Physiologie der Ehe (German Edition)
geschrieben, die das Schicksal der Frauen regeln. Sie tragen die blutige Überschrift: Vae victis! Wehe den Schwachen! Endlich nimm dir die letzte Beobachtung zu Herzen, die vielleicht von allen, die wir bisher gemacht haben, am schwersten ins Gewicht fällt: wenn nicht du, der Gatte, es bist, der dieses reizende schwache Rohr unter seinen Willen beugt, so wird ihr ein viel schrecklicheres Joch beschieden sein: die Tyrannei eines launenhaften und despotischen Junggesellen – sie wird ein zwiefaches Joch anstatt eines einzigen zu ertragen haben. Alles wohl gegeneinander abgewogen, wird dich also auch schon die Menschlichkeit dazu auffordern, die Grundzüge unserer Hygiene zu befolgen.
Persönliche Mittel
Vielleicht haben die vorhergehenden Betrachtungen mehr allgemeine Verhaltungsmaßregeln angegeben, als daß in ihnen die Mittel behandelt wurden, gegen Gewalt Gewalt anzuwenden. Sie enthalten Pharmakopöen und geben keine örtlichen Heilmittel an. Hier zeigen wir dir jetzt auch die persönlichen Mittel, die die Natur dir zu deiner Verteidigung in die Hand gelegt hat; denn die Vorsehung hat niemanden vergessen: wenn sie dem Sepiafisch im Adriatischen Meer jene schwarze Farbe gegeben hat, mittels deren er eine Wolke hervorbringt, die ihn den Blicken seines Feindes entzieht, so kannst du dir wohl denken, daß sie auch einen Ehemann nicht ohne Schwert gelassen hat: und jetzt ist der Augenblick da, das deinige zu zücken.
Ohne Zweifel hattest du, als du dich verheiratetest, von deiner Frau verlangt, sie solle ihre Kinder selber nähren: gut, stürze sie jetzt in die Verlegenheiten und Mühen einer Schwangerschaft oder Säugezeit – du wirst dadurch die Gefahr zum mindesten um ein Jahr oder zwei hinausschieben. Eine Frau, die damit beschäftigt ist, ein Kleinchen in die Welt zu setzen oder zu nähren, hat wirklich nicht die Zeit, an einen Liebhaber zu denken, ganz abgesehen davon, daß sie vor und nach ihrer Niederkunft nicht imstande ist, sich in Gesellschaft zu zeigen. Denn wie könnte auch die unbescheidenste der distinguierten Frauen, von denen unser Werk handelt, es wagen, sich im Zustande der Schwangerschaft zu zeigen und mit dieser verborgenen Frucht, ihrem öffentlichen Ankläger, vor allen Leuten herumzugehen? O Lord Byron, du wolltest ja die Frauen nicht einmal essen sehen!
Wenn sechs Monate nach ihrer Niederkunft das Kindchen nach Herzenslust gesogen hat, fängt eine Frau kaum an, wieder ihre Frische und Freiheit zu genießen.
Wenn deine Frau ihr erstes Kind nicht genährt hat, so bist du zu klug, um nicht aus diesem Umstand Nutzen zu ziehen, und in ihr den Wunsch zu erwecken, das Kleine, das sie jetzt unter dem Herzen trägt, selbst zu nähren. Du liest ihr Rousseaus ›Emile‹ vor, du entflammst ihre Einbildungskraft für Mutterpflichten, wendest dich an ihre höchsten moralischen Gefühle usw. Mit einem Wort: du bist ein Dummkopf oder ein kluger Mensch; im ersteren Fall würdest du stets minotaurisiert werden, auch wenn du dies Buch gelesen hättest; im zweiten Fall mußt du eine halbe Andeutung verstehen.
Dieses erste Mittel ist virtuell persönlich. Es wird dir einen weiten Spielraum geben, um die Anwendung der andern Mittel vorzubereiten.
Seitdem Alkibiades seinem Hunde die Ohren und den Schwanz abschnitt, um Perikles gefällig zu sein, weil diesem damals die Athener durch allzu großes Interesse für eine Art von spanischem Krieg und von Unterschleifen eines Armeelieferanten Ouvrard lästig wurden – seitdem hat es keinen Minister gegeben, der nicht versucht hatte, irgendeinem Hunde die Ohren abzuschneiden.
Und wenn eine Entzündung an einem wichtigen Teil des menschlichen Körpers sich zeigt, so veranlaßt die Heilkunde eine kleine Gegenrevolution an einem andern Punkt durch Brennkegel, Schröpfköpfe, Akupunkturen und dergleichen.
Ein anderes Mittel besteht also darin, deiner Frau einen Brennkegel zu setzen oder ihr irgendeine Nadel in den Geist zu bohren, die sie fühlbar sticht und eine Ablenkung zu deinen Gunsten veranlaßt.
Ein sehr geistvoller Mann hatte seinen Honigmond auf eine Dauer von ungefähr vier Jahren gebracht; da nahm der Mond ab, und er begann den verhängnisvollen Halbbogen zu bemerken. Seine Frau war genau in dem Zustand, in den, wie wir am Ende unseres ersten Teiles nachgewiesen haben, jede anständige Frau gerät: sie hatte an einem ziemlich erbärmlichen Gesellen ›Geschmack gefunden‹ – er war noch dazu klein und häßlich, aber es war eben nicht ihr Mann. In
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