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Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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konnten, dann brauchten wir ihn auch nicht ganz zu wandern – ein Gedanke, der an Anziehungskraft gewann, je mehr wir uns mit ihm vertraut machten. Die Schinderei, die uns noch bevorgestanden hätte – das ermüdende, wahnsinnige, eigentlich sinnlose Unterfangen, jeden Zentimeter des steinigen Wegs zwischen Georgia und Maine abzugehen –, war von uns genommen. Ab jetzt konnten wir die Sache locker angehen.
    Am nächsten Morgen breiteten wir unsere Karten auf dem Bett in meinem Motelzimmer aus und wogen die verschiedenen Möglichkeiten ab, die uns plötzlich offenstanden. Wir kamen zu dem Schluß, nicht in Newfound Gap wieder loszuwandern, wo wir den Trail verlassen hatten, sondern ein Stück weiter, an einer Stelle, die sich Spivey Gap nannte, in der Nähe von Ernestville. Das brachte uns auf die andere Seite der Smokies – weg von den überfüllten Schutzhütten und den starren Vorschriften – zurück in eine Welt, in der wir uns ungezwungener bewegen konnten. Ich holte mir die Gelben Seiten und schlug unter Taxiunternehmen nach. Es gab drei in Gatlinburg. Ich rief gleich das erste an.
    »Wieviel kostet eine Fahrt für zwei Personen nach Ernestville?« erkundigte ich mich.
    »Weiß nich«, lautete die Antwort.
    Das brachte mich etwas aus dem Konzept. »Fragen wir mal so: Wieviel glauben Sie, daß es kostet?«
    »Weiß nich.«
    »Es ist nicht so weit von hier.«
    Es folgte ein beharrliches Schweigen, dann sagte die Stimme: »Jawoll.«
    »Haben Sie noch nie jemanden dahingebracht?«
    »Nö.«
    »Nach meiner Karte zu urteilen sind es etwas über 30 Kilometer. Glauben Sie, daß das ungefähr hinkommt?«
    Wieder Schweigen. »Könnte sein.«
    »Und wieviel kosten bei Ihnen 30 Kilometer?«
    »Weiß nich.«
    Ich sah wütend den Hörer an. »Entschuldigen Sie, aber ich muß es einfach loswerden: Sie sind wirklich dümmer, als die Polizei erlaubt.«
    Ich legte auf.
    »Vielleicht sollte ich mich da nicht einmischen«, setzte Katz nachdenklich an, »aber ich könnte mir vorstellen, daß das nicht gerade der sicherste Weg zu prompter und freundlicher Bedienung ist.«
    Ich rief das nächste Taxiunternehmen an und fragte, wieviel eine Fahrt nach Ernestville kosten würde.
    »Weiß nich«, sagte die Stimme.
    Nein, nicht schon wieder, dachte ich.
    »Was wollen Sie denn da?« verlangte der Mann zu wissen.
    »Wie bitte?«
    »Was Sie in Ernestville wollen? Da ist doch nichts los.«
    »Eigentlich wollen wir nach Spivey Gap. Es ist nämlich so - wir wandern den Appalachian Trail entlang.«
    »Nach Spivey Gap sind es noch mal acht Kilometer.«
    »Ja, ich weiß, ich wollte nur ungefähr wissen…«
    »Das hätten Sie gleich sagen sollen, weil, nach Spivey Gap sind es noch mal acht Kilometer.«
    »Na gut. Wieviel würde es denn nach Spivey Gap kosten?«
    »Weiß nich.«
    »Entschuldigen Sie, aber kann es sein, daß sich Taxifahrer in Gatlinburg besonders blöd anstellen müssen, um ihre Lizenz zu kriegen?«
    »Was?«
    Ich legte wieder auf und sah Katz an. »Was ist los mit dieser Stadt? Mein Nasenpopel ist intelligenter als dieser lahme Haufen.«
    Ich rief das dritte und letzte Taxiunternehmen an und fragte, wie teuer eine Fahrt nach Ernestville sei.
    »Wieviel können Sie denn zahlen?« blaffte mich eine lebhafte Stimme an.
    Endlich mal jemand, mit dem man Tacheles reden konnte. Ich mußte grinsen und sagte. »Ich weiß nicht. Einen Dollar 50?«
    Ein verächtliches Schnauben war zu hören. »Also ein bißchen teurer wird es schon.« Es folgten eine Pause und das Knarren eines Stuhls, in den sich jemand zurücklehnte. »Es kommt natürlich drauf an, was auf dem Taxameter steht, aber ich schätze mal, es sind so um die 20 Dollar. Wozu wollen Sie eigentlich nach Ernestville?«
    Ich erklärte ihm das mit Spivey Gap und dem Appalachian Trail.
    »Appalachian Trail? Sie sind wohl übergeschnappt. Wann wollen Sie los?«
    »Ich weiß nicht. Wie war’s jetzt gleich?«
    »Wo sind Sie gerade?«
    Ich nannte ihm den Namen des Motels.
    »Ich bin in zehn Minuten da. 15 Minuten höchstens. Wenn ich in 20 Minuten nicht da bin, dann machen Sie sich ohne mich auf den Weg, und wir treffen uns dann in Ernestville.« Er legte auf. Wir hatten nicht nur einen Fahrer gefunden, wir hatten einen Komiker entdeckt.
    Während wir auf einer Bank draußen vor dem Motel warteten, zog ich mir eine Ausgabe des Nashville Tennessean aus einem Automaten, nur so, weil ich wissen wollte, was so in der Welt vor sich ging. In dem Leitartikel der Zeitung wurde darauf

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