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Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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beunruhigende Phänomen der Luftverschmutzung. Noch vor 30 Jahren konnte man an besonders klaren Tagen das 120 Kilometer entfernte Washington-Monument erkennen. Heute kann es passieren, daß die Sichtweite an Sommertagen, an denen Smog herrscht, gerade einmal 3.000 bis 4.000 Meter beträgt, und sie hegt nie mehr über 50 Kilometer. Der saure Regen in den Flüssen hat der Forelle den Garaus gemacht. Seit 1983 gibt es Schwammspinner, die hektargroße Bestände von Eichen und Walnußbäumen vernichtet haben. Der große Kiefernmarkkäfer hat an Nadelbäumen ein ähnliches Werk verrichtet, und der Robinienkäfer und die Miniermotte haben an Tausenden Robinien schwere, entstellende, aber gnädigerweise keine tödlichen Schäden angerichtet. Innerhalb von nur sieben Jahren haben dagegen die Fichtengallenläuse an 90 Prozent des Schierlingsbestands im Park schweren Schaden angerichtet. Und wenn Sie das hier lesen, werden auch die restlichen zehn Prozent dahin sein. Eine unheilbare Pilzerkrankung, Anthraknose oder schwarzer Brenner genannt, ist dabei, die herrlichen Hartriegelsträucher auszurotten, nicht nur in Shenandoah, sondern überall in Amerika. Über kurz oder lang wird es den Hartriegel nicht mehr geben, ebenso wie die nordamerikanische Kastanie und die nordamerikanische Ulme. Kurzum, man kann sich kaum ein von Umweltproblemen stärker geplagtes Gebiet als den Shenandoah National Park vorstellen.
    Trotzdem ist der Shenandoah National Park immer noch wunderschön. Er ist wahrscheinlich der schönste Nationalpark, den ich je gesehen habe, und dafür, daß so viele unglaubliche und widersprüchliche Anforderungen an ihn gestellt werden, ist er außerordentlich gut gepflegt. Er war von allen Parks, durch die der Appalachian Trail führt, mein Lieblingspark.
    Wir wanderten durch dichte Wälder, über wunderbar bequemes Terrain, bei einem sanften Anstieg von 150 Meter auf einer Strecke von 6,5 Kilometern. In den Smokies kann es einem passieren, daß man 150 Meter auf, na ja, 150 Meter ansteigt. Das hier entsprach meinen Wünschen schon eher. Das Wetter war freundlich, und man spürte das Nahen des Frühlings. Überall pulsierte das Leben – Insekten summten, Eichhörnchen huschten über Äste, Vögel zwitscherten und hüpften in den Bäumen, Spinnweben glitzerten silbern im Sonnenlicht. Zweimal scheuchte ich Waldhühner auf, und jedesmal erschrak ich – es ist wie eine Explosion unter den Füßen, als würden aufgerollte Socken abgefeuert, gefolgt von flatternden Federn und empörtem Geschnattere. Ich sah eine Eule, die mich von einem dicken Ast aus seelenruhig beobachtete, und unzählige Rehe, die kurz ihre Köpfe reckten, wenn man vorbeiging, einen anstarrten, aber ansonsten zutraulich waren und weiterästen. Vor 60 Jahren gab es in dieser Gegend der Blue Ridge Mountains keine Rehe. Sie waren durch die Jagd ausgerottet worden. Bei der Gründung des Parks 1936 setzte man 13 Weißwedelhirsche aus, und da kein Mensch und nur wenige Raubtiere Jagd auf sie machten, vermehrten sie sich rasch. Heute gibt es 5.000 Hirsche in dem Park, und alle stammen von den ersten 13 Tieren ab, oder von anderen, die aus der Umgebung dazustießen.
    Der Park ist reich an wildlebenden Tieren, wenn man bedenkt, wie bescheiden die Ausmaße sind und daß eigentlich kein richtiges Hinterland zur Verfügung steht. Rotluchse, Bären, Rot- und Graufüchse, Biber, Stinktiere, Waschbären, Flughörnchen und unsere Freunde, die Salamander, gibt es in großer Zahl, auch wenn man die Tiere nicht häufig zu Gesicht bekommt, da die meisten nachtaktiv oder menschenscheu sind. Shenandoah hat angeblich die größte Dichte an Schwarzbären auf der ganzen Welt – ein Bär auf etwa zweieinhalb Quadratkilometer. Es sollen auch Berglöwen gesichtet worden sein, darüber liegen Berichte vor, unter anderem von Parkrangern, die es eigentlich besser wissen müßten – denn den Berglöwen gibt es in den Wäldern im Osten der Vereinigten Staaten nachweislich seit über 70 Jahren nicht mehr. Es gibt sie höchstens noch in einigen Restgebieten der Wälder im hohen Norden – aber dazu später (Sie müssen sich noch etwas gedulden, doch ich denke, es lohnt sich) –, aber nicht in einem so schmalen und eingeengten Gebiet wie dem Shenandoah National Park.
    Wir bekamen nichts Exotisches zu Gesicht, nicht im entferntesten, aber es war ganz hübsch, auch mal ganz normale Eichhörnchen und Rehe zu sehen, das Gefühl zu haben, daß der Wald belebt ist. Am späten Nachmittag kam

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