Picknick mit Bären
hinzu, verfiel bei dem Gedanken daran kurz in Träumerei und fuhr dann fort: »Ich konnte es rausholen, aber es war total zerfetzt, und ich sagte, nur so zum Spaß: >Hoffentlich haben Sie noch ein zweites Paar, Miss, die hier sind nämlich total zerfetzt.<«
»Oh, Stephen – Welche Ironie!«
»Für Waynesboro reicht’s, glaub mir. Sie jedenfalls sagte daraufhin – und jetzt halt dich fest, mein lieber, guter, dreckiger, Stachelschweine bespringender Freund – sie sagte also: >Das wüßten Sie wohl gern, was?<« Er lüpfte die Augenbrauen. »Wir haben uns für sieben Uhr vor der Feuerwehr verabredet.«
»Hat sie da ihr zweites Paar Unterhosen deponiert?«
Er sah mich entgeistert an. »Nein, das haben wir nur als Treffpunkt ausgemacht. Wir wollen zum Abendessen zu Pappa John’s Pizza. Und danach tun wir mit etwas Glück das, was du den ganzen Tag gemacht hast. Bloß brauch ich dafür nicht über Zäune zu klettern und sie mit Gemüse anzulocken. Hoffe ich wenigstens. Hier, guck mal«, sagte er und faßte in eine Papiertüte zu seinen Füßen. Er holte einen rosa Damenschlüpfer hervor, den man getrost als »geräumig« bezeichnen konnte. »Den will ich ihr schenken, habe ich mir gedacht. Als Witz.«
»In einem Restaurant? Findest du das nicht ein bißchen komisch?«
»Ich mache es ganz diskret.«
Ich hielt den Schlüpfer auf Armeslänge von mir weg. Er war deutlich größer als Übergröße. »Wenn er ihr nicht gefällt, kannst du ihn immer noch als Zeltplane verwenden. Entschuldige, wenn ich frage, aber gehört das mit der Übergröße zu dem Witz, oder trägt sie wirklich…«
»Oh, sie ist ziemlich dick«, sagte Katz und gestikulierte wieder vielsagend mit den Augenbrauen. Er faltete den Schlüpfer ordentlich zusammen und packte ihn ehrfürchtig in die Tüte. »Sehr dick.«
Ich aß also allein zu Abend, im Coffee Mill Restaurant. Es war ungewohnt ohne Katz, nach so vielen Tagen ununterbrochener Zweisamkeit, aber trotzdem angenehm, aus demselben Grund. Ich verzehrte ein Steak, las in meinem Buch, das ich an einen Zuckerstreuer gelehnt hatte, und war mit mir und der Welt zufrieden. Als ich aufblickte, sah ich Katz, der sich an das Restaurant heranpirschte, beunruhigt und heimlichtuerisch.
»Gott sei Dank, daß ich dich gefunden habe«, sagte er und setzte sich mir gegenüber. Er schwitzte heftig. »Ein Mann ist hinter mir her.«
»Was redest du da?«
»Beulahs Mann.«
»Beulah hat einen Mann?«
»Ich weiß. Es ist ein irrer Zufall. Auf dem ganzen Planeten gibt es nur zwei Menschen, die bereit wären, mit ihr zu schlafen, und dann befinden sich auch noch beide ausgerechnet in derselben Stadt.«
Das war alles ein bißchen viel auf einmal für mich. »Versteh’ ich nicht. Was ist passiert?«
»Ich stand vor der Feuerwehr, wie verabredet. Da kommt ein roter Pick-up angerast, bremst mit quietschenden Reifen neben mir, und der Fahrer, der ziemlich sauer ist, sagt, er sei Beulahs Mann und er hätte ein Wörtchen mit mir zu reden.«
»Und was hast du gemacht?«
»Ich bin abgehauen. Was denkst du denn?«
»Und, hat er dich nicht eingeholt?«
»Mit 250 Kilo am Leib? Der war kein sportlicher Typ. Eher so ein Rambo, von dem Schlag: >Ich hau dir gleich in die Eier, Alter.< Er ist eine halbe Stunde in der Gegend rumgefahren und hat mich gesucht. Ich bin durch Hinterhöfe und Gärten gerannt, habe mich in Wäscheleinen verheddert und bin in allen möglichen Scheiß reingetreten. Zum Schluß hat noch ein anderer Kerl Jagd auf mich gemacht, weil er mich für einen Penner gehalten hat. Was soll ich bloß machen, Bryson?«
»Als erstes darfst du keine dicken Frauen in Waschsalons mehr anbaggern.«
»Ja,ja,ja.«
»Ich gehe raus, gucke, ob die Luft rein ist, und gebe dir dann durchs Fenster ein Zeichen.«
»Gut. Und dann?«
»Dann gehst du zügig zurück zum Hotel, hältst dir die Hände vor die Eier und hoffst, daß dich der Kerl nicht erwischt.«
Er gab einen Moment lang Ruhe. »Das ist alles? Was Besseres fällt dir nicht ein?«
»Fällt dir was Besseres ein?«
»Nein, aber ich bin auch nicht vier Jahre aufs College gegangen.«
»Ich bin nicht aufs College gegangen, um zu lernen, wie man in Waynesboro deinen Arsch rettet, Stephen. Mein Hauptfach war Politikwissenschaft. Wenn dein Problem mit dem Verhältniswahlrecht in der Schweiz zu tun hätte, könnte ich dir vielleicht weiterhelfen.«
Er seufzte, lehnte sich mit verschränkten Armen zurück, rekapitulierte nüchtern seine Lage und überlegte, wie
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