Picasso kann jeder
Fremdwort, das wahrscheinlich niemand in der Spielrunde kennt. Nun müssen alle eine Bedeutung dafür erfinden. Jeder stellt seine Erfindung in der Runde vor, und alle versuchen herauszufinden, was korrekt sein könnte. Der Spieler, dessen Lösung von den meisten Mitspielern für richtig gehalten wurde, hat die Runde gewonnen. Man kann auch noch einen Punkt für die originellste Lösung geben. Bei dem Spiel geht es nicht nur um irgendwelche , sondern um gelungene Einfälle, die die anderen Spieler überzeugen, also wirklich um eine »neue und nützliche« Lösung.
Ein zweites Spiel ist sogar noch etwas schwieriger. Ein Spieler sucht eine Redewendung oder ein berühmtes Zitat aus und schreibt sie bzw. es auf. Ein anderer Spieler muss es so in einer Geschichte unterbringen, dass die Mitspieler das Zitat nicht erkennen. Zum Erfinden der geeigneten Geschichte gehört ein erhebliches Maß an Kreativität.
Ein Beispiel: Der vorgegeben Satz lautet: »Ich bin ein Berliner.« Dazu könnte man folgende Geschichte erfinden, die den Satz versteckt:
Ein Mann kommt in die Bäckerei und bestellt einen »Amerikaner«. Die hübsche Verkäuferin scherzt mit ihm und antwortet: »Ich bin ja auch aus Amerika.« Der Mann flirtet mit und sagt: »Ich bin ein Berliner, aber ich esse für mein Leben gern Amerikaner.« Und jetzt muss nur noch – mit einem Schmunzeln – eine gewinnende Ablenkung eingebracht werden: »Hoffentlich ein Genuss ohne Reue.«
Kreatives Problemlösen kann man natürlich auch üben. Viele Rätsel sind nur mit dem kreativen Einfall zu lösen. Es gibt legendäre Kreuzworträtsel (etwa in der »Zeit«), bei denen man, um sie zu lösen , die Fähigkeit haben muss, die Rätselfragen kreativ umzudeuten.
Hier sind nicht alle möglichen Bereiche von Kreativität in unserer Umwelt genannt; von Musik verstehe ich zu wenig, um gute Beispiele geben zu können; andere Bereiche sind recht speziell und werden daher nicht aufgeführt. Wenn Sie mit den genannten Beispielen bislang wenig zu tun hatten, hat das keine Bedeutung. Sie müssen diese Bereiche auch nicht unbedingt mögen. Suchen Sie sich eigene Felder der Kreativität, die Sie schätzen.
Denkschranken
Wenn man solche Bereiche der Innovation wenig beachtet und weniger mag, ist man vielleicht zu stark durch Denkschranken »infiziert«, die unsere Gesellschaft errichtet. Da gibt es religiöse Denkschranken: Man soll ja noch nicht einmal den begehrlichen Blick auf die hübsche Nachbarin lenken. Die religiöse Erziehung kann alles Neue und Abweichende als gefährlich erscheinen lassen. Die Gefahr der »Übertretung« lauert überall. Das Gleiche gilt für »politische Korrektheiten« , die in steigendem Maße im Schulunterricht und im Fernsehen aufgebaut werden. Die ganz großen Entdeckungen unserer Kultur, wie etwa die Evolutionstheorie oder Keplers Erkenntnisse über die Planetenbewegungen, konnten (religiöse) Denkverbote überwinden. Aber immer noch stellen sich der Evolutionstheorie Denkverbote entgegen: So ist in den USA der Kreationismus als eine Anti-Evolutionstheorie weit verbreitet.
Beispiele, die Denkverbote zeigen, können durchaus unkorrekt und unmoralisch sein – mir kommt es hier nur darauf an, zu zeigen, wo solche Verbote bestehen. Könnten wir nicht für Chinas Ein-Kind-Politik dankbar sein oder das Land für seine internationale Verantwortung loben, statt uns nur darin zu gefallen, dass wir dort die Beachtung von Menschenrechten einfordern? Ich glaube, das Erstaunen wäre groß gewesen, wenn der chinesische Staatschef bei einem Amerikabesuch in der Bush-Ära die Folter durch Beinahe-Ertränken (»Waterboarding«) verurteilt hätte.
Die politische Korrektheit führt zu kuriosen Widersprüchen im Sprachgebrauch. Gegenüber Migranten sollen die Menschen tolerant sein und Verständnis zeigen, gegen Rechtsextremismus soll man aber »null Toleranz« und kein Verständnis zeigen. Aber könnte man nicht Rechtsextreme insofern zu verstehen versuchen, als man zu sehen versucht, wie sie zu ihren Anschauungen gekommen sind?
Dass unsere Jugend eher konventionell denkt, mag an der Vielzahl solcher Denkverbote liegen. Nehmen wir ein Beispiel wie die Frage: »Gibt es Unterschiede in der Intelligenz zwischen den Menschenrassen?« (Oder Ethnien, Rushton 2005). Diese Frage kann man untersuchen und diskutieren. Meine junge Tutorin will das Buch zu diesem Thema aber gar nicht erst lesen, weil sie fürchtet, Informationen aufzunehmen, die ihr nicht nützlich sind!
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