Phobia: Thriller (German Edition)
warf sich hin und her, um endlich aufzuwachen, aber es gelang ihm nicht. Stattdessen spürte er ihre kalten Fingerspitzen, die seine schweißnasse Brust berührten. Tanja griff nach seinem Herzen, das wie rasend schlug.
Hilf ihr, und du wirst dir selbst helfen , flüsterte sie ihm zu.
Dann endlich kam er zu sich.
37.
Mit pochendem Herzen setzte Mark sich auf. Er schwang die Beine aus dem Bett und starrte auf den Schatten des Fensterkreuzes zu seinen Füßen.
Es fiel ihm schwer zu atmen. Der kleine Raum wirkte beklemmend. Mark kam sich vor wie ein Gefangener.
Doch dann wurde ihm klar, dass er sich etwas vormachte. Im Augenblick wäre er sich selbst im größten Saal wie ein Gefangener vorgekommen, denn sein eigentliches Gefängnis befand sich tief in ihm selbst. Es wurde bewacht von Schreckgestalten wie dem mysteriösen Fahrer, an dessen Aussehen er sich nicht erinnern konnte, und von Tanja, die ihn wieder und wieder heimsuchte. Und von jener unbekannten, schrillen Stimme, die »Hey, Doktor!« gerufen hatte. Auch sie echote in seinen Träumen und Erinnerungen.
Ich muss hier raus, sonst ersticke ich!
Er zog sich hastig an, schnappte sich seine Sporttasche und verließ das Zimmer. Die Wände des Wohnheims waren dünn und hellhörig. Auf dem Flur hörte er hinter einer Tür heftiges Schnarchen, hinter einer anderen das Stöhnen eines Pärchens.
Es sind junge Stimmen , dachte er. Ein junger Mann und eine junge Frau. Und auch der Schnarcher kann höchstens Mitte zwanzig sein.
Natürlich war dieser Gedanke naheliegend, immerhin war dies ein Studentenwohnheim, aber auch wenn er sich dessen nicht bewusst gewesen wäre, hätte Mark diese Stimmen als die von jungen Leuten erkannt, da wäre er jede Wette eingegangen. Ganz anders als bei jenem schrillen Kreischen.
Hey, Doktor!
Mark schüttelte diesen Gedanken ab und trat in den verlassenen Innenhof hinaus. Kalter Wind schlug ihm entgegen, und er stellte sich schutzsuchend zwischen zwei überdachte Snax -Automaten.
Warum hasst du dich?, hatte Tanjas Traumbild ihn gefragt. Die Antwort darauf war, dass er sich für Tanjas Tod verantwortlich fühlte. Wenigstens zum Teil.
Er hatte sie nicht beschützen können. Im entscheidenden Moment war er nicht an ihrer Seite gewesen.
Dafür bestrafte er sich, indem er sich gehen ließ und trank. Unmittelbar nach Tanjas Tod hatte er sich nur noch in sein Bett verkrochen und die Welt an sich vorbeiziehen lassen. Anfangs hatten Freunde, Kollegen und Bekannte noch nach ihm gesehen. Sie hatten sich um ihn gesorgt, hatten ihm ihre Hilfe angeboten – doch Mark hatte sie abgewiesen, und irgendwann waren sie nicht wiedergekommen.
Schließlich hatte er seine Stelle in der Klinik verloren, und als seine Ersparnisse zu Ende gegangen waren und er seine Miete nicht mehr zahlen konnte, hatte ihm die Vermieterin das Apartment gekündigt.
Mark hatte all das kaltgelassen. Seine Depression war viel zu stark gewesen. Er zog in eine winzige Dachwohnung, die im Sommer brüllend heiß und im Winter eiskalt war, und wenn er Geld brauchte, half er in einem Nachtklub als DJ aus oder führte Filme in einem alten Programmkino vor.
Musik und Filme waren noch die einzigen Dinge, die ihm ein wenig Freude bereiteten. In beiden Jobs konnte er sich von der Welt zurückziehen. Im Vorführraum und hinter dem Mischpult musste er mit niemandem reden.
Ihm war klar, dass er die soziale Isolation nicht nur wegen seiner Depression suchte, sondern weil er allem und jedem misstraute. Ganz gleich, wie paranoid es sich auch anhören mochte, im Grunde genommen konnte jeder den Wagen gefahren haben – aber es hatte ihm gegolten, davon war Mark überzeugt. Denn auch wenn er den Rufer nicht hatte identifizieren können, dieses Hey, Doktor! hatte sich nicht wie eine Warnung angehört. Eher wie die zynische Ankündigung dessen, was gleich geschehen würde.
Er durchsuchte seine Jackentaschen nach den Pfefferminzdragees. Dabei fiel der Zettel mit Sarahs Telefonnummer zu Boden. Er hob ihn auf, strich ihn glatt und dachte an Tanjas Worte, die seine eigenen gewesen waren.
Hilf ihr, und du wirst dir selbst helfen.
Ein leises Rascheln ließ ihn aufsehen. Er schaute zu der Grünanlage auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes und glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Dort stand eine Füchsin mit ihren drei Welpen neben einem Abfallkorb und beobachtete ihn.
Mark hatte schon häufiger von den Stadtfüchsen gehört, die angeblich inzwischen zu London gehörten wie die Tauben am
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