Phobia: Thriller (German Edition)
einzugehen. »Tag für Tag, aber du nutzt sie nicht. Du lässt wertvolle Lebenszeit verstreichen und verkriechst dich.«
Seine Worte waren für Sarah fast unerträglich. Dieser Unbekannte hatte nur zu genau erkannt, wo sie ihren wunden Punkt hatte, und nun streute er Salz hinein. Es tat weh, aber ihre Wut überwog und half ihr, das Gespräch fortzuführen.
»Nun hören Sie mir mal gut zu, Mister. Wer auch immer Sie sind, mein Leben geht Sie nichts an. Es ist mein Leben. Ich mache damit, was ich will. Ihre Ratschläge und Weisheiten sind mir scheißegal. Alles, was ich von Ihnen wissen will, ist, wo mein Mann ist.«
Er atmete tief durch, ehe er darauf antwortete. »Du sträubst dich, aber ich kann das verstehen. Es ist nicht einfach, wenn man mit einer schmerzhaften Wahrheit konfrontiert wird.«
»Wo ist mein Mann?«
»Ich möchte, dass du mir eine Frage beantwortest, Sarah. Du warst damals so glücklich, als du die Stelle in dem Verlag bekommen hast. Warum hast du sie aufgegeben? Und sag jetzt bitte nicht, es ginge mich nichts an. Dann lege ich auf. Und diese Nummer ist nur für einen einzigen Anruf vorgesehen. Hast du das verstanden?«
Wieder sah sie zu Mark, der kurz zu überlegen schien und ihr dann mit einer Geste zu verstehen gab, dass sie darauf eingehen solle.
Sie biss sich auf die Unterlippe und griff nach seiner Hand. Es fiel ihr so unglaublich schwer, über dieses Thema zu reden, erst recht unter diesen Umständen, aber ihr blieb nichts anderes übrig. Marks Nähe half ihr – wie damals, als sie Kinder gewesen waren.
»Ich … ich war überfordert«, begann sie. »Ist es das, was Sie hören wollen?«
»Ich will die Wahrheit hören, Sarah, mehr nicht. Also – ist es die Wahrheit? Denk noch einmal genau nach. Hätten sie dich wirklich befördert, wenn du deiner Stelle nicht gewachsen gewesen wärst?«
»Also gut, die Wahrheit ist, dass ich Angst hatte zu versagen.«
»Ja, das sehe ich auch so. Es war deine Angst, die dich gehemmt hat. Ich frage mich nur, warum du mit niemandem darüber gesprochen hast? Nicht einmal mit deinem Mann. Warst du wieder die Einzelkämpferin, die gedacht hat, sie müsse allen beweisen, wie stark sie ist, bis du am Ende deiner Kräfte angelangt warst? War es das? Oder lag es vielleicht an Stephen, weil er sich mehr um sich selbst als um dich und Harvey gekümmert hat? War es vielleicht eher die Angst, in deiner Ehe zu versagen?«
Plötzlich schien der Coffeeshop vor ihren Augen zu verschwimmen. Sie blinzelte, und gleich darauf rannen Tränen über ihr Gesicht.
»Warum erzählen Sie mir all das? Wenn Sie glauben, dass Sie mich besser kennen als ich mich selbst, dann liegen Sie falsch.«
»Das ist gut, Sarah, das ist sehr gut! Das heißt, dass du dir bereits Gedanken gemacht hast. Wir sind also auf dem richtigen Weg. Wer weiß, vielleicht wird deine Angst ja sogar noch ein guter Lehrer für dich? Jedenfalls denke ich, es ist an der Zeit für eine wichtige Unterhaltung.«
»Was meinen Sie damit? Wir unterhalten uns doch.«
Wieder wechselte sie einen fragenden Blick mit Mark.
»Er will dich treffen«, flüsterte er ihr zu, deutete auf ihr Handy und reckte dann den Daumen nach oben.
»Sarah?«, fragte der Unbekannte. »Ist da jemand bei dir?«
»Nein.«
»Wirklich nicht? Ich habe doch gerade ein Flüstern gehört.«
»Das war ein Kellner, ich sitze in einem Café.«
»Lüg mich nicht an.«
»Ich lüge nicht. Sie wollen sich mit mir treffen? Also gut, wann und wo?«
»Erinnerst du dich noch, wo du deinen neuen Job gefeiert hast? An diesen ganz besonderen, glücklichen Abend in der Krypta?«
Sie starrte das Handy an und konnte es nicht fassen. Woher wusste dieser Mann davon?
»Komm morgen pünktlich um zwölf Uhr mittags dorthin«, sagte der Unbekannte. »Und komm allein, hörst du?«
»Ja, in Ordnung. Aber eine Sache will ich Sie doch noch fragen.«
»Ich höre.«
»Warum … warum haben Sie sich für meinen Mann ausgegeben?«
»Das ist eine gute Frage, Sarah.«
»Dann beantworten Sie sie mir.«
»Es fühlt sich gut an, wie er zu sein. Stephen selbst hatte das leider vergessen, aber ich denke, inzwischen hat er seine Lektion gelernt.«
Bei diesen Worten schauderte sie. »Was haben Sie mit ihm gemacht? Wo ist er …?«
»Morgen um zwölf«, sagte er. »Enttäusch mich nicht, Sarah. Vergiss nicht, es geht dabei um dich. Wenn du die Wahrheit über Stephen herausfinden willst, musst du die Wahrheit über dich selbst herausfinden.«
Dann wurde die Verbindung
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