Phön - Tränen der Götter (Die Phön Saga) (German Edition)
weiße Kapuze war tief in sein Gesicht gezogen und nur ein gelegentliches Schnaufen zeugte davon, dass er noch am Leben war. Unten aus dem Schlosshof war in unregelmäßigen Abständen ein lautes Brüllen zu hören, das von der Chimäre stammte, mit der Kahn von der Tempelstätte aus hergeflogen war. Einige Soldaten versuchten sie zu beruhigen, doch das Tier war dem Paniktod nahe. Plötzlich öffnete sich die Tür zum Thronsaal und ein Soldat stand stramm am Eingang.
»Mein Herrscher? Es finden sich mehr und mehr eurer Anhänger unten am Platz ein, wir sollten die Zeremonie vorbereiten.« Seine helle Stimme zitterte.
»Zeremonie?«, fragte Kahn und stand auf. Seine Stimme hallte durch den Raum, klang unnatürlich und verzerrt. Dann schwieg er und stand regungslos da. Um ihn herum hatte sich eine Art Aura gebildet, die das Licht in seiner näheren Umgebung verstärkte. Sein Umhang schien sich im Wind zu bewegen, obschon kein Lüftchen wehte. »Ich will, dass ihr die Schlossmauer prunkvoll herrichtet, damit ich von oben zum Volke sprechen kann!« Er schnaufte kurz, seine Lunge klang wie die eines Kettenrauchers.
»Sehr... sehr wohl, mein Gebieter!« Der Soldat verbeugte sich mehrmals, wich zurück, ohne den Blick vom Boden abzuwenden und schloss die große Tür des Thronsaals vor sich. Er bemerkte, dass sein einstiger Herr, ein Diener der Göttin, dem Wahnsinn verfallen war. Aber es war zu spät, um jetzt kehrt zu machen. Der Wille des Bischofs musste erfüllt werden. Langsam ging Kahn zurück zum Thron und ließ sich erneut hinein sinken.
Bald... seine Gedanken waren nicht mehr unsichtbar, sie bewegten sich durch den Raum, wie aufgescheuchte Gespenster. Selbst die Chimäre im Schlossgarten konnte sie spüren und zerrte aufgeregt an ihren Ketten. In bereits wenigen Stunden werde ich der unanfechtbare Herrscher von Phön sein. Nichts wird mich mehr aufhalten können. Er strich über das Zepter, das seltsam leuchtete. Er war schon längst nicht mehr er selbst, sein eigener religiöser Fanatismus hatte ihn zu dem gemacht, was er nun war... ein Sklave des Zepters. Ein Bote des Zorns.
Engelssegler
Einige Minuten später waren alle wieder an Bord des Seglers. Während Picardo und Azhad im vorderen Teil verschwanden, legten sich Cora und Lea stöhnend auf je eine Bahre und blickten sich zu.
»Weißt du«, begann Lea, »Robert war der Einzige, der mich jemals verstanden hat. Alle anderen sahen immer nur die kleine Prinzessin in mir. Das naive Dummerchen, das beschäftigt werden will!« Sie drehte den Stein in der Hand, den Picardo ihr gab.
»Du bist kein Dummerchen!«, entgegnete Cora. »Für eine Prinzessin bist du sogar sehr aufgeschlossen!«
»Danke!«, antwortete Lea. Für kurze Zeit schwiegen beide. Da kam Picardo zurück in den Raum.
»Wo ist Azhad?«, fragte Cora misstrauisch, stand auf und blickte sich um.
»Er steuert den Engelssegler, wir befinden uns schon auf dem Weg Richtung Archadis!«, antwortete Picardo. Cora kniff die Augen zusammen, blickte aus einem Fenster, das eher eine Art Bullauge war und konnte es nicht so Recht glauben, dass sie sich tatsächlich schon fortbewegten. Unter ihnen zog langsam der Gordongdschungel vorbei.
»Wahnsinn« Cora staunte. Sie war begeistert, was heutzutage mit Technik möglich war.
»Los komm, auf zur Brücke!«, sagte Picardo aufgeregt und zog Cora an ihrem kurzen Rock. Sofort stand sie auf und folgte ihrem Bruder. »Los, Lea!«
Nach einem kurzen Gang öffnete sich eine Schiebetüre und gab den Weg zur Brücke frei. Azhad saß auf einem kleinen Stuhl und betätigte einen Hebel. Als er die drei bemerkte, drückte er auf einen Knopf und trat auf sie zu, weg vom Steuerpult.
»Halt!«, schrie Cora. »Wer soll das Ding denn steuern?«
»Autopilot«, entgegnete Azhad und grinste. »Wenn wir Glück haben, müssten wir am achten Tage gegen Abend über Archadis sein«, sagte er zögernd und blickte aus dem Fenster. »Ich hoffe, das ist nicht zu spät!« Vor ihnen am Horizont war der Strudel zu sehen, der sich über Calypso aufgetan hatte.
»Die Bande wird zerreißen, falls wir versagen«, meinte Cora. »Das ist der Untergang des Universums...«
»Wie lange haben wir noch?«, fragte Picardo und blickte abwechselnd zu Cora und Azhad.
»Wenn ich das wüsste...«
Kapitel 19
Doch wenn die Bande schließlich bricht,
auch des Schattens Licht erlischt.
Tag 8, Elium 358 n. E.
Kaligo, Dimension der Finsternis
In seiner Erklärung wie er in die Schattendimension gekommen
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