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Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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tatsächlich ein höchst beschwerlicher Weg.
    Als ich wieder zur Hütte kam, war Katz aufgestanden, bewegte sich langsam, gab sich dem allmorgendlichen Stöhnen und Räkeln hin. Jim studierte seine Karten, die viel genauer waren als meine. Ich hockte mich neben ihn, und er machte Platz, damit ich auch etwas sehen konnte. Bis Wallace Gap und zu einer asphaltierten Straße, der alten U.S. 64, waren es 9,8 Kilometer. Anderthalb Kilometer weiter die Straße entlang lag der Rambow Spring Campground, ein Campingplatz mit Duschen und einem Laden. Ich hatte keine Ahnung, wie schwierig es sein würde, zehn Kilometer durch den tiefen Schnee zu wandern, und ich konnte auch nicht darauf bauen, daß der Platz zu dieser Jahreszeit bereits geöffnet war. Dennoch war klar, daß diese Schneemassen in den kommenden paar Tagen nicht schmelzen würden, und irgendwann mußten wir ja sowieso gehen, warum dann nicht gleich jetzt, wo es noch hübsch und ruhig war. Wer weiß, was passieren würde, wenn ein neuer Schneesturm einsetzte und wir dann erst recht aufgeschmissen wären.
    Jim hatte beschlossen, daß er und Heath uns die ersten paar Stunden begleiten und dann auf einen Nebenwanderweg abbiegen würden, den Long Branch, der auf 2,7 Kilometern steil in eine Schlucht hinabführte und an einem Parkplatz endete, auf dem sie ihren Wagen abgestellt hatten. Jim war den Long Branch Trail bereits mehrere Male entlanggewandert und wußte, was auf ihn zukam. Trotzdem gefiel mir schon der Name nicht, und ich fragte Jim zögerlich, ob es wirklich gut sei, einen wenig benutzten Nebenweg zu gehen, unter wer weiß was für Bedingungen, wo niemand sie finden würde, wenn er und sein Sohn in Gefahr gerieten. Katz pflichtete mir zu meiner Erleichterung bei. »Auf dem AT sind wenigstens immer noch andere Leute«, sagte er. »Auf den Nebenwegen weiß man nie, was einem passieren kann.« Jim überlegte kurz und sagte, sie würden zurückkommen, wenn es zu brenzlig werden würde.
    Katz und ich gönnten uns zwei Tassen Kaffee, um warm zu werden, und Jim und Heath gaben uns von ihren Haferflocken ab, was Katz in Hochlaune versetzte. Dann machten wir uns alle vier auf den Weg. Es war kalt, und das Gehen fiel schwer. Das Gewölbe aus tiefhängenden Rhododendronbüschen, das sich über lange Wegstrecken hinzog, war zwar ausnehmend hübsch anzusehen, aber wenn der Rucksack die Zweige streifte, entluden sich Schneemassen auf unsere Köpfe und rutschten in den Nacken hinunter. Die drei Erwachsenen gingen abwechselnd voran, denn die erste Person bekam immer das meiste ab und mußte zudem noch die Spur im Schnee austreten, was ziemlich anstrengend war.
    Der Long Branch Trail führte steil zwischen Fichten bergab, für mein Empfinden zu steil, um ihn wieder hochzuklettern, wenn sich der Weg als unpassierbar erwies, und so sah er aus. Katz und ich bedrängten Jim und Heath, sich die Sache noch einmal zu überlegen, aber Jim meinte, der Weg ginge nur bergab und sei gut markiert und er sei sicher, daß nichts passieren werde. »Wißt ihr, was heute für ein Tag ist?« sagte Jim plötzlich und lieferte auch gleich die Antwort, als er unsere fragenden Mienen sah. »Der 21. März.«
    Unsere Mienen blieben unverändert.
    »Frühlingsanfang«, sagte er.
    Wir mußten über diese Ironie des Schicksals lachen, dann gaben wir uns die Hand, wünschten uns gegenseitig gutes Gelingen und trennten uns. Katz und ich stiefelten noch drei Stunden schweigsam durch den kalten, verschneiten Wald und wechselten uns beim »Schneepflügen« ab. Gegen ein Uhr kamen wir schließlich an die alte U.S. 64, eine abgeschiedene, stillgelegte zweispurige Straße quer durch die Berge. Sie war nicht geräumt worden, und man sah keine Reifenspuren. Es fing wieder an zu schneien, und die Flocken fielen ganz gleichmäßig, was sehr hübsch aussah. Wir folgten der Straße Richtung Campingplatz und waren gerade einige hundert Meter weit gegangen, als wir hinter uns das knirschende Geräusch eines schweren Kraftfahrzeuges vernahmen, das sich vorsichtig seinen Weg durch den Schnee bahnte. Wir drehten uns um und sahen ein großes jeepähnliches Gefährt auf uns zurollen. Das Fenster an der Fahrertür glitt herunter. Es waren Jim und Heath. Sie wollten uns nur Bescheid geben, daß sie es geschafft hatten, und sie wollten wissen, wie es uns ergangen sei. »Wir können euch zum Campingplatz mitnehmen, wenn ihr möchtet«, sagte Jim.
    Wir stiegen dankbar ein, verschmutzten das schöne Auto mit reichlich Schnee und

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