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Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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sofortigem Verweis im Falle von – ach, eigentlich allem möglichem. Ich füllte das Formular so gut es ging aus und reichte es der Rangerin hinter dem Fensterchen.
    »Sie wollen also den Trail entlangwandern«, stellte sie unvermutet scharfsinnig fest, nahm das Formular entgegen, ohne einen Blick darauf zu werfen, stempelte es routinemäßig ab und riß den Durchschlag ab, der als Erlaubnis dafür diente, den Grund und Boden zu betreten, der uns, theoretisch jedenfalls, sowieso gehörte.
    »Wir wollen es zumindest versuchen«, sagte ich.
    »Irgendwann muß ich auch mal in die Berge. Ich habe gehört, es soll wirklich sehr schön sein.«
    Für einen Moment war ich fassungslos. »Sie sind den Trail noch nie gegangen?« Aber Sie sind doch ein Ranger, wollte ich ergänzen.
    »Nein, leider nicht«, erwiderte sie wehmütig. »Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht, aber dazu bin ich noch nicht gekommen. Eines Tages wird es soweit sein.«
    Katz zerrte mich, aus Angst vor Beulahs Mann, praktisch hinter sich her, aber ich war neugierig geworden.
    »Wie lange sind Sie schon Ranger?« fragte ich sie.
    »Im August sind es zwölf Jahre«, sagte sie stolz.
    »Sie sollten es mal mit dem Wandern probieren. Es ist wirklich schön.«
    »Und Sie wären die Speckfalten an Ihrem Hintern los«, murmelte Katz in sich hinein und ging vor in den Wald. Ich sah ihm mit einiger Verwunderung hinterher. Diese Erbarmungslosigkeit sah Katz überhaupt nicht ähnlich, und ich schrieb sie dem Schlafentzug, tiefer sexueller Frustration und der Übersättigung mit Hardees Wurstsnacks zu.
    Der Shenandoah National Park hat seine Probleme. Er leidet, noch viel stärker als der Park in den Smokies, unter chronischem Geldmangel, Zyniker würden sagen unter chronischem Mißmanagement mit den vorhandenen Mitteln. Einige kilometerlange Abschnitte des Trail sind gesperrt, andere vernachlässigt. Wenn die freiwilligen Helfer des Potomac Appalachian Trail Club nicht die Pflege von 80 Prozent der Wanderwege durch den Park übernommen hätten, wäre die Situation noch schlimmer. Mathews Arm Campground, eine der größten Freizeiteinrichtungen in dem Park, wurde 1993 wegen Geldmangel geschlossen und seitdem nicht wieder eröffnet. Viele andere Einrichtungen bleiben mehrere Monate im Jahr geschlossen. In den 80er Jahren waren sogar die Schutzhütten – die hier nicht shelters, sondern huts heißen – für einige Zeit dicht. Ich verstehe nicht, wie so etwas gehen soll – ich meine, wie kann man ein Holzhaus dichtmachen, dessen viereinhalb Meter breite Vorderseite offen ist? Und noch weniger verstehe ich den Grund, da ein Verbot für die Wanderer, sich nach einem stundenlangen Marsch auf einem Holzpodest schlafen zu legen, die Finanzen der Parkverwaltung wohl kaum entlasten wird. Aber Wanderern das Leben schwer zu machen hat Tradition in den Parks im Osten der Vereinigten Staaten. Ein paar Monate zuvor waren wegen einer Pattsituation im Haushaltsausschuß zwischen Präsident Clinton und dem Kongreß neben einigen untergeordneten staatlichen Behörden auch alle Nationalparks geschlossen worden. Aber für einen Wachdienst, der an jedem Zugang zum AT postiert wurde, um Wanderer mit Rucksack abzuwehren, kratzte die Shenandoah-Park-Verwaltung trotz chronischer Finanzkrise doch noch das nötige Geld zusammen. Folglich mußten ein paar Dutzend harmloser Leute umständliche, sinnlose Umwege über die Straße in Kauf nehmen, bevor sie ihre Wanderung fortsetzen konnten. Diese übertriebene Vorsichtsmaßnahme hat die Parkverwaltung mindestens 20.000 Dollar gekostet, also etwa 1.000 Dollar pro abgewimmeltem gefährlichen Wanderer.
    Außer mit diesen selbstverschuldeten Defiziten muß sich die Parkverwaltung von Shenandoah mit einer Reihe von Problemen herumschlagen, die von Faktoren herrühren, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen. Der Park ist über 160 Kilometer lang, aber an keiner Stelle breiter als zwei, drei Kilometer. Die Folge ist, daß die Millionen Besucher, die Jahr für Jahr herkommen, sich in einem außerordentlich schmalen Korridor entlang des Gebirgsgrats drängeln müssen. Campingplätze, Besucherzentren, Parkplätze, Picknickzonen, der AT und der Skyline Drive – die Aussichtsstraße, die am Grat entlang verläuft –, alles liegt dicht nebeneinander, auf Tuchfühlung sozusagen. Eine der beliebtesten Wanderrouten im Park, die zum Old Rag Mountain hinauf, ist dermaßen gefragt, daß an Sommerwochenenden die Leute dort Schlange stehen.
    Dazu kommt das

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