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Physiologie der Ehe (German Edition)

Physiologie der Ehe (German Edition)

Titel: Physiologie der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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viel Beleidigungen! Gibt es in Frankreich etwas Schimpflicheres als Impotenz, Kälte, völlige Leidenschaftslosigkeit, Trottelhaftigkeit?
    Der einzige König von Frankreich, der nicht einen solchen Tropf laut ausgelacht hätte, wäre vielleicht Ludwig XIII.: sein forscher Vater dagegen hätte vielleicht ein solches Bürschchen verbannt, indem er entweder ihn beschuldigt, kein Franzose zu sein, oder geglaubt hätte, er könnte ein gefährliches Beispiel abgeben.
    Seltsamer Widerspruch! Ein junger Mensch wird gleichermaßen getadelt, wenn er sein Leben ›im heiligen Lande‹ verbringt, um uns eines landläufigen Ausdrucks des Junggesellenlebens zu bedienen. Sollten vielleicht zum Besten der anständigen Frauen die Polizeipräfekten und Bürgermeister aller Zeiten angeordnet haben, daß die im Dienste der Öffentlichkeit stehenden Leidenschaften erst mit Dunkelwerden zu beginnen und um elf Uhr abends aufzuhören haben?
    Wo sollen sich denn all unsere Junggesellen ihre Hörner ablaufen? Und – wie Figaro fragt – wen betrügt man denn hier? Die Regierenden oder die Regierten?
    Ist es mit der Gesellschaftsordnung wie mit jenen Jüngelchen, die sich im Theater die Ohren zuhalten, um die Flintenschüsse nicht zu hören? Hat sie Angst davor, die Sonde in ihre Wunde führen zu lassen? Oder sollte man allgemein der Meinung sein, daß es gegen dieses Übel kein Heilmittel gibt und daß man die Dinge gehen lassen muß, wie sie gehen? Aber hier liegt eine Frage vor, die die Gesetzgebung angeht; denn es ist unmöglich, dem materiellen und sozialen Dilemma zu entgehen, in das wir geraten, indem wir die Bilanz der ehelichen Tugend unserer Gesellschaft ziehen. Es ist nicht unseres Amtes, diese schwierige Frage zu lösen; nehmen wir indessen einen Augenblick, an, daß zum Schutze so vieler Familien, so vieler Frauen, so vieler ehrbaren Mädchen, die Gesellschaft sich genötigt sähe, gewissen Herzen ein Patent und damit ein Recht zu geben, die Bedürfnisse der Junggesellen zu befriedigen; mußten alsdann nicht unsere Gesetze diesen weiblichen Deziussen, die sich für das Staatswohl aufopfern und aus ihren Leibern eine Schutzwehr für die anständige Familie machen, Zunftrechte verleihen? Die Gesetzgeber haben sehr unrecht, daß sie bis jetzt es verschmäht haben, dem Lose der Kurtisanen feste Regeln zu geben.
    XXIII. Wenn die Kurtisane ein Bedürfnis ist, sollte sie eine Staatseinrichtung sein.
    Diese Frage starrt von so vielen Wenn und Aber, daß wir sie unsern Enkeln vermachen; man muß auch ihnen noch etwas zu tun übrig lassen. Übrigens ist sie für dieses Werk vollkommen nebensächlich; denn heutzutage ist das Feingefühl höher entwickelt denn je; zu keiner Zeit hat man so viel von Sitte gewußt, weil man niemals so deutlich empfunden hat, daß echte Lust aus dem Herzen kommt. Und angesichts unserer vierhunderttausend jungen und hübschen Frauen, die mit allem Glanz des Reichtums, mit aller Anmut des Geistes geschmückt sind, die über alle Schätze der Koketterie verfügen und freigebige Spenderinnen des Glücks sind – welcher feinfühlige Mann, welcher Junggeselle ginge da ...? Pfui!
    Fassen wir also für unsere künftigen Gesetzgeber die Lehren dieser letzten Jahre in klarer und kurzer Form zusammen:
    XXIV. In der gesellschaftlichen Ordnung entspringen die unvermeidlichen Mißbräuche aus Naturgesetzen, nach denen der Mensch sich seine Begriffe von bürgerlichen und staatlichen Gesetzen bilden muß.
    XXV. »Der Ehebruch«, sagt Chamfort, »ist ein Bankrott, jedoch mit dem Unterschied, daß nicht der Bankrottierer, sondern der durch den Bankrott Geschädigte der Entehrte ist.«
    In Frankreich bedürfen die Gesetze über den Ehebruch und über den Bankrott tiefgreifender Abänderungen. Sind sie zu milde? Liegt ihr Fehler darin, daß sie von falschen Grundsätzen ausgehen? Caveant consules !
    Nun, mutiger Athlet, der du die kleine Ansprache an die mit einer Frau Behafteten in unserer ersten Betrachtung auf dich bezogen hast – was sagst du dazu?
    Wir wollen hoffen, daß du bei unserm flüchtigen Überblick über diese Fragen keine Angst bekommen hast, daß du nicht zu den Leuten gehörst, denen das Rückgrat siedendheiß wird und ihr Nervenfluidum zu Eis erstarrt, wenn sie einen Abgrund oder eine Boa constrictor erblicken! Ei, mein lieber Freund: Wer da hat Land, hat auch Kriegsbrand. Die Männer, die nach deinem Gelde trachten, sind noch viel zahlreicher als diejenigen, die nach deiner Frau trachten.
    Und schließlich

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