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Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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seiner Sturheit, wenn flexibles Handeln vonnöten gewesen wäre. General Barnard Bee, der ihm diesen Spitznamen bei der First Battle of Manassas verliehen hatte, wurde getötet, bevor der Tag zu Ende ging, so daß das Rätsel um den Namen für immer ungelöst bleiben wird.
    Den Sieg bei Harpers Ferry, der größte Triumph, den die Konföderierte Armee während des Bürgerkriegs verbuchen konnte, errang Jackson nur deswegen, weil er das erste und einzige Mal den Befehlen von Robert E. Lee folgte. Das besiegelte seinen Ruhm. Ein paar Monate später wurde er in der Battle of Chancellorsville versehentlich von seinen eigenen Truppen angeschossen und starb eine Woche später an den Folgen. Der Krieg war noch längst nicht vorbei. Und Jackson war gerade erst 31 Jahre alt.
    Jackson verbrachte die meiste Zeit während des Kriegs in der Umgebung der Blue Ridge Mountains, schlug dort sein Lager auf und marschierte durch denselben Wald und über dieselben Höhenzüge, die Katz und ich erst kürzlich durchstreift hatten. Mich interessierte daher die Stätte seines größten Triumphs, aber eigentlich wollte ich herausfinden, ob die Entwicklungsgesellschaft hier oben irgend etwas angestellt hatte, über das man sich empören konnte.
    Im Regen und bei dem dämmerigen Licht konnte ich keine Anzeichen von Neubauten erkennen, jedenfalls keine in der Nähe oder gar direkt auf dem »geheiligten Boden«. Ich folgte dem Weg über das wellige Gelände, las mir mit gebührender Aufmerksamkeit die Informationstafeln durch, versuchte den Umstand, daß Captain Poagues Bataillon genau hier gestanden und Colonel Grigsbys Truppen dort drüben Aufstellung genommen hatten, auf mich wirken zu lassen, was allerdings von weitaus bescheidenerem Erfolg gekrönt war, als zu hoffen gewesen wäre, da ich dabei allmählich bis auf die Haut durchnäßt wurde. Ich besaß nicht mehr die nötige Energie, um mir den Lärm, den Rauch und das Gemetzel vorzustellen. Außerdem hatte ich vom Thema Tod genug für heute. Also ging ich zurück zum Auto und fuhr los.
     
     

14. Kapitel
     
    Am nächsten Morgen fuhr ich nach Pennsylvania, knapp 50 Kilometer nach Norden. Der Appalachian Trail führt in einem 370 Kilometer langen, nordöstlich ausgerichteten Bogen, der aussieht wie das dicke Ende eines Kuchenstücks, durch den Bundesstaat Pennsylvania. Ich kenne keinen Wanderer, der ein gutes Wort für den Trailabschnitt in Pennsylvania übrig hätte. Es ist der Ort, »an dem Wanderschuhe sich zum Sterben begeben«, wie sich jemand 1987 einem Reporter des National Geographie gegenüber ausdrückte. Während der letzten Eiszeit herrschte hier, was Geologen ein periglaziales Klima nennen. Es bezeichnet eine Zone am Rand einer Eisdecke, die sich durch häufige Frost- und Tauwetter-Zyklen auszeichnet und den felsigen Boden aufbricht. Die Folge sind endlose Gebiete aus zerklüfteten, bizarr geformten Steinbrocken, die in wackligen Schichten übereinanderliegen. Fachleute nennen das ein Felsenmeer. Es erfordert ständige Aufmerksamkeit beim Gehen, wenn man sich nicht den Knöchel verstauchen oder auf die Schnauze fallen will – keine angenehme Erfahrung mit einem Schub von 20 Kilo auf dem Rücken. Viele Wanderer kehren mit Schrammen und Knochenbrüchen aus Pennsylvania zurück. Außerdem soll es dort die aggressivsten Klapperschlangen und die unzuverlässigsten Wasserquellen geben, vor allem im Hochsommer. Die wirklich herrlichen Bergkämme der Appalachen in Pennsylvania – Nittany, Jacks und Tussey – liegen weiter nördlich und westlich. Aus diversen praktischen und historischen Gründen kommt der AT nicht einmal in die Nähe dieser Berge. Er führt eigentlich über gar keine bedeutende Erhebung in Pennsylvania, hat keine besonders einprägsamen Ausblicke zu bieten, berührt keine Nationalparks oder Wälder und läßt die bemerkenswerte Geschichte des Bundesstaates völlig außer acht. Der AT ist hier im wesentlichen das Herzstück eines sehr langen, strapaziösen Weges, der den Süden mit New England verbindet. Kein Wunder, daß die meisten Leute ihn nicht sonderlich mögen.
    Und noch etwas: Die Karten für diesen Abschnitt sind die schlechtesten, die je für Wanderer erstellt wurden. Die sechs Blätter für Pennsylvania – die Bezeichnung Karten wäre zuviel der Ehre –, die von einer Institution herausgegeben werden, die sich Keystone Trail Association nennt, sind klein, einfarbig, schlecht gedruckt, erstaunlich ungenau, und die Legende ist unzureichend – mit einem

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