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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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und sie hatte es bewältigt, indem sie sich mit dieser Bande Bekloppter mit einem edlen Ansinnen einließ. Was noch? Na ja, da war mein Großvater, den ich mehr respektierte als irgend jemand sonst. Er wußte, was ich tat, und hatte mir, als ich einmal fragte, seine Meinung dazu gesagt. Schön blöd, daß ich gefragt hatte.
    Doch das war albern. Vielleicht konnte ich später entscheiden, ob ich meine Lebensweise ändern wollte, aber gegenwärtig saß meine Frau im Gefängnis, und ich hatte soeben eine ganze Orcaschule aufgemischt, als ich den Repräsentanten der Organisation im Imperialen Palast ach so sachte bedroht hatte, jemanden, den man um alles in der Welt in Ruhe lassen sollte. Nein, die Organisation würde einen einsamen Ostländer nicht mit so etwas davonkommen lassen. Ich würde mir entweder etwas ausdenken müssen, wie ich sie beschwichtigte, oder einen Fluchtplan entwerfen. Vielleicht sollte ich nach Grünewehr umsiedeln und trommeln lernen.
    Oder auch nicht.
    »Melestav.«
    »Ja, Boß?«
    »Bring in Erfahrung, wo Aibynn heute abend spielt, und schick einen Kurier zu Toronnan. Sag ihm, wir treffen ihn dort zur achten Stunde.«
    »Geht klar, Boß.«
    »Und laß verlauten, daß wir eventuell in Kürze angegriffen werden könnten.«
    »Schon wieder?«
    »Das ist wohl einfach so ein Jahr, nehme ich an.«
    »Ich auch, Boß.«

 
     
LEKTION
SICH FREUNDE MACHEN II
     
     
    Der Geschwätzige Irre befand sich auf der Tzigarellstraße in der Nähe von Bravoura in einem Bezirk mit nur sehr wenig Aktivitäten der Organisation. Ich kam zwei oder drei Minuten zu früh mit Stock und einem Vollstrecker an, den wir Glühkäfer nennen. Kragar hatte auch da sein wollen, aber ich bemerkte ihn nicht. Allerdings hätte ich wohl selbst Sethra Lavode in der Menge nicht bemerkt. Die Festivitäten waren schon im Gange. Spuren aus kaltem Feuer krochen überall die Wände hinauf; hüpfende Kugeln waren im ganzen Raum und veränderten beim Aufspringen die Farben; geflochtene Bänder hingen von der Decke.
    Die Menge bestand größtenteils aus Teckla, die alle, wie die hüpfenden Kugeln, in rot und gelb und blau gekleidet waren, und aus Kaufleuten und Handwerkern, die stolz ein Kennzeichen ihrer jeweiligen Gilde zur Schau trugen und frech ihre Geliebten präsentierten, aber hier und da konnte man auch den maskierten Adel der Häuser Tiassa oder Lyorn entdecken, die ein Hellblau oder Braun hinzufügten und je nach Laune ihren Anteil an lauter Pöbelei oder stiller Trunkenheit dazugaben.
    Was nicht heißen soll, daß es voll war – noch nicht. Der Laden war groß, und es fing gerade erst an. Laut war es, aber nicht ohrenbetäubend. Entweder sehr gute oder sehr merkwürdige Ort und Zeit für ein geschäftliches Treffen.
    Toronnan kam weniger als zwei Minuten nach mir, vor ihm liefen (übrigens wie vor mir) ein paar Schläger, die den Laden nach Anzeichen für eine Falle absuchten. So etwas ist nicht leicht zu erkennen, schon wenn keine Feier stattfindet, aber man kann es schaffen. Dafür muß man sich jeden einzelnen ansehen, besonders die Kellner, und feststellen, wie jeder sich benimmt, wo er aufgestellt ist und ob er aussieht, als hätte er verborgene Waffen bei sich, oder bekannt wirkt oder anscheinend nicht hierher paßt.
    Das hatte ich schon einige Male gemacht, und als es einmal wirklich eine Falle war, für jemanden namens Welok, war mir um ein Haar entgangen, daß einer der Köche sein Messer nicht wie ein anständiger Koch benutzte – anstatt es zwischen Daumen und Zeigefinger an der Klinge zu halten, der Griff auf dem Handrücken ruhend, hielt er es wie ein Messerstecher am Griff fest. Ich sagte Kragar Bescheid, mit dem ich dort arbeitete, der genauer hinsah und dem klar wurde, daß er den Kerl kannte. Das Treffen wurde abgesagt, und drei Monate später wurde ich von Welok angeheuert, um einen Vollstrecker namens Kynn zu töten, der für Rolaan arbeitete – jenen Mann, der das Treffen angesetzt hatte.
    Aber ich schweife ab. Ich führte hier nichts im Schilde und Toronnan auch nicht. Tatsächlich war das eine äußerst schlechte Umgebung, um jemanden zu ermorden, weil eine große und unberechenbare Menge einen leicht überraschen kann, und Attentäter hassen Überraschungen. Er setzte sich mir gegenüber mit dem Rücken zur Tür. Ich wollte einen Kellner herbeiwinken, doch er ließ mich nicht. »Es wird nicht lange dauern«, sagte er.
    Ich zeigte keine Regung. Es bedeutete einen erheblichen Bruch im Protokoll, wenn man ein

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