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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Auftrag.
    Aber in diesen ein bis zwei Tagen könnte ich zu Kräften kommen und einen Fluchtversuch starten. Falls der scheiterte, würden sie mich töten. Nichts, weswegen man sich Sorgen machen müßte. Vor Angst in die Hose machen, ja, aber keine Sorgen.
    Seht ihr, ich wollte nicht sterben. Ich war schonmal tot, und es hat mir nicht gefallen, und diesmal, wenn es denn passieren sollte, gäbe es keine Möglichkeit, mich wiederzubeleben. Ich kannte Geschichten über Flucht aus Einkerkerung, aber wenn ich mich umschaute, konnte ich einfach keinen Ausweg finden, und, verflixt nochmal, so schlecht war mein Leben doch auch nicht. Ich hatte mich aus dem Nichts zu etwas hochgearbeitet, und ich wollte wissen, wie alles ausging. Ich wollte noch ein bißchen dasein und zugucken. Ich wollte ein paar Veränderungen hinterlassen, meinetwegen nur kleine, bevor ich meiner Wege ging.
    Veränderungen? Vielleicht sogar Verbesserungen, auch wenn dergleichen bisher nie sonderlich weit oben auf meiner Liste stand. Wer weiß, wenn ich hier rauskäme, vielleicht würde ich welche schaffen. Hörst du mir zu, Verra? Kannst du mich hören? Sie haben mich in der Falle, und ich habe Angst, kann ja sein, daß nichts dahintersteckt, aber es wäre schön, wenn ich, bevor ich sterbe, bei mir selber denken könnte, daß die Welt irgendwie ein kleines bißchen besser geworden ist, weil ich da war. Ist das verrückt, Dämonengöttin? Ist das mit Cawti passiert, erkenne ich meine Frau deshalb kaum mehr wieder? Keine Ahnung, wie es mir geht, wenn ich hier rauskomme, aber ich würde es gerne erfahren. Hilf mir, Göttin. Hol mich hier raus. Rette mir das Leben.
    Aber sie hatte ja gesagt, daß ich sie von hier nicht erreichen könne, also würde ich mich selbst retten müssen, und danach sah es einfach nicht aus.
    Ich habe noch ein paar Stunden gegrübelt und geschlafen und Schmerzen gehabt und mich erholt und geschwitzt, als eine neue Mahlzeit kam – dieses Mal ein paar Klöße mit einer Sauce, an der man mal mit etwas Fleisch vorbeigegangen war, dazu Algen und noch mehr Brot. Bald würde ich aus einem anderen Grund fliehen müssen: Wenn mir das Brot auch auf die Nerven ginge, hätte ich nichts mehr, für das es sich zu leben lohnte.
    Ein weiterer Tag, ein Besuch vom örtlichen Knochenklempner und ein paar Speisen können abgehakt werden. Langsam kam es mir so vor, als könnte ich mich unter Umständen bewegen, wenn ich mußte. Der Wundschmerz war fast fort, aber da, wo ich im Fallen gegengeschlagen war, tat es noch immer weh. Ich ging davon aus, daß ich mir was gebrochen hätte, wenn der Sturz nicht vom Geäst abgefedert worden wäre, was mir aber blaue Flecken eingebracht hatte, daß einem die Zähne ausfallen. Hätte ich mir was gebrochen, hättet ihr diese Geschichte wahrscheinlich aus einem komplett anderen Blickwinkel gehört. Und das Ende wäre auch ein anderes gewesen.
    Mein Verhörer kam wieder, nachdem er mich ganze zwei Tage hatte grübeln lassen, vermutlich um zu sehen, ob ich nervös würde. Er setzte sich ein paar Schritte von mir entfernt hin. Ich hätte versuchen können, ihn anzuspringen, wenn ich in besserer Verfassung gewesen wäre und meine Waffen parat gehabt hätte, mehr über den Grundriß meines Gefängnisses und die Positionen der Wachen gewußt hätte und er nicht ausgesehen hätte, als wäre er darauf vorbereitet.
    »Nun?« sagte er und versuchte, wohl erfolgreich, streng dreinzublicken.
    »Ich würde gern gestehen«, sagte ich.
    »Gut.«
    »Ich würde gern gestehen, daß ich mir sehr eine große Portion Kethna wünsche, gewürfelt und mit Pfeffer und Zwiebeln kurz gebraten, gewürzt mit Zitrone und Schlagfruchtschale, und dazu –«
    »Anscheinend hältst du das für komisch«, sagte er.
    Ich schüttelte den Kopf. »Essen hat nichts mit Komik zu tun. Und was ich hier bekommen habe, ist tragisch.«
    Mir fiel auf, daß seine Hände sich immer wieder zu Fäusten ballen wollten, und deutete das als beginnende Ungeduld mit mir. Entweder meinten sie es ernst, daß sie keine Gefangenen prügelten, oder er hielt sich für später zurück. Er fragte: »Möchtest du sterben?«
    »Tja, nein«, gab ich zurück. »Aber es wird früher oder später passieren.«
    »Wir wollen wissen, wer dich geschickt hat.«
    »Ich bin einer Vision gefolgt.«
    Er sah mich zornig an, stand dann auf und ging hinaus. Ich fragte mich, was mir wohl als nächstes vorgeworfen würde. Hoffentlich nicht wieder Algen.
     
     
    Am folgenden Tag brachte ich einige

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