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Picknick auf dem Eis (German Edition)

Picknick auf dem Eis (German Edition)

Titel: Picknick auf dem Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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beugte sich über den Tisch, fand einen Bleistift und einen Zettel und schrieb seine Telefonnummer auf.
    »Da«, er gab dem Arzthelfer den Zettel. »Ruf an und sag mir, wo er ist…«
    Der Arzthelfer nickte.
    »Kommen Sie! » rief er dem alten Mann zu.
    Der Alte wurde ganz zappelig, lief mit unsicheren Schritten in die Küche, kam zurück, irgendwas klapperte in seiner zittrigen Hand.
    »Witja«, sagte er. »Nimm die Schlüssel, schließ nachher ab.«
    Der Arzthelfer und der Sanitäter warteten geduldig, bis Pidpalyj sich angezogen hatte. Dann führten sie ihn hinaus, nicht als wäre er krank, eher als sei er verhaftet.
    Allein in der fremden Wohnung saß Viktor noch lange am Tisch, atmete die stickige staubige Luft, in der ein ekelerregender Geruch von warmer Feuchtigkeit hing. Er war nicht ganz bei sich. Schließlich stand er auf, aber die Wohnung zu verlassen, hatte er auch keine Lust. Sie erschien ihm wie eine heimatliche Ruine, irgendwas rief sein aufrichtiges Bedauern hervor. Offensichtlich hatte sich die Hilflosigkeit des Besitzers auf die Wände übertragen und nun schien alles hilflos und verwaist.
    Bevor er ging, wusch er das Geschirr in der Küche ab und räumte ein bißchen auf. ›Wenn er zurückkommt, soll er wenigstens ein paar Tage lang in einer relativen Ordnung leben…‹, dachte er, als er die Tür hinter sich abschloß.
    Abends rief der namenlose Arzthelfer an.
    »Der Alte macht es nicht mehr lange, er hat Krebs…«, sagte er.
    »Und wo liegt er?«
    »Im Oktoberkrankenhaus, auf der Onkologie, fünfter Krankensaal.«
    »Danke«, sagte Viktor und legte auf.
    Ihm war traurig zumute. Er sah Sonja an.
    Sonja fing seinen Blick auf und fragte: »Gehen wir heute auf den Platz spazieren?«
    »Erst mal werden wir Abendbrot essen«, sagte Viktor auf dem Weg zur Küche.
    43
     
    Nach ein paar Tagen brachte der Bote ein neues Paket mit Dossiers vom Chef. Als Viktor sie durchlas, begriff er, daß er es jetzt mit Militärs zu tun hatte, und zwar mit den höheren Rängen. Die Zahl der Anwärter für Nekrologe betrug etwa zwanzig. In allen Personenbeschreibungen stimmten die Sehnsucht nach der Vergangenheit und der Waffenhandel überein. Außerdem bei denen, die bereits höher aufgestiegen waren, der Transport von illegalen Emigranten mit Militärhubschraubern über die ukrainisch-polnische Grenze und die Einwegverpachtung von Transportflugzeugen. Je weiter – desto lustiger. Aber eins unterschied diese ganze Kohorte von den vorherigen Anwärtern. Viktor legte die Blätter beiseite und überlegte. Er sah aus dem Fenster, draußen herrschte immer noch tiefer Winter. Wieder nahm er die Blätter zur Hand. – Genau! Das war es! Alle diese Generäle, Obersten und Majore waren moralisch einwandfrei, alle waren gute Ehemänner und Väter.
    Nachdem er noch einmal die Charakteristiken durchgelesen hatte, stellte sich Viktor ernsthaft auf die Arbeit ein, setzte Teewasser auf und zog die Schreibmaschine unter dem Tisch hervor.
    Als er ungefähr zwei Stunden konzentriert gearbeitet hatte, klingelte das Telefon. Sergej, der Revierpolizist, rief an.
    »Hör zu, ich habe mit meiner Nichte gesprochen. Sie ist einverstanden. Wenn du nichts dagegen hast, komme ich mit ihr in einer halben Stunde vorbei…«
    »Na, sehr gut!« sagte Viktor.
    Es wurde schon dunkel. Ein früher Winterabend neigte sich über die Stadt. Viktor schob die Arbeit zur Seite und ging ins Wohnzimmer, wo Sonja mit ihrer Barbie spielte.
    »Wo ist Mischa?« fragte Viktor.
    »Im anderen Zimmer«, antwortete sie.
    »Sonja«, begann Viktor, »gleich kommt eine junge Tante zu uns, sie wird dein Kindermädchen…«
    Viktor verstummte, er spürte selbst, wie ungeschickt seine Worte waren.
    »Onkel Witja«, unterbrach Sonja die Pause, »spielt sie dann auch mit mir?«
    »Ja.« Viktor nickte. »Ganz bestimmt.«
    »Und wie heißt sie?« fragte das Mädchen.
    »Weiß ich nicht«, gestand Viktor. »Sie ist eine Nichte von Onkel Sergej, bei dem wir Neujahr gefeiert haben…«
    Plötzlich klingelte es an der Haustür. Für Sergej ist es eigentlich noch zu früh, dachte Viktor, als er auf die Uhr sah und aufstand. Aber es waren die beiden.
    »Das ist Nina!« stellte Sergej seine Nichte vor, als sie sich im Flur die Jacken auszogen.
    Viktor stellte sich ebenfalls vor, nahm Ninas Jacke und hängte sie auf einen Bügel.
    »Das ist Sonja«, sagte er zu Nina, als sie sich im Wohnzimmer niedergelassen hatten.
    Nina lächelte dem Mädchen zu.
    »Und das ist Nina«, sagte Viktor

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