Picasso kann jeder
auf seine Fragen zur Sexualität bekommt, sondern auf den Klapperstorch verwiesen wird. Das kann man sich vorstellen. Neugier muss sich lohnen.
Fazit: Sie wissen aus Kapitel 2 und 3, was Kreativität ist, und wollen sie verwirklichen. Hier haben Sie überprüft, ob Sie die Kreativität auch mögen; gegebenenfalls müssen Sie emotionale Schranken gegenüber der Kreativität noch abbauen.
5. Der Schaffensdrang
Was treibt die Erfinder zu ihrer Leistung an? Was motiviert sie, so viel Energie in ein Projekt mit ungewissem Ausgang zu investieren? Mit einer Idee ist es nicht getan, sie muss ausgearbeitet und durchgesetzt werden. Von Thomas Alva Edison stammt der berühmte Satz: »Genie ist zu einem Prozent Inspiration und zu 99 Prozent Transpiration.«
Der kreative Schaffensdrang kann aus verschiedenen Motivationen bzw. Situationen erwachsen:
Die Notlage
Der Antrieb zur kreativen Leistung kann ein Mangel, eine Notlage sein. So gibt es etwa den Arzt, der seiner Frau helfen möchte, die als unheilbar erkrankt diagnostiziert wurde, und energisch forscht, um eine heilende Therapie für sie zu finden. In der Not muss der Schüler eine kreative Ausrede finden, warum er die Hausaufgaben nicht gemacht hat. Die Hausfrau muss kreativ mit den vorhandenen Lebensmitteln kochen, nachdem ihr Mann überraschend Gäste eingeladen hat. Wenn etwas lästig ist oder wenn es etwas nicht gibt, das man sich wünscht, das man vermisst oder dringt braucht, führt das oft zu Erfindungen:
Johann Carl Weck (1841 – 1914) kaufte ein bestehendes Patent zum Gemüseeinkochen. Als Abstinenzler war ihm die Möglichkeit sehr willkommen, Gemüse ohne Alkoholzusatz haltbar zu machen. Er gründete mit Georg van Eyck (1869 – 1951) eine Firma und produzierte dann die heute bekannten Weckgläser. Die Erfindung stammt von Rudolf Rempel (1859 – 1893), der 1892 das Patent zum Haltbarmachen von Lebensmitteln durch Erhitzen erhielt, das Weck 1895 dann kaufte.
Die Tendenz, der Gewohnheit zu folgen, also alles wie immer zu machen, kann durch die Notlage aufgehoben werden. Für die Innovation stehen nun Ressourcen zur Verfügung, Zeit im privaten Bereich oder im Beruf, private oder auch öffentliche Mittel.
Das körperliche Leiden
Viele bedeutende Werke der Kultur – besonders in den Künsten – sind bei starkem körperlichem Leiden geschaffen worden. Als Friedrich Schiller den Wallenstein schrieb, war er todkrank. Er hat seinem Körper dieses Werk geradezu abgerungen. In seinen Briefen schildert Vincent van Gogh, wie sehr er unter seinen Lebensumständen litt, und dennoch schuf er in seinen letzten Lebensjahren etliche unschätzbare Meisterwerke.
Durchaus kann Leiden Antrieb zum künstlerischen Schaffen werden. Die kreative Tätigkeit lenkte van Gogh sogar von seinem körperlichen Leiden ab, auch wenn sie von ihm gleichzeitig als sehr anstrengend empfunden wurde. Körperliches und seelisches Leiden werfen den Menschen aus den Bahnen normaler Alltagsverrichtungen, normaler Sozialkontakte und entfernen ihn von den Sorgen, Nöten und Plänen der normalen Menschen. Die Gedanken konzentrieren sich mehr auf existenzielle Fragen.
Natürlich wird der eigene Tod präsenter; und der Wunsch, unsterbliche Werke zu schaffen, kann ein Aufbäumen gegen den vorausgeahnten Tod sein. Manchmal kommt der Wunsch auf, das eigene Leben noch bedeutungsvoll zu machen. »Das kann noch nicht alles gewesen sein«, meinte auch der lebensbedrohlich an Krebs erkrankte Theater- und Filmregisseur Christoph Schlingensief (geb. 1960) in Bezug auf sein bisheriges Werk und nutzte seine Arbeitskraft sogar intensiver als in den gesunden Jahren. Ein »Operndorf« in Burkina Faso wird auch nach seinem Tod an seine Kreativität erinnern. Am 21. August 2010 ist er verstorben.
Der psychische Konflikt
Wenn Menschen für ein Projekt freiwillig und mit größtem Einsatz arbeiten, sollten wir annehmen, dass sie ein tieferliegendes Motiv dafür haben. Das gilt auch für kulturelles Schaffen und kreative Projekte. In der Psychologie und der Psychoanalyse finden sich viele Versuche, die Motive für die kulturellen Beiträge berühmter Personen aufzuspüren.
Manchmal hat der Schaffensprozess therapeutische Wirkung, so vielleicht bei Künstlern mit seelischen Erkrankungen, die in der Externalisierung von seelischen Vorgängen auf dem Zeichenblatt versuchen, Ordnung in ihr Seelenchaos zu bringen (vgl. Kraft 2005). Ein Beispiel dafür ist der Künstler Adolf Wölfli (1864 – 1930), der nicht nur fast
Weitere Kostenlose Bücher