Physiologie der Ehe (German Edition)
Niedertracht unbegründeter Vermutungen, die falsche Harmlosigkeit einer Bitte – alles wird als Waffe gegen dich verwandt. Ein Mann, der das Recht in Anspruch nimmt, seine Frau unter dem Joch zu halten, ist ein zu gefährliches Beispiel; darum versuchen sie, dieses Beispiel aus dem Wege zu räumen. Denn wäre nicht sein Benehmen eine Satire auf alle Ehemänner? Darum greifen sie alle dich an – entweder mit bittern Scherzen oder mit ernsthaften Beweisgründen, oder mit den landläufigen Redensarten der Galanterie. Ein Schwarm von Hagestolzen unterstützt sie bei allen ihren Versuchen, und du wirst angegriffen, verfolgt als ein Grobian, als ein Tyrann, als ein Herr, mit dem nicht gut Kirschen essen sei, als ein unberechenbarer Sonderling, als ein Mensch, vor dem man sich in acht nehmen müsse.
Deine Frau verteidigt dich wie der Bär in der Lafontaineschen Fabel: sie wirft dir große Steine an den Kopf, um die Fliegen zu verjagen, die sich auf deine Stirn setzen. Sie erzählt dir abends alle Bemerkungen, die man in ihrer Gegenwart über dich gemacht hat; sie wird von dir Rechenschaft verlangen über Handlungen, die du nicht begangen, über Worte, die du nicht gesprochen hast. Sie wird angebliche von dir begangene Verfehlungen gerechtfertigt haben; sie wird sich gerühmt haben, einer Freiheit zu genießen, die sie nicht hat, um dich gegen die Anschuldigungen zu verteidigen, daß du ihr ungerechterweise nicht ihre Freiheit lässest. Die Riesenklapper, die deine Frau schwingt, wird dich überallhin mit ihrem zudringlichen Geräusch verfolgen. Deine teure Freundin wird dich betäuben, wird dich foltern und wird ihren Spaß daran haben, dich nur die Dornen der Ehe fühlen zu lassen. Sie wird dir in der Gesellschaft mit der lachendsten Miene entgegentreten und wird zu Hause sehr widerhaarig sein. Sie wird verdrießlich sein, wenn du fröhlich bist, und wird dich mit ihrer Freude ärgern, wenn du traurig bist. Eure beiden Gesichter werden eine beständige Antithese bilden.
Wenig Männer besitzen Kraft genug, um dieser stets geschickt gespielten ersten Komödie zu widerstehen, die dem Hurra gleicht, das die Kosaken ausstoßen, wenn sie ins Gefecht reiten. Einige Ehemänner ärgern sich darüber und setzen sich damit auf eine nicht wieder gutzumachende Art ins Unrecht. Andere bekümmern sich nicht mehr um ihre Frauen. Endlich gibt es sogar Männer von hervorragender Intelligenz, die nicht einmal immer das Zauberstäbchen zu schwingen wissen, vor dessen Wink dieses weibliche Blendwerk verschwinden muß.
Zwei Drittel der Frauen wissen ihre Unabhängigkeit durch dieses Manöver zu erkämpfen, das gewissermaßen nur eine Musterung ist, die sie über ihre Streitkräfte abhalten. Auf diese Weise ist der Krieg bald zu Ende.
Aber ein kräftiger Mann, der den Mut hat, bei diesem ersten Angriff sein kaltes Blut zu bewahren, kann sich sehr amüsieren, indem er durch geistreichen Spott seiner Frau die geheimen Antriebe ihrer eigenen Handlungsweise enthüllt; indem er ihr Schritt vor Schritt in das Labyrinth folgt, in das sie eindringt; indem er ihr bei jedem Worte sagt, daß sie sich selber etwas vorlüge; indem er stets seinen scherzhaften Ton beibehält und niemals heftig wird.
Indessen, der Krieg ist erklärt; und wenn der Ehemann nicht durch dieses Eröffnungsfeuerwerk geblendet worden ist, so hat die Frau noch ganz andere Hilfsmittel, die ihr erlauben, auf den schließlichen Sieg zu hoffen. Diese Hilfsmittel werden die folgenden Betrachtungen darlegen.
Strategische Grundsätze
Der Erzherzog Karl hat eine sehr schöne Abhandlung über Kriegskunst herausgegeben, die ›Grundsätze der Strategie und ihre Anwendung auf die Feldzüge von 1796‹. Diese Grundsätze scheinen uns einige Ähnlichkeit zu haben mit so mancher Poetik, die für bereits veröffentlichte Gedichte nachträglich aufgestellt ist. Heutzutage haben wir es viel weiter gebracht: wir erfinden die Regeln für die Werke und die Werke für die Regeln. Aber was haben die alten Grundsätze der Kriegskunst genützt, als sie sich dem stürmischen Geist Napoleons gegenüber befanden? Wenn man also heute die Lehren dieses großen Feldherrn, dessen neue Taktik die alte Taktik über den Haufen geworfen hat, in ein System bringen wollte – welche Bürgschaft besitzt es, daß nicht die Zukunft einen zweiten Napoleon gebären wird? Die Bücher über Kriegskunst teilen mit wenigen Ausnahmen das Los der alten Werke über Chemie und Physik. Alles ändert sich – entweder auf der
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