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Pilger Des Hasses

Pilger Des Hasses

Titel: Pilger Des Hasses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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kamen einige Vorboten, die den Hauptstrom ankündigten.
    Bruder Cadfael hatte trotz seiner aufrichtigen Erklärung, er hätte in jener Sommernacht in Gwytherin gar nicht anders handeln können, als er gehandelt hatte, etwas schuldbewußt zugesehen, als der Reliquienschrein seine Reise antrat.
    Damals hatte er vor allem ihre walisische Abstammung gespürt; das Gefühl, das sie für die vertraute Sprache der Gegend haben mußte, für den stillen Wechsel der Jahreszeiten und die Einsamkeit, in der sie so lange in ihrer Schönheit geruht hatte, die vielen köstlichen kleinen Wunder, die sie für ihr Volk gewirkt hatte. Nein, er konnte nicht glauben, daß er gefehlt hatte. Wenn sie ihm nur einen Blick schenken würde und lächeln und ihm sagen: Gut gemacht!
    Der allererste Pilger kam, nachdem Bruder Denis ihm den Weg beschrieben hatte, am Spätnachmittag zögernd in den Kräutergarten, um den Gefährten aufzusuchen, der seine Leidenschaft teilte. Cadfael jätete gerade die dicht bepflanzten Minze-, Thymian-und Salbeibeete, was in der Wärme eines schönen Junitages eine anstrengende, ermüdende Arbeit war; Frühlingssonne und Regenschauer hatten einander lebhaft abgewechselt, und das Grün glich einem Schlachtfeld. Er trat gebückt aus einem gejäteten Beet heraus und prallte rücklings gegen einen Menschen, der hinter ihm stand. Er fuhr erschrocken auf, drehte sich um und sah sich einem rostfarben gekleideten Bruder gegenüber, der, wenn auch etwa fünfzehn Jahre jünger, von einer ähnlichen Statur war wie er selbst. Sie sahen sich groß an, die beiden stämmigen, untersetzten Ordensbrüder, und fanden auf den ersten Blick Gefallen aneinander.
    »Ihr müßt Bruder Cadfael sein«, sagte der fremde Bruder mit einer vollen, melodiösen Baßstimme. »Bruder Denis erklärte mir, wo ich Euch finden konnte. Mein Name ist Adam, und ich komme aus Reading. Ich habe dort genau die gleiche Aufgabe wie Ihr sie hier erfüllt, und ich habe sogar so weit im Süden in meinem Haus noch von Euch gehört.«
    Während er sprach, wanderte sein Blick zu einigen von Cadfaels besonderen Schätzen: Zum Mohn, den er aus dem Heiligen Land mitgebracht und wie seinen Augapfel behütet hatte, zu dem empfindlichen Feigenbaum, der beharrlich im Schutze der Nordwand gedieh, wo die Sonne ihn hegte.
    Cadfael erwärmte sich rasch für seinen Bruder und freute sich über den milden Neid, der durch das runde, rasierte Gesicht zog. Er war ein kräftiger, handfester Mann, der sich selbstbewußt bewegte; wenn man ihn reizte, würde man schnell bemerken, wie er zupacken konnte. Und gebräunt war er; ein Mann, der im Freien arbeitete.
    »Ihr seid mehr als willkommen, Bruder«, sagte Cadfael herzlich.
    »Seid Ihr zur Feier der Heiligen gekommen? Und hat man Euch einen Platz im Dormitorium gegeben? Ein paar Zellen sind frei und stehen unseren Mitbrüdern zur Verfügung.«
    »Mein Abt schickte mich aus Reading mit einem Auftrag zu unserem Schwesterhaus in Leominster«, erwiderte Bruder Adam, während er prüfend eine Zehe in den reichen, fruchtbaren Lehm von Bruder Cadfaels Minzebeet steckte und angesichts seiner Qualität anerkennend die Augenbrauen hob.
    »Ich bat um Erlaubnis, meinen Botengang etwas auszudehnen, um an der Überführung von St. Winifred teilnehmen zu können, und die Erlaubnis wurde gewährt. Ich komme nur selten so weit in den Norden, und es wäre schade gewesen, wenn ich eine solche Gelegenheit verpaßt hätte.«
    »Und Ihr habt das Bett eines Bruders bekommen?« Ein solcher Mann, ein Benediktiner und Gärtner und Kräuterkundiger dazu, durfte nicht mit einem Lager im Gästehaus abgespeist werden.
    Cadfael hatte ihn sofort ins Herz geschlossen, als er bemerkte, wie der Neuankömmling mit strahlenden Augen die Schätze des Gartens auf den ersten Blick erkannte.
    »Bruder Denis war so freundlich. Ich schlafe in einer Zelle neben den Novizen.«
    »Dann sind wir fast Nachbarn«, sagte Cadfael zufrieden. »Nun kommt, ich will Euch zeigen, was es hier zu sehen gibt. Der Hauptgarten ist auf der anderen Seite der Vorstadt am Flußufer, aber hier ziehe ich meine Kräuter. Und wenn es etwas gibt, das man sicher nach Reading transportieren kann, dann sollt Ihr Ableger mitnehmen, wenn Ihr uns wieder verlaßt.«
    Darauf begann eine angenehme, wortreiche Unterhaltung, während sie über die Wege des umfriedeten Gartens wanderten und ihre Erfahrungen in Anbau und Gebrauch der Kräuter austauschten. Bruder Adam aus Reading hatte ein gutes Auge für Raritäten

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