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Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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verliebt in Abflußkanäle –, blieb mir nichts anderes übrig, als auf der Straße zu gehen, mich dicht an der dreckigen Leitplanke zu halten und die weniger aufmerksamen Autofahrer zum Ausscheren zu zwingen. Vier Autofahrer hupten, weil ich die Frechheit besaß, mich ohne Blechkiste durch die Stadt fortzubewegen. Eine Brücke war so gefährlich, daß ich zögernd davor stehenblieb. Der Bach, den sie überspannte, war eigentlich nur ein verschilftes Rinnsal, schmal genug, um rüberzuspringen, was ich dann auch tat. Dabei rutschte ich aus und purzelte die Böschung hinunter. Ich fand mich in einem von oben nicht erkennbaren Streifen aus grauem, klebrigem Schlick wieder, schlug zweimal auf, kroch die andere Seite hinauf, fiel wieder hin und tauchte zum Schluß übersät mit Schlammstreifen und -flecken und mit apartem Kleiderschmuck in Form von Kletten wieder hervor. Als ich endlich zum Kmart Plaza kam, stellte ich fest, daß ich mich auf der falschen Straßenseite befand und in einem Spurt sechs Spuren feindlichen Verkehrs überwinden mußte. Auf der anderen Seite überquerte ich den Parkplatz und betrat die klimatisierten, mit Dudelmusik berieselten Hallen von Kmart. Ich war so dreckig, als käme ich direkt vom Appalachian Trail, und zitterte am ganzen Leib.
    Kmart hatte kein Insektenspray vorrätig.
    Ich machte kehrt und begab mich auf den Rückweg in die Stadt, aber diesmal ging ich mit einer irren Wut im Bauch querfeldein, über Wiesen und durch Gewerbegebiete. Ich riß mir die Jeans an einem Stacheldrahtzaun auf und machte mich noch schmutziger, als ich ohnehin schon war. Ich sah Katz, der auf der Wiese des Motels in einem Gartenstuhl in der Sonne saß, geduscht, in frisch gewaschener Kleidung und mit einer so behaglichen Miene, wie sie nur ein Wanderer haben kann, der zur Abwechslung in der Stadt ist und sich einen schönen Tag macht. Eigentlich war er dabei, seine Schuhe einzuwachsen, aber in Wahrheit saß er nur da, ließ die Welt an sich vorbeiziehen und erfreute sich an der Sonne. Er grüßte mich herzlich. In der Stadt war Katz immer wie ausgewechselt.
    »Meine Güte, wie siehst du denn aus!« rief er, als freute er sich über meine dreckigen Klamotten. »Wo warst du? Du bist ja eklig dreckig.« Er sah mich bewundernd von oben bis unten an und sagte dann mit ernster Stimme: »Hast du’s schon weder mit einem Stachelschwein getrieben, Bryson?«
    »Ha ha, sehr witzig.«
    »Diese Tiere sind nicht sauber, mußt du wissen, mögen sie einem nach vier Wochen Wandern auch noch so attraktiv erscheinen. Außerdem sind wir nicht mehr in Tennessee. Wahrscheinlich machst du dich hier sogar strafbar – jedenfalls ohne Bescheinigung vom Tierarzt.« Er klopfte auf den Stuhl neben sich und strahlte übers ganze Gesicht, zufrieden über seine Spöttelei. »Komm her. Setz dich und erzähl mir alles. Wie heißt sie denn? Domina?« Er beugte sich vertraulich zu mir herüber. »Hat sie viel gequiekt dabei?«
    Ich ließ mich nieder. »Du bist ja nur eifersüchtig.«
    »Bin ich nicht, wenn du es genau wissen willst. Ich habe nämlich heute auch jemanden kennengelernt. Im Waschsalon. Sie heißt Beulah.«
    »Beulah? Soll das ein Witz sein?«
    »Wäre schön, wenn es so wäre, aber es ist leider kein Witz.«
    »Wer heißt denn heutzutage noch Beulah?«
    »Sie zum Beispiel. Und nett ist sie auch noch. Nicht die Allerklügste, aber ziemlich nett, mit kleinen süßen Grübchen.« Er piekste sich mit zwei Fingern in die Wangen, um anzudeuten, wo die Grübchen waren. »Und sie hat einen sagenhaften Körper.«
    »Ach ja?«
    Er nickte. »Natürlich«, ergänzte er bedächtig, »ist er unter 100 Kilo wabbelnden Fetts verborgen. Aber zum Glück macht mir Körperfülle bei einer Frau nichts aus, solange man nicht gerade eine Mauer einschlagen muß, damit sie durch die Zimmertür paßt.« Er putzte sorgfältig seinen Schuh.
    »Und wie hast du sie kennengelernt?«
    »Also eigentlich«, hob er an und rutschte nervös an den Rand der Sitzfläche, als handele es sich um eine Geschichte, die es sich lohne weiterzuerzählen, »hat sie mich gefragt, ob ich mir mal ihr Höschen ansehen könnte.«
    Ich nickte. »Klar.«
    »Das Höschen hatte sich in der Trommel verfangen«, erklärte er.
    »Und sie hat es die ganze Zeit angehabt? Du hast gesagt, sie wäre nicht die Allerklügste.«
    »Nein. Sie wollte es waschen, aber der Gummizug hatte sich festgehakt, und sie bat mich, ihr dabei zu helfen, es herauszuholen. Übergröße«, fügte er nachdenklich

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