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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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mit etwas darauf, das bei jeder Bewegung in meinen Ohren raschelte. Man hatte mir eine hautfarbene, formlose Kluft aus irgendeinem Tierfell gegeben. Ich weiß nicht, ob es hier üblich war, den Gefangenen ihre Kleidung wegzunehmen oder ob sie so viele Waffen in meinen Klamotten entdeckt hatten, daß sie – zutreffend – folgerten, sie würden eh nicht alle finden können. Außerdem war ich barfuß, was ich noch nie leiden konnte, nicht einmal als Kind.
    Ich bekam zweimal am Tag zu essen. An die erste Mahlzeit kann ich mich nicht erinnern. Die zweite war ein Fischbrei, der abgesehen von zuviel Salz vollkommen geschmacklos war. Danach gab es irgendeine Pampe, die besser schmeckte als sie aussah, aber nur ein bißchen. Dann kriegte ich etwas mit Tintenfisch, aus dem ein guter Koch tolle Sachen gezaubert hätte. Das letzte Mahl, dessen Überreste auf einem Holzbrett neben mir am Boden lagen, bestand aus gekochtem Gemüse und etwas Fisch mit einer Scheibe groben Schwarzbrots. Das Brot war übrigens ziemlich lecker.
    Inzwischen hatte ich zweimal kleine Heilungszauber probiert, aber nichts war geschehen. Das war sehr seltsam. Den Zugang zum Gestirn abzuschneiden war eine Sache, aber die Hexenkunst ist eine Frage von Können und angeborener psychischer Energie; ich wüßte nicht, wie man jemanden davon trennen könnte.
    Auf der anderen Seite erinnerte ich mich, wie Loiosh sagte, daß die Leute hier psionisch wie unsichtbar waren, was ebenfalls unnormal war und vielleicht damit zusammenhing. Ich habe auch ein paarmal versucht, Morrolan und Sethra zu erreichen, aber ohne Erfolg; ich war mir nicht sicher, ob das an der Entfernung lag oder an etwas anderem.
    Loiosh war die ganze Zeit über nicht mit mir in Verbindung getreten. Ich wollte unbedingt wissen, ob er in Ordnung war. Irgendwie hatte ich das Gefühl, wenn ihm etwas zugestoßen wäre, würde ich es wissen, aber ich war bisher nie so lange von ihm getrennt gewesen.
    Um mich davon abzulenken, ging ich die Unterhaltung mit dem was-auch-immer von den königlichen Wachen von eben durch. Seine Bemerkung, sie würden mich leben lassen, konnte man vergessen – ich hatte vier ihrer Bürger plus den König umgebracht. Aber er könnte die Wahrheit über seine Definition von »zivilisiert« gesagt haben. Gute Neuigkeiten, wenn sie stimmten; als ich das letzte Mal versucht hatte, der Folter zu widerstehen, war es nicht sonderlich gutgegangen.
    Aber das eigentlich Verblüffende war einer seiner ersten Sätze gewesen. Er war hereinspaziert und hatte mich von oben herab angestarrt, seinen Titel genannt und gesagt: »Wir halten dich in Gewahrsam für die Ermordung Seiner Majestät, König Haro Olithorvalds. Wir wollen, daß du uns sagst, warum du ihn getötet hast, für wen, woher du kommst –«
    Ich unterbrach ihn mit einem möglichst glaubwürdigen Ausbruch an unschuldiger Entrüstung. Er schüttelte den Kopf und sagte: »Leugnen ist zwecklos. Dein Komplize hat seine Beteiligung gestanden.«
    Ich sagte: »Oh. Tja, das ist dann was anderes. Wenn ihr meinen Komplizen habt, was kann ich da machen? Ich gestehe also – was soll ich nochmal gemacht haben? Und wer war mein Komplize?«
    Danach hat er dann mit der Zivilisiertheit angefangen, und jetzt, als ich schmerzgepeinigt und in Sorge um Loiosh dalag, fragte ich mich so einiges über meinen »Komplizen«. Wen sie meinten, war offensichtlich – den Trommler, über den ich in den Wäldern sozusagen gestolpert war. Als ich wieder bei Bewußtsein war und herausgefunden hatte, daß der Rauch mich aus den Stiefeln gekippt hatte (er hatte tatsächlich Traumgras gesagt), war ich davon ausgegangen, er habe es absichtlich getan. Jetzt allerdings stellte ich das in Frage.
    Im Bereich des Möglichen lag es weiterhin, vielleicht glaubten sie ihm nur nicht. Oder es könnte ein Unfall gewesen sein, und er war bloß, was er vorgab zu sein. Oder sie führten irgendwas Hinterlistiges im Schilde, das sich noch nicht vollständig deuten ließ.
    Nicht, als wäre das von Bedeutung, weil ich an jeder der Varianten nichts ändern konnte, aber ich war neugierig. Nicht besorgt. Sie würden höchstwahrscheinlich mindestens einen oder zwei Tage lang versuchen, mich zur Preisgabe meines Auftraggebers zu bringen, bevor sie mich dann umbrachten. Ich erwog, ihnen die Wahrheit zu sagen, nur um den Gesichtsausdruck von Buschbraue zu sehen, aber das wäre zwecklos. Außerdem gibt man in meinem Berufszweig solche Informationen nicht weiter; das gehört mit zum

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