Physiologie der Ehe (German Edition)
zu werden, sei es das beste Mittel, sich auf das Zartgefühl einer Frau zu verlassen, weil es einem Mann unmöglich sei, seine Frau daran zu hindern, ihn zu minotaurisieren (dieser Grundsatz entspringt aus gewissen alten Ideen, die leider infolge unserer eigenen Schwachheit sich eingewurzelt haben);
die in gesetzlicher Ehe ihm verbundene Frau sei die beste Freundin eines Mannes;
eine Frau sei Herrin in ihrem Hause und Königin in ihrem Salon, usw. usw.
Wer diesen Versuchen, der Würde der Frau die Oberhand über die Kraft des Mannes zu verschaffen, einen festen Widerstand entgegensetzen will, gehört zur Klasse der Prädestinierten.
Zuerst entstehen Streitigkeiten, durch die in den Augen seiner Frau der Mann den Anschein eines Tyrannen erhält. Die Tyrannei eines Ehemannes ist stets eine gefährliche Entschuldigung für die Inkonsequenz einer Frau. Ferner wissen sie bei diesen leichten Streitigkeiten ihren und unsern Familien, aller Welt und uns selber zu beweisen, daß wir unrecht haben. Wenn du um des lieben Friedens willen oder aus Liebe die vorgeblichen Rechte deiner Frau anerkennst, überläßt du ihr damit einen Vorteil, den sie sich für ewige Zeiten zunutze machen wird. Ein Mann darf, wie eine Regierung, niemals einen Fehler eingestehen. Sofort wäre deine Herrschaft durch das geheime System der Frauenwürde überflügelt; sofort wäre alles verloren; von diesem Augenblick an würdest du ihr ein Zugeständnis nach dem andern machen, bis sie dich aus ›ihrem‹ Bett verjagte.
Da die Frau schlau, geistreich, boshaft ist und Zeit genug hat, sich eine Ironie auszudenken, so würde sie dich lächerlich machen, sobald eure Meinungen aufeinanderplatzten. Der Tag, wo sie dich lächerlich gemacht hat, wird das Ende deines Glückes sein. Mit deiner Herrschaft wird es aus sein. Eine Frau, die über ihren Gatten gelacht hat, kann ihn nicht mehr lieben. Der Mann muß für die liebende Frau ein Wesen voller Kraft und Größe sein, muß ihr immer imponieren. Eine Familie kann nicht ohne Despotismus existieren. Merkt euch das, ihr Völker!
Daher bildet denn auch die schwere Kunst des Benehmens, das ein Mann gegenüber so wichtigen Ereignissen beobachten muß und das wir als die hohe Politik der Ehe bezeichnen können, den Gegenstand des zweiten und dritten Teils unseres Buches. Aus diesem Brevier des ehelichen Machiavellismus wirst du lernen vor diesem leichten Geiste, vor dieser Seele, die nach Napoleons Ausdruck duftig ist wie zarte Spitzen, größer zu erscheinen. Du wirst daraus erfahren, wie ein Mann eine stählerne Seele aufweisen kann, wie er auf diesen häuslichen kleinen Krieg sich einlassen kann, und daß er niemals ihrem Willen nachgeben darf, ohne sein Glück in Gefahr zu bringen. Denn wenn du deiner Herrschaft entsagtest, würde deine Frau dich schon deshalb mißachten, weil sie dich kraftlos fände; du wärest für sie kein ›Mann‹ mehr.
Aber wir sind noch nicht so weit, die Theorien und Grundsätze zu entwickeln, durch die ein Ehemann elegante Manieren mit scharfem Vorgehen vereinigen kann; für den Augenblick lassen wir uns daran genügen, ihre Bedeutung für die Zukunft zu ahnen, und fahren fort:
In dieser verhängnisvollen Epoche wirst du sehen, wie sie geschickt das Recht verficht, allein auszugehen.
Eben noch warst du ihr Gott, ihr Idol. Der Gemütszustand, bei dem sie jetzt angelangt ist, entspricht dem Stadium der Frömmigkeit, in dem man die Löcher in den Kleidern der Heiligen bemerkt.
»O mein Gott, lieber Freund,« sagte Frau de la Vallière zu ihrem Mann, »wie unschön tragen Sie Ihren Degen! Herr de Richelieu hat so eine gewisse Art, seinen Degen gerade an der Spitze zu halten; so sollten Sie es auch machen: es ist viel geschmackvoller.«
»Meine Liebe, man kann mir nicht auf geistreichere Art sagen, daß wir schon seit fünf Monaten verheiratet sind.« Diese Antwort des Herzogs wurde zur Zeit Ludwigs des Fünfzehnten sehr glücklich gefunden.
Sie wird deinen Charakter studieren, um Waffen gegen dich zu finden. Dieses Studium, das mit der Liebe unverträglich ist, wird sich darin kundgeben, daß sie dir tausend kleine Schlingen legen wird, um sich von dir anfahren und ausschelten zu lassen; denn wenn eine Frau keine Entschuldigungen hat, um ihren Mann zu minotaurisieren, sucht sie welche zu schaffen.
Vielleicht wird sie sich zu Tische setzen, ohne auf dich zu warten.
Wenn sie mit dir im Wagen durch eine Stadt fährt, wird sie dich auf gewisse Gegenstände aufmerksam machen, die du
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