Physiologie der Ehe (German Edition)
erläuterten Lehren befolgen, und bei keinem einzigen dieser Ehemänner lag jemals ein bestimmter Plan vor. Die ahnungsvolle Erkenntnis ihrer Lage enthüllte ihnen nur unvollständige Bruchstücke eines ungeheuer großen Systems; hierin gleichen sie jenen Gelehrten des sechzehnten Jahrhunderts, deren Mikroskope noch nicht auf einer solchen Stufe der Vollkommenheit standen, als daß sie damit alle die Wesen hätten bemerken können, deren Dasein trotzdem durch die geduldige Denkarbeit ihres Geistes für sie feststand.
Wir hoffen, die in unserm Buche bereits mitgeteilten und die in dem folgenden letzten Abschnitt desselben noch mitzuteilenden Beobachtungen werden imstande sein, die Ansicht zu zerstören, wonach oberflächliche Menschen die Ehe als eine Sinekure betrachten. Nach unserer Meinung ist ein Ehegatte, der sich langweilt, ein verständnisloser Ketzer; ja noch mehr: er ist ein Mensch, der in das Eheleben überhaupt gar nicht eingedrungen sein kann und es nicht begreift. In dieser Hinsicht werden diese Betrachtungen vielleicht gar viele Unwissende auf die Geheimnisse einer Welt hinweisen, der sie mit offenen Augen gegenüberstanden, ohne sie zu sehen.
Und nun wollen wir noch hoffen, daß diese Grundsätze, verständig angewandt, gar manche Bekehrung herbeiführen, und daß auf die beinahe weißen Blätter, die diesen zweiten Teil vom ›Häuslichen Krieg‹ trennen, recht viele Tränen der Reue fallen werden.
Ja, wir wollen uns gerne dem Glauben hingeben, daß von den vierhunderttausend anständigen Frauen, die wir so sorgfältig ausgelesen haben, nur eine gewisse Anzahl, sagen wir dreihunderttausend, so verderbt, so reizend, so anbetungswürdig, so kriegerisch sein werden, um die Standarte des ›Häuslichen Krieges‹ aufzupflanzen.
Zu den Waffen also, zu den Waffen!
Der häusliche Krieg
Schön wie Klopstocks Seraphim,
furchtbar wie Miltons Teufel.
Diderot
Die Manifeste
ie vorauszuschickenden Vorschriften über diesen Gegenstand, mit denen die Wissenschaft einen Ehemann bewaffnen kann, sind nicht zahlreich; es handelt sich in der Tat weniger darum, zu wissen, ob er nicht unterliegen wird, als vielmehr darum, zu untersuchen, ob er Widerstand leisten kann.
Wir wollen indessen an dieser Stelle einige Feuerzeichen abbrennen, um den Kampfplatz zu erhellen, auf dem bald der Ehemann allein mit der Religion und dem Gesetz seiner Frau gegenüberstehen wird, die durch die List und die ganze Gesellschaft unterstützt wird.
LXXXI. Von einer verliebten Frau kann man alles erwarten und alles vermuten.
LXXXII. Die Handlungen einer Frau, die ihren Gatten hintergehen will, werden fast stets ausstudiert, aber sie werden niemals vernünftig sein.
LXXXIII. Die meisten Frauen gehen vor wie die Flöhe: sprungweise und in willkürlichen Sätzen. Sie entwischen durch die Höhe oder durch die Tiefe ihrer ursprünglichen Ideen, und die Lückenhaftigkeit ihrer Pläne kommt ihnen zugute. Aber sie betätigen sich nur innerhalb eines Raumes, dem ein Ehemann leicht eine feste Umgrenzung geben kann; und wenn er kaltblütig ist, kann es ihm schließlich gelingen, den Speiteufel auszulöschen.
LXXXIV. Ein Ehemann darf sich in Gegenwart eines Dritten gegen seine Frau niemals ein feindseliges Wort erlauben.
LXXXV. Im Augenblick, wo eine Frau sich entschließt, die eheliche Treue zu verraten, rechnet sie ihren Mann entweder für alles oder für nichts. Von diesem Grundsatz kann der Ehemann ausgehen.
LXXXVI. Eine Frau lebt in ihrem Kopf, in ihrem Herzen oder in ihrer Leidenschaft. Je nach dem Alter, worin seine Frau ein Urteil über das Leben erlangt hat, muß der Ehemann wissen, ob die erste Ursache der von ihr geplanten Untreue aus Eitelkeit, Gefühl oder Temperament entspringt. Das Temperament ist eine Krankheit, die sich heilen läßt; das Gefühl bietet einem Ehemann große Aussichten auf Erfolg; aber die Eitelkeit ist unheilbar. Eine Frau, die ein reines Verstandesleben führt, ist eine fürchterliche Geißel. Sie vereinigt die Mängel der leidenschaftlichen mit denen der liebenden Frau, ohne die Vorzüge zu besitzen, die jene zur Entschuldigung anführen könnte. Sie hat kein Mitleid, keine Liebe, keine Tugend, kein Geschlecht.
LXXXVII. Die Frau mit dem Verstandesleben wird ihrem Ehemann Gleichgültigkeit einzuflößen suchen; die Frau mit dem Gefühlsleben wird versuchen, seinen Haß, die leidenschaftliche Frau wird versuchen, seinen Widerwillen zu erregen.
LXXXVIII. Ein Ehemann wagt niemals etwas dabei, wenn er den
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