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Physiologie der Ehe (German Edition)

Physiologie der Ehe (German Edition)

Titel: Physiologie der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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dich auffordern, der Ehre deiner Frau Breiumschläge aufzulegen, sie in ein Schwitzbad einzuschließen oder sie zu versiegeln wie einen Brief. Nein. Wir wollen nicht einmal versuchen, dir das magnetische System auseinanderzusetzen, mit dessen Hilfe du deinen Willen in der Seele deiner Frau würdest zum Siege bringen können; kein Ehemann würde für das Glück einer ewigen Liebe den Preis einer solchen beständigen Anspannung seiner animalischen Kräfte bezahlen wollen. Wir wollen vielmehr versuchen, ein unfehlbares System der Hygiene näher zu erläutern, mit dessen Hilfe du jeden Kaminbrand deiner Ehe leicht löschen kannst.
    In den Lebensgewohnheiten der Modenärrinnen in Paris und der Provinz – die Modenärrinnen bilden einen scharf unterschiedenen Teil der anständigen Frauen – finden wir genügende Mittel, zu unserm Zweck zu gelangen, ohne daß wir nötig hätten, im Arsenal der Heilmittellehre die vier kalten Keime, den Nenufar und tausend andere hexenmäßige Erfindungen zu suchen. Wir wollen sogar dem Älian sein Haneakraut und Sterne seinen Portulak und seine Gurken überlassen, die auf gar zu augenscheinliche antiphlogistische Absichten hindeuten.
    Laß deine Frau ganze Tage lang sich auf jenen weichen Kanapees strecken, auf denen der Leib sozusagen in ein Daunen- oder Federnbad versinkt!
    Begünstige mit allen Mitteln, die dein Gewissen verträgt, den Hang der Frauen, nur die parfümierte Luft eines selten geöffneten Zimmers zu atmen, in das durch wollüstige, durchsichtige Musselinwolken kaum ein halbes Licht hineindringt!
    Mit diesem System wirst du wunderbare Wirkungen erzielen, nachdem du allerdings zuvor unter den Ausbrüchen der Aufregung, die es hervorruft, wirst gelitten haben; wenn du aber stark genug bist, diese vorübergehende Nervenanspannung deiner Frau auszuhalten, wirst du bald sehen, wie ihre künstlich hervorgerufene Kraft wieder schwindet. Die Frauen wollen im allgemeinen schnell leben, aber wenn die Stürme ihrer sinnlichen Aufregungen verbraust sind, kommen Windstillen, die für das Glück eines Ehemanns beruhigend sind.
    Beweist nicht Jean-Jacques durch seine wundervolle ›Julie‹ deiner Frau, daß sie eine unendliche Anmut sich aneignen wird, indem sie ihren zarten Magen und ihren göttlichen Mund nicht dadurch entehrt, daß sie unedle Stücke Rindfleisch und riesige Hammelkeulen zu Speisesaft verarbeitet? Gibt es auf der Welt etwas Reineres, als die interessanten, stets frischen und geruchlosen Gemüse, die farbenprangenden Früchte, den Kaffee, die duftende Schokolade, Atalantas goldene Äpfel: die Orangen, Arabiens Datteln, die Brüsseler Zwiebäcke? Diese Speisen sind gesunde und liebliche Nahrung, mit der man befriedigende Erfolge erzielt, während sie zugleich einer Frau eine gewisse geheimnisvolle Originalität verleiht. Sie erlangt durch ihre Diät in ihren Kreisen eine kleine Berühmtheit – wie durch eine Toilette, durch eine gute Tat oder durch ein witziges Wort. Pythagoras muß ihre Leidenschaft sein, wie wenn Pythagoras ein Pudel oder ein Äffchen wäre.
    Begehe niemals die Unvorsichtigkeit gewisser Männer, die, um sich den Anstrich eines starken Geistes zu geben, den weiblichen Glauben bekämpfen: daß man sich seinen guten Wuchs erhalte, indem man wenig esse. Frauen, die Diät halten, werden nicht fett – das ist klar und unumstößlich; darüber kommt niemand hinweg. Preise deiner Gattin die Kunst, womit Frauen von berühmter Schönheit sich diese zu erhalten wußten, indem sie mehrere Male täglich in Milch oder in einem Wasser badeten, das durch eigentümliche Zusätze die Haut zarter machte, indem es das Nervensystem schwächte.
    Vor allen Dingen bitte sie im Interesse ihrer für dich so kostbaren Gesundheit auf das dringendste, sich aller Abwaschungen mit kaltem Wasser zu enthalten; stets sei heißes oder laues Wasser der wichtigste Bestandteil bei ihren Abspülungen aller Art.
    Broussais wird dein Abgott sein! Beim geringsten Unwohlsein deiner Frau und unter jedem nur einigermaßen stichhaltigen Vorwande läßt du ihr tüchtig Blutegel ansetzen; laß sogar von Zeit zu Zeit dir selber ein paar Dutzend setzen; um dadurch in deinem Hause dem System des berühmten Doktors mehr Autorität zu verleihen. In deiner Eigenschaft als Ehemann bist du verpflichtet, deine Frau stets zu rot zu finden; versuche sogar, ihr von Zeit zu Zeit das Blut in den Kopf zu treiben, um daraus das Recht abzuleiten, in gewissen Augenblicken eine Abteilung Blutegel in deine Wohnung

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