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Physiologie der Ehe (German Edition)

Physiologie der Ehe (German Edition)

Titel: Physiologie der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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IV. In dem Scheidungsprozeß des Lord Abergaveny sagte der Kammerdiener aus: »Die Frau Viscounteß hatte einen solchen Widerwillen gegen alles, was Mylord gehörte, daß ich sehr oft sah, wie sie sogar Papierschnitzel verbrannte, die er in ihrem Zimmer angerührt hatte.«
    V. Ein entscheidendes Symptom ist es, wenn eine bequeme Frau plötzlich Tatkraft entwickelt, wenn eine Frau, die Abscheu vor dem Lernen hatte, sich mit einer fremden Sprache beschäftigt, und überhaupt, wenn in ihrem Charakter eine vollständige Wandlung eintritt.
    VI. Eine Frau, die von Herzen sehr glücklich ist, geht nicht mehr in Gesellschaft.
    VII. Eine Frau, die einen Liebhaber hat, wird sehr nachsichtig.
    * VIII. Ein Ehemann gibt seiner Frau monatlich hundert Taler für ihre Toilette; alles gut gerechnet, gibt sie mindestens fünfhundert Franken aus, ohne einen Sou Schulden zu machen; der Ehemann wird bestohlen; der Dieb kommt nächtlicherweise, führt Waffen bei sich, steigt ein – aber erbrochen wird nichts.
    * IX. Zwei Ehegatten schliefen im selben Bett; die Frau war beständig krank; sie schlafen getrennt – sie hat keine Migräne mehr, und ihre Gesundheit ist glänzender denn je: erschreckendes Symptom.
    X. Eine Frau, die sehr wenig auf sich hielt, entfaltet plötzlich einen ausgesuchten Luxus in ihrer Toilette. Da ist Minotauros in der Nähe!
    XI. »Ach, meine Liebe, ich kenne keine größere Qual, als nicht verstanden zu werden.«
    »Ja, meine Liebe – aber wenn man verstanden wird!«
    »Oh! das kommt fast niemals vor.«
    »Ich gebe zu, so etwas ist sehr selten. Ach! Das ist ein gar großes Glück. Aber es gibt keine zwei Menschen auf der Welt, die eine Frau wie mich zu begreifen wissen.«
    * XII. An dem Tage, wo eine Frau gegen ihren Mann rücksichtsvoll wird ... ist alles gesagt.
    XIII. Ich frage sie: »Woher kommst du, Jeanne?«
    »Ich komme von deinem Paten, um das Tafelgeschirr abzuholen, das du dagelassen hattest.«
    »Holla,« dachte ich; »noch ist alles mein!«
    Im nächsten Jahre wiederhole ich dieselbe Frage bei derselben Gelegenheit.
    »Ich habe unser Tafelgeschirr abholen lassen.«
    »Aha!« denke ich; »wir haben noch einen Anteil daran.« Aber wenn ich sie später frage, so wird sie mir in ganz anderm Tone antworten:
    »Sie wünschen alles zu wissen wie die großen Herrschaften, und dabei haben Sie keine drei Hemden. Ich habe mein Tafelgeschirr von meinem Paten abholen lassen, wo ich gespeist habe.«
    »Hm!« denke ich; »dieser Punkt ist jetzt klargestellt!«
    XIV. Hüte dich vor einer Frau, die von ihrer Tugend spricht.
    XV. Man sagte der Herzogin von Chaulnes, deren Zustand zu den schlimmsten Befürchtungen Anlaß gab:
    »Der Herr Herzog von Chaulnes möchte Sie gern wiedersehen.«
    »Ist er da?«
    »Ja.«
    »Er soll warten! Er kann zusammen mit den Sakramenten hineinkommen.«
    Diese minotaurische Anekdote ist von Chamfort bereits mitgeteilt worden; aber sie mußte hier eingeführt werden, da sie mustergültig ist.
    * XVI. Es gibt Frauen, die ihrem Gatten einzureden versuchen, er habe gewissen Personen gegenüber Verpflichtungen zu erfüllen.
    »Ich versichere Ihnen, Sie müssen Herrn Soundso einen Besuch machen.« – »Wir können nicht umhin, Herrn Dingsda zum Essen einzuladen ...«
    XVII. »Höre mal, mein Sohn, halt dich doch hübsch gerade; versuche doch, gute Manieren anzunehmen! Sieh doch nur auf Herrn Soundso! Sieh, wie er geht! Schau dir seinen Anzug an!«
    XVIII. Wenn eine Frau den Namen eines Mannes nur zweimal täglich ausspricht, so kann vielleicht Ungewißheit darüber obwalten, was für Gefühle sie ihm entgegenbringt; aber dreimal? ... Oh! Oh!
    XIX. Wenn eine Frau einem Mann, der weder Advokat noch Minister ist, bis an die Tür ihrer Wohnung das Geleit gibt, so ist sie sehr unvorsichtig.
    XX. Es ist für einen Ehemann ein schrecklicher Tag, wenn er für eine Handlung seiner Frau keine Erklärung zu finden weiß.
    * XXI. Die Frau, die sich ertappen läßt, verdient ihr Schicksal.
    Wie muß sich nun ein Ehemann verhalten, wenn er ein ›letztes Symptom‹ bemerkt, das ihm keinen Zweifel mehr über die Untreue seiner Frau läßt? Diese Frage ist leicht zu beantworten. Es bleibt ihm nur die Wahl zwischen zwei Entschlüssen: entweder Resignation oder Rache; ein Mittelding zwischen diesen beiden Extremen gibt es nicht. Entscheidet man sich für die Rache, so muß diese vollständig sein. Der Ehemann, der sich nicht für immer von seiner Frau trennt, ist einfach ein Tölpel. Wenn dagegen ein Ehemann

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