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Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Zigarette an.
    Ich hatte gerade einen kräftigen Zug gemacht, als die Tür aufging.
    »Nun?« erkundigte sie sich.
    »Ich hab' ihn gelesen«, antwortete ich und deutete auf den Bericht.
    »Alles in Ordnung?« Sie betrat das Büro und schloß hinter sich die Tür.
    »Ja«, antwortete ich. Mir war ein bißchen komisch zumute. Ich ging auf sie zu. »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll«, fügte ich reichlich unbeholfen hinzu.
    Sie sagte nichts.
    Ich ging zum Fahrstuhl. »Ich glaube, ich gehe jetzt lieber.«
    »Sie können jetzt nicht gehen«, entgegnete sie. »Man würde Sie entdecken. Unten in der Halle würden sie das Signal des Aufzugs auf der Kontrolltafel bemerken und nachschauen.«
    Ich blieb stehen. »Und wie komme ich hier wieder raus?«
    Ein seltsames Lächeln umspielte ihren Mund. »Sie müssen schon auf mich warten. Ich gehe um Viertel nach fünf, wenn der Hauptschwung weg ist.«
    Ich schaute auf meine Uhr. Es war gleich vier. Sie beobachtete mich noch immer lächelnd. »Nehmen Sie Platz und warten Sie«, sagte sie. »Ich bringe Ihnen etwas zu trinken.«
    Ich durchquerte den Raum und ließ mich auf der großen Couch nieder. »Ich kann was brauchen.«
    Ich beobachtete sie, wie sie im Büro hin und her ging und mir meinen Whisky richtete. Die Eiswürfel klirrten beruhigend gegen das Glas, während sie es mir herüber brachte. Dankbar trank ich ein paar Schlucke.
    Sie ließ sich mir gegenüber in einen Stuhl gleiten. »Was werden Sie nun machen, Brad?«
    Ich trank noch einen Schluck. »Nach New York zurückgehen und die ganze Geschichte vergessen.«
    »Das wird nicht so einfach sein«, sagte sie, »Matt Brady will Sie haben.«
    Ich lächelte ihr zu.
    »Lachen Sie nicht«, erwiderte sie ernst. »Wenn Sie in Ihr Hotel zurückkommen, werden Sie dort eine Nachricht vorfinden - eine Einladung zum Abendessen bei ihm zu Hause.«
    »Ich werde nicht hingehen.«
    »Sie werden doch gehen«, antwortete sie. »Bis Sie wieder in Ihrem Hotel sind, werden Sie sich alles noch mal überlegt haben. Sie werden sich an das viele Geld erinnern, das er Ihnen angeboten hat, und Sie werden sich überlegen, was Sie alles damit anfangen können.« Sie nippte an ihrem Glas. »Sie werden gehen.«
    »Sie wissen wohl auf alles eine Antwort.«
    Sie senkte den Blick. »Nein, leider stimmt das nicht«, erwiderte sie. »Aber ich habe das schon mehrfach erlebt. Er wird Sie rumkriegen. Geld spielt für ihn keine Rolle. Er wird es vor Ihnen aufstapeln, bis Ihnen schwindlig wird. Er wird Ihnen Honig um den Mund schmieren, er wird Ihnen erzählen, wie großartig Sie sind, er wird Ihnen erzählen, wie bedeutend Sie sein werden. Und während der ganzen Zeit werden Sie den Geldhaufen vor sich wachsen und wachsen sehen, bis Ihnen die Augen übergehen. Und darin -päng! -, dann gehen Sie in die Knie.«
    Ich stellte mein Glas vor mich auf den Couchtisch. »Warum erzählen Sie mir das eigentlich alles?« fragte ich sie. »Was haben Sie davon?«
    Sie stellte ihr Glas dicht neben meines. »Ich habe schon viele große und bedeutende Leute vor ihm kriechen sehen. Diese Feigheit zu beobachten macht mich ganz krank.« Ihre Stimme klang scheppernd.
    »So?« fragte ich leise.
    »Sie sind groß und stark und mutig. Ihnen merkt man keine Furcht an. Sie waren nicht so eingeschüchtert, daß Sie mich überhaupt nicht gesehen haben wie die meisten anderen, die mich für ein Stück Möbel hielten. Ich habe genau gesehen, wie Sie mich anschauten.«
    »Wie habe ich Sie denn angeschaut?«
    Sie erhob sich und stand sehr gerade vor mir. Dann ging sie ganz langsam um den Couchtisch herum auf mich zu. Ich blickte zu ihr auf und verfolgte jede ihrer Bewegungen. Sie blieb vor mir stehen und schaute auf mich herab. »Genauso, wie Sie mich jetzt anschauen.«
    Ich schwieg. Ich rührte mich nicht.
    Wieder lag dieses seltsame, eigenartige Lächeln um ihren Mund. »Ich weiß, wir beide kommen nicht zusammen«, sagte sie. »Ich weiß genau, daß eine andere Frau im Spiel ist. Und Sie wissen es auch. Ich habe das gemerkt, als Sie mich küßten. Aber das ändert nichts an der Sachlage. Für Sie bin ich nicht Matt Bradys Sekretärin, kein Inventar seines Büros, sondern ein menschliches Wesen, eine eigene Persönlichkeit, eine Frau. Und so betrachten Sie mich.«
    Ich sagte kein Wort. Das einzig Wertvolle auf dieser Erde war, daß jeder von uns ein Individuum war und kein Rädchen an einer Maschine. Kein Mensch war durch bestimmte Umstände oder Zufälle besser als der andere, jeder

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