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Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Erlebnis der Wildnis bot, das Benton MacKaye im Auge gehabt hatte. Wieder einmal war der AT bedroht.
    Dann wollte es der Zufall, daß Amerika einen Innenminister bekam, der selbst begeisterter Wanderer war, Stewart Udall. In seiner Amtszeit wurde 1968 der National Trails System Act verabschiedet, ein ehrgeiziges und weitreichendes Gesetzesvorhaben, das größtenteils nie verwirklicht worden ist. Es sah neue Wanderwege in einer Gesamtlänge von 40.000 Kilometer kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten vor, von denen die meisten allerdings nie gebaut wurden. Das Gesetz brachte aber immerhin den Pacific Crest Trail hervor und sicherte die Zukunft des AT, indem er ihn zum de facto National Park erklärte. Außerdem gewährte es Finanzmittel, 170 Millionen Dollar seit 1978, für den Erwerb von Land, um wenigstens eine Art Wildnis-Pufferzone links und rechts des Wegesrands zu gewährleisten. Heute verläuft fast der gesamte Weg durch geschützte Wildnis, nur 33 Kilometer, knapp ein Prozent der Strecke, führen über öffentliche Straßen, meistens über Brücken, da, wo der Weg Ortschaften durchquert.
    In den 50 Jahren nach Shaffers Wanderung haben etwa 4.000 Menschen diesen Kraftakt unternommen. Unter den Wanderern, die den Trail von Anfang bis Ende gehen, gibt es zwei Typen, einmal diejenigen, die ihn in einer einzigen Saison hinter sich bringen, die sogenannten »Weitwanderer«, und diejenigen, die den Weg portionsweise gehen, die »Etappenwanderer«. Der Rekord für die längste Etappenwanderung liegt bei 46 Jahren. Die Appalachian Trail Conference erkennt Geschwindigkeitsrekorde nicht an, mit der Begründung, dies widerspräche der Grundidee. Das hält die Leute jedoch nicht davon ab, es trotzdem zu versuchen. In den 80er Jahren ging ein gewisser Ward Leonard mit voll bepacktem Rucksack und ohne Helfermannschaften den Weg in 60 Tagen ab – eine unglaubliche Leistung, wenn man bedenkt, daß man für die gleiche Entfernung mit dem Auto etwa fünf Tage braucht. Im Mai 1991 traten der »Extremläufer« David Horton und der »Extremwanderer« Scott Grierson gegeneinander an und gingen im Abstand von zwei Tagen los. Horton hatte auf der gesamten Strecke ein Netz von Helfermannschaften gespannt, die an Straßenkreuzungen und anderen strategischen Punkten auf ihn warteten, so daß er beim Wandern nur eine Flasche Wasser mitzuführen brauchte. Jeden Abend wurde er mit einem Auto in ein Motel gefahren oder privat untergebracht. Er legte pro Tag durchschnittlich 61,6 Kilometer zurück, das sind zehn bis elf Stunden Dauerlauf. Grierson dagegen ging ausschließlich zu Fuß, am Tag bis zu 18 Stunden. Am 39. Tag wurde er von Horton in New Hampshire überholt, der sein Ziel in 52 Tagen und neun Stunden erreichte. Grierson kam zwei Tage später an.
    Alle möglichen Leute haben die Wanderung an einem Stück geschafft. Ein Mann war bereits über Achtzig, ein anderer ging an Krücken, und ein Blinder namens Bill Irwin ist den Weg zusammen mit seinem Blindenhund gewandert und unterwegs schätzungsweise 6.OOOmal hingefallen. Die berühmteste Person unter den Weitwanderern oder zumindest diejenige, über die am meisten geschrieben wurde, ist Emma »Grandma« Gatewood, die den Trail mit über sechzig Jahren bereits zweimal erfolgreich absolviert hat, obwohl sie eine sehr exzentrische Person ist, schlecht ausgerüstet war und sich sozusagen selbst im Weg stand – sie verirrte sich dauernd. Mein Lieblingskandidat ist jedoch Woodrow Murphy aus Pepperell, Massachusetts, der 1995 die Wanderung an einem Stück unternahm. Er hätte auch so meine Sympathie gehabt, schon weil er Woodrow heißt, aber ich bewunderte ihn um so mehr, als ich las, daß er 160 Kilo wog und sich auf den Weg machte, um Gewicht zu verlieren. In der ersten Woche schaffte er ein Tagespensum von acht Kilometern, aber er hielt durch, und im August, als er wieder zu Hause ankam, hatte er seine Tagesleistung auf 19 Kilometer gesteigert. Er hatte 24 Kilo abgenommen – nicht gerade viel bei dem Gesamtgewicht -und wollte im Jahr darauf die Wanderung wiederholen.
    Erstaunlich viele Weitwanderer kommen in Katahdin an, machen auf der Stelle kehrt und gehen den ganzen Weg nach Georgia noch mal zurück. Sie können einfach nicht aufhören mit dem Wandern, was einen dann doch stutzig macht. Es ist sogar so, daß man gar nicht mehr aus dem Staunen herauskommt, wenn man mehr über diese Weitwanderer liest. Nehmen wir zum Beispiel Bill Irwin, den Blinden. Nach seinem Abenteuer meinte

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