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Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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lieber gewesen, Marge hätte nicht auf mich gewartet. Bis zu einem gewissen Grad war es wohl mein Schuldgefühl, was da zutage trat. Denn elf Uhr bedeutete nicht, daß Marge auf mich wartete - es war ihr einfach noch zu früh, schlafen zu gehen. Ich blieb vor der Haustür stehen und zündete mir eine Zigarette an.
    Es war Zeit, daß ich mit mir ins reine kam und vernünftig wurde.
    Elaine hatte recht. Es war höchste Zeit, über all das einmal nachzudenken. Was wollte ich überhaupt mit ihr anfangen? Ich war zufrieden, und so bestand gar keine Notwendigkeit, mich ins Unglück zu stürzen. Frauen waren schließlich Frauen.
    Ich setzte mich auf eine Stufe der Veranda und starrte in die Nacht hinaus. Zähl mal deine Schätze zusammen, Brad, sagte ich zu mir selbst. Da hast du ein Haus, das sind dreißigtausend Dollar; dann ein Geschäft, das hunderttausend wert ist. Dann zwei prächtige Kinder und eine liebevolle, gute Frau, die dich kennt, dich versteht und an die du gewöhnt bist. Du hast alles, wonach du dich all die Hungerjahre hindurch gesehnt hast. Warum willst du jetzt das alles aufs Spiel setzen? Warum etwas sein wollen, was du gar nicht bist?
    Aber da setzte mir etwas anderes zu. Elaine. Ihr Gesicht. Es war wie ein Traum, den ich einmal gehabt hatte - alle Schönheit, die ich je an einer Frau gesucht, Schönheit, die ich nie für möglich gehalten hatte.
    Ich konnte im Innern noch ihre Stimme hören: sanft, tief und warm. Elaine war so einsam, wie ich es als junger Mensch gewesen war. Und die Welt war ein schrecklicher Platz, wenn man darin einsam war. Sie hatte genau solche Angst wie ich damals. Angst vor dem, was das Leben einem alles antun kann. Sie war von einer Angst erfüllt, die nur aus der Erfahrung entstanden sein konnte.
    Ich wußte, daß sie mich mochte. Das hatte ich sofort gemerkt. Entweder mochten mich die Menschen sofort - oder überhaupt nicht. Elaine mochte mich. Das hatte ich gleich am ersten Tag gemerkt, als sie mein Büro verlassen wollte und ich ihr in den Weg trat. Sicher war ich meiner Sache nach ihrem Verhalten heute. Und die Entscheidung war gefallen, als ich sie geküßt hatte.
    Nicht beim erstenmal. Beim zweiten. Da küßte auch sie, und sie fieberte genauso wie ich. Die Begierde in ihrem Kuß forderte meine Kraft. In mir erwachte eine Leidenschaft wieder, die ich längst verloren glaubte; ich war über ihre Gewalt ebenso überrascht wie erschrocken. Deshalb hatte ich aufgehört. Mir kam plötzlich zum Bewußtsein, daß ich auch nicht anders war als die anderen Männer, und ich war mir noch nicht darüber klar, ob mir das eigentlich gefiel oder nicht.
    »Brad!« erklang Marges sanfte Stimme hinter mir. »Was tust du denn noch hier draußen?«
    Ich spürte, wie sie voller Ruhe ihre Hand auf meine Schulter legte. Ohne mich umzudrehen, griff ich nach oben und erfaßte sie.
    »Nachdenken«, sagte ich.
    Stoff raschelte. »Hast du Sorgen, Brad?« erkundigte sie sich teilnahmsvoll und setzte sich neben mich auf die Stufen. »Erzähl's doch der Mama, vielleicht kann sie dir helfen.«
    Ich sah sie an. Das Haar rahmte ihr Gesicht zu einem sanften Oval, mit einem hübschen, geschwungenen Mund darin. Das war etwas, was mir an ihr gefiel: sie konnte zuhören, sie wollte auch zuhören. Aber das jetzt war nichts, was ich ihr erzählen konnte. Damit mußte ich allein fertig werden.
    »Kein Kummer, Kleines«, antwortete ich. »Ich sitze hier nur so und denke darüber nach, wie gut es ist, aus der Stadt herauszukommen.«
    Sie lächelte, stand auf und zog mich zu sich hoch. »In diesem Fall, du Freiluftfanatiker, denk bitte daran, daß der Sommer vorbei ist. Du wirst dich erkälten, wenn du so herumsitzt. Komm lieber mit mir hinein. Ich mach uns einen Kaffee, und dabei kannst du mir von deinem Abendessen mit Paul und Edith erzählen.«
    Ich folgte ihr durchs Wohnzimmer. »Mrs. Schuyler war auch dabei«, sagte ich. »Ich habe Paul und Edith zum Flughafen gebracht und dann Mrs. Schuyler ins Hotel gefahren.«
    Sie warf mir einen schelmischen Blick zu. »Hüte dich vor diesen Washingtoner Witwen, mein Junge!« neckte sie. »Die fliegen auf junge Männer wie dich!« »Sie tut mir leid«, entgegnete ich und verteidigte mich gegen nichts.
    Sie zog mich weiter auf. »Hab nur nicht allzuviel Mitleid!« Sie schaltete die Kochplatte unter dem Kaffeekessel an. »Vergiß nicht, daß du eine Frau und zwei Kinder hast, um die du dich kümmern mußt.«
    »Das werde ich nicht vergessen«, sagte ich ernst.
    Irgend etwas

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