Phönix
»Wohlan. Das Imperium versucht weiterhin, eine Invasionsflotte zum Angriff auf die Allianz zwischen Grünewehr und Elde zusammenzustellen.«
»Versucht?«
Er blickte grimmig drein. »Eine Vorhut, die von Adrilankha zur Vorbereitung eines Angriffs auf Grünewehr nach Nordhaven gesegelt ist, wurde ihrerseits von diversen Kriegsschiffen der Allianz attackiert, und drei davon wurden versenkt. Ich weiß nicht, wie groß sie waren oder wieviel wir verloren haben oder – warum grinst du?«
Warum grinste ich?
Ich trank einen Schluck Wein, ohne ihn zu schmecken. So oder so hatte mich das Imperium nie sonderlich gekümmert; es war halt da, ich lebte darin und ignorierte es. Selbst der bevorstehende Krieg hatte in mir keine großen Gefühle erweckt, wer meiner Hoffnung nach als Sieger aus dem Konflikt gehen sollte. Aber nun, so wurde mir klar, wollte ich, daß dem Imperium Schaden zugefügt wurde. Ich wollte unbedingt, daß ihm geschadet wurde. Ich würde es lieben, wenn das Imperium gestürzt würde, so unvorstellbar es auch war. Ich wollte das Gestirn rollen sehen und wie es auf dem Boden zerbrochen lag. Ich wollte den mächtigen Palast mit seinen silbernen Säulen und seinen Mauern aus schwarzem Marmor, mit den Zimmern, in denen zehn ostländische Familien Platz fänden, auf die Grundmauern niedergebrannt sehen.
An die vergangenen zwei Tage in Süd-Adrilankha konnte ich mich nur bruchstückhaft erinnern, aber es gab Gesichter, die ich sicher bis an mein Lebensende im Kopf behalten werde, und wenn der Schmerz nur durch die Zerstörung des Imperiums gelindert werden konnte, dann wollte ich auch das. In einem Leben, das von Haß geleitet wurde, war dieser Haß ein neuer. Vielleicht war es das, was Cawti immerzu verspürt hatte. Vielleicht konnte ich sie jetzt verstehen.
Ich stieß die Träume vom gefallenen Imperium zur Seite; solche Träume würden mir nicht die Freilassung meiner Frau einbringen. Tatsächlich wäre es am besten, wenn mir etwas einfiele, wie …
Wenn ich …
»Ach, nichts«, sagte ich. »Aber ich glaube, ich weiß, wie ich Cawti retten kann.«
Mein Großvater blickte mich scharf an. Morrolan machte: »Ach?«
»Meinst du, du würdest mir helfen wollen? Ich werde auch Alieras Unterstützung brauchen und, glaube ich, Sethras. Und möglicherweise Daymars.«
»Was schwebt dir vor?«
»Das erkläre ich, wenn alle beisammen sind. Sagen wir, heute abend. Ich sollte dich warnen, es wird gefährlich.«
Er warf mir einen spöttischen Blick zu. Ich hatte es eh nur gesagt, um ihn zu ärgern. »Ich helfe dir«, sagte Morrolan.
»Danke«, erwiderte ich.
Da sprach mein Großvater das erstemal. Er sagte: »Vladimir, wirst du wieder durch das Märchenland reisen?«
»Entschuldigung?«
»Durch das Märchenland reisen, so wie wir, als wir hergekommen sind.«
»Oh. Ja, das denke ich schon.«
Er nickte bedächtig und sprach mit Morrolan. »Ich sehe, Ihr übt die Kunst aus.«
»Ja«, antwortete Morrolan. »Ich bin ein Hexenmeister.«
»Habt Ihr Utensilien, die ich benutzen könnte? Meine sind alle verloren.«
»Gewiß«, sagte Morrolan. »Ich lasse Euch von Teldra an meinen Arbeitsort geleiten.«
»Vielen Dank«, sagte mein Großvater.
Morrolan nickte und sagte: »Aliera ist hier. Soll ich Verbindung zu Sethra und Daymar aufnehmen?«
»Ja«, sagte ich. »Legen wir los.«
Ein paar Minuten darauf meldete er, daß alle an jenem Abend zum Essen versammelt sein würden, wodurch ich noch einige Stunden Zeit totzuschlagen hatte. Mir wurde klar, daß ich schrecklich müde war, und ich ließ mir von Lady Teldra eine Kammer zuweisen. Ich küßte meinen Großvater, verneigte mich vor Morrolan und wankte dorthin.
Bevor ich einschlief, schnappte ich mir Kragar und sagte: »Was gibt es Neues vom Jheregzentrum?«
»Dich, Vlad.«
»Erzähl.«
»Drei weitere Angebote, alle abgelehnt. Ob sie auch abgelehnt worden wären, wenn irgendwer gewußt hätte, wo du bist, weiß ich nicht.«
»In Ordnung. Hast du die Informationen, die ich wollte?«
»Ja, in der Tat. Und jemand weiß, daß ich sie besorge.«
»Ach?«
»Mir wurden zwanzigtausend angeboten, wenn ich dich dazu bringe, sie selbst abzuholen.«
»Zwanzigtausend? Warum hast du die nicht genommen?«
»Ich dachte, ich könnte dich nicht davon überzeugen, selbst zu kommen, ohne daß du mißtrauisch wirst.«
»Hmmm. Da hast du wohl recht. Kannst du die Sachen mit einem Boten ins Schwarze Schloß schicken lassen?«
»Kleinigkeit.«
»Gut. Irgendwelche, ähm,
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