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Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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zum Trocknen auf, setzte mich dann auf die Bettkante und verbrachte eine gemütliche halbe Stunde gemeinsam mit dem Rest der Stube damit, Katz bei seinem verbissenen Kampf, in die Koje zu gelangen, zuzuschauen. Es wurde alles geboten, tiefes Grunzen, zappelnde Beine, Flüche und Aufforderungen an die Zuschauer, sie könnten ihn gefälligst mal am Arsch lecken. Ich konnte von meinem Platz aus allerdings nur seinen enormen Hintern und seine Gliedmaßen erkennen.
    Seine Haltung ließ an einen Schiffbrüchigen denken, der sich an einem in der rauhen See treibenden Wrackteil festhielt, oder an jemanden, der von einem Wetterballon, den er gerade hatte starten wollen, unerwarteterweise in die Luft hochgehoben worden war – auf alle Fälle an jemand, der sich in einer gefährlichen Situation ans Leben klammerte. Ich packte mein Kissen, ging zu ihm und fragte ihn, warum er nicht einfach mein Bett nahm.
    Sein Gesicht war erhitzt und zerfurcht, ich bin mir nicht einmal sicher, ob er mich in diesem Moment erkannte. »Weil Wärme nach oben steigt, deswegen«, sagte er, »und wenn ich oben bin -falls es je dazu kommen sollte –, dann lasse ich mich schön rösten.« Ich nickte zustimmend – wenn Katz aus der Puste war oder sich in etwas verbissen hatte, war es sinnlos, vernünftig mit ihm zu diskutieren – und nutzte die Gelegenheit, heimlich unsere Kissen zu tauschen.
    Als das Bild des Jammers einfach nicht mehr zu ertragen war, schubsten wir Katz zu dritt hoch. Er plumpste schwer auf, wobei die Holzbretter beängstigend knackten, was den armen stillen Manninder Koje darunter in Panik versetzte. Dann verkündete Katz, er werde sich so lange nicht vom Fleck rühren, bis aller Schnee geschmolzen sei und der Frühling in den Bergen Einzug gehalten habe. Damit kehrte er uns den Rücken zu und schlief ein.
    Ich stapfte durch den Schnee hinüber in den Waschraum, aus purer Lust, in eisiges Wasser zu patschen, begab mich dann zu dem Laden und lungerte mit einem halben Dutzend anderer Leute um den Ofen herum. Was sollte man sonst machen? Ich verdrückte zwei Teller Chili, die Spezialität des Hauses, und lauschte der allgemeinen Unterhaltung. Sie wurde zwar hauptsächlich von Buddy und Jensine bestritten, die über die Gäste des Vortags meckerten, aber es tat gut, mal andere Stimmen als die von Katz zu hören.
    »Die hättet ihr mal sehen sollen«, sagte Jensine angewidert und zupfte sich einen Tabakkrümel von der Lippenspitze. »Kein Bitte, kein Danke. Nicht wie ihr, Leutchen. Ihr seid ja die reinste Frischzellenkur dagegen, könnt ihr mir glauben. Und die Schlafbaracke haben sie in einen regelrechten Schweinestall verwandelt. Stimmt’s, Buddy?« Sie gab das Kommando an Buddy weiter.
    »Hat mich eine Stunde Saubermachen heute morgen gekostet«, sagte er verbittert. Die Bemerkung verblüffte mich, denn die Schlafbaracke sah aus, als hätte sie in den letzten 100 Jahren keinen Besen gesehen. »Auf dem Boden waren überall Pfützen, und einer, ich weiß nicht wer, hat ein verdrecktes altes Baumwollhemd dagelassen, das einfach ekelhaft war. Und obendrein haben sie alles Brennholz verbraucht. Gestern habe ich das Holz von drei Tagen Holzhacken reingeschafft, und die haben alle Scheite verbrannt.«
    »Wir waren heilfroh, als sie abgehauen sind«, sagte Jensine. »Heilfroh. Die waren nicht wie ihr, Leutchen. Ihr seid ja die reinste Frischzellenkur dagegen, könnt ihr mir glauben.« Dann zog sie von dannen, -weil das Telefon klingelte. Ich saß neben einem der drei Studenten von der Rutgers Umversity, denen wir seit dem zweiten Tag immer wieder über den Weg gelaufen waren. Sie hatten jetzt eine Hütte für sich, aber die Nacht davor hatten sie in der Schlafbaracke verbracht. Er beugte sich zu mir herüber und raunte mir im Flüsterton zu: »Das gleiche hat sie gestern über die Leute gesagt, die vorgestern hier waren. Und morgen sagt sie das gleiche über uns. Gestern abend waren wir 15 in der Schlafbaracke.«
    »15?« wiederholte ich entgeistert. Mit zwölf war es ja schon kaum noch erträglich. »Wo haben denn die überzähligen drei gepennt?«
    »Auf dem Boden. Und mußten trotzdem die elf Dollar abdrücken. Wie schmeckt dir das Chili?«
    Ich sah auf meinen Teller, als hätte ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht, und es stimmte, ich hatte mir tatsächlich noch keine Gedanken über das Essen gemacht. »Eigentlich grauenvoll.«
    Er nickte. »Warte ab, wenn du es erstmal zwei Tage hintereinander gegessen hast.«
    Auf dem Weg

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