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Phobia: Thriller (German Edition)

Phobia: Thriller (German Edition)

Titel: Phobia: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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derzeitigen Zustand war er allenfalls eine Last für andere. So leid es ihm um Sarah tat.
    Auf dem Rückweg zum Campus hielt er es nicht länger aus und machte an einem Spirituosengeschäft halt. Er kaufte sich eine Flasche Gin – wohl wissend, dass es ein Riesenfehler war, seiner inneren Leere auf diese Art entgegenzutreten. Dann ging er zum Wohnheim und auf sein Zimmer, um zu packen.
    Danach setzte er sich aufs Bett, drehte den Schraubverschluss von der Flasche und füllte den Zahnputzbecher randvoll. Seine Hand zitterte, als er ihn zum Mund führte. Doch ein sonderbares Blitzen ließ ihn innehalten. Irritiert stellte er den Becher ab. Und wieder funkelte es an seinem Handgelenk.
    Es war die Metallplatte seiner Lebensuhr, die das Licht der Deckenlampe reflektierte.
    »Scheiße«, murmelte er und starrte auf den Becher und die Flasche.
    Eine Weile blieb er so sitzen und dachte darüber nach, was aus ihm geworden war. Ein Wrack , so hatte er sich Sarah gegenüber bezeichnet, und verdammt, das war nicht übertrieben. Nicht mehr lange, und er würde in der Gosse enden.
    Was für eine Karriere.
    Er packte die Flasche und den Becher, ging zur Nasszelle und goss den Gin in den Abfluss. Während er mit der Dusche nachspülte, zitterten seine Hände noch immer, seine Kehle brannte, und sein Magen verkrampfte sich. Dennoch fühlte er sich deutlich besser.
    Er legte sich aufs Bett, aber wegen der Entzugserscheinungen machte er sich keine großen Hoffnungen, schlafen zu können. Doch kaum hatte er das Licht ausgeschaltet, trieb er bereits dem Schlaf entgegen. Wie ein Floß, das auf spiegelglatter See in die Dunkelheit entschwand.
    Die Belohnung für meine Standhaftigkeit , dachte er noch, dann war er auch schon eingeschlafen.
    Er schlief tief und ohne Träume, bis die Tür zu seinem Zimmer leise geöffnet wurde.
    36.
    Mark fuhr auf und sah die Silhouette einer Frau mit langen Haaren, mehr konnte er im Halbdunkel des Zimmers nicht erkennen. Sie kam näher, aber es schien ihr schwerzufallen, beim Gehen das Gleichgewicht zu wahren. Jetzt sah er, dass der Rücken der Frau merkwürdig verkrümmt war.
    Mark wollte sie ansprechen, sie fragen, was sie mitten in der Nacht in seinem Zimmer verloren hatte, doch sie hob beide Hände und bedeutete ihm, still zu sein.
    Jetzt hatte sie sein Bett erreicht, und das orange Licht der Hoflampe traf ihr Gesicht.
    Als Mark sie erkannte, setzte sein Herz für einen Schlag aus. Vor ihm stand Tanja. Sie war entsetzlich verunstaltet. Aus ihren weit aufgerissenen Augen war alles Leben gewichen. Sie waren überzogen von milchigen Schleiern, die wie zähe Tränen auf ihren aufgedunsenen grauen Wangen zerrannen.
    Die Verwesung hatte ihren einst so zierlichen Körper aufgebläht, sodass sich ihr Kleid, das sie an ihrem letzten Abend getragen hatte, als dunkler Fetzen um ihren verquollenen Leib spannte.
    Sie öffnete den Mund, und eine der verklebten Haarsträhnen löste sich von ihrem mit schwarzem Blut verkrusteten Kinn.
    Warum hasst du dich? , fragte sie mit einer Stimme, die wie ein Ächzen aus einem dunklen Abgrund zu ihm heraufklang.
    Mark schauderte, doch gleichzeitig war er erleichtert. Dies war nur ein Traum, wurde ihm bewusst. Ein schrecklicher Traum, aber eben nur ein Traum.
    Dennoch schmälerte diese Erkenntnis nicht den Schrecken, den er bei Tanjas Anblick empfand. Ihren verunstalteten Leichnam zu sehen, konnte er nicht ertragen. Bis jetzt hatte ihn stets Tanjas Sterben in seinen Albträumen heimgesucht, doch diesmal sah er, was er sich nie hatte vorstellen wollen – was danach aus ihr geworden war, nachdem er an ihrem Grab gestanden und sich gefragt hatte, warum er nicht weinen konnte.
    »Geh wieder«, flüsterte er der unheimlichen Gestalt zu, die ihn weiterhin mit toten Augen fixierte. »Bitte geh. Lass mich aufwachen.«
    Warum hasst du dich?, fragte sie wieder, doch es war nicht Tanjas Stimme. Es war die Stimme eines Wesens, das tief unter der Oberfläche von allem Sichtbaren existierte. Die Stimme seines Unterbewussten, das sich in hässlichen Träumen wie diesem zu artikulieren versuchte. Dennoch glaubte er, die Fäulnis ihres toten Körpers ganz real riechen zu können – vermischt mit Tanjas Parfüm, das ihm der Wind an jenem letzten gemeinsamen Abend zugetragen hatte.
    Sie streckte einen ihrer zerschmetterten Arme aus, schien nach ihm zu greifen, und Mark sah voller Grauen den bleichen Splitter ihres gebrochenen Schlüsselbeins, der im Licht der Hoflampe aus ihrer Schulter ragte.
    Er

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