopold den Löffel ab und begab sich wieder zu den anderen auf den Gang hinaus. Sobald er seine Füße ins Stiegenhaus gesetzt hatte und begann, seine Schuhe anzuziehen, wurde die Tür unsanft und grußlos hinter ihm geschlossen.
Draußen, in der kühlen Nachtluft, hatte niemand mehr Zeit und Lust, Leopold nach seinem seltsamen Gehabe zu fragen. Es war spät und kalt, man wollte nach Hause. Thomas Korber und Julia Leichtfried verabschiedeten sich von ihren Begleitern. »Wir gehen das Stück zu Fuß«, meinte Korber. »Wenn wir Glück haben, ergattern wir noch etwas Essbares beim Würstelstand. Sonst wird jetzt ja wohl nichts mehr offen haben.«
»Können wir euch nicht mit dem Auto mitnehmen?«, fragte Leopold.
»Aber nein, wir schaffen das schon«, antwortete der offensichtlich immer noch bewegungshungrige Korber.
»Tu mir noch einen Gefallen, Thomas«, bat Leopold. »Schau in deinem Computer nach, ob du Kontaktdaten von einer Jutta Kowalczyk aus Frankfurt am Main findest.«
Korber blinzelte kurz und zweifelnd. »Muss das sein?«
»Ja, es ist sehr wichtig. Hier habe ich dir den Namen
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