Pilger Des Hasses
Herr Beringar ist gerade mit einer Reitertruppe aufgebrochen, um den Waldrand abzusuchen«, erklärte der Bote. »Es war zwecklos, ihnen im Dunkeln zu folgen, nachdem sie Deckung gefunden hatten. Aber jetzt, im Tageslicht, können wir hoffen, sie aufzuspüren. Einen haben wir hinter Schloß und Riegel, und vielleicht verrät er uns etwas über die anderen; woher sie sind und wofür sie sich woanders verantworten müssen. Aber wenigstens können sie unser Fest jetzt nicht mehr stören.«
»Dafür bin ich äußerst dankbar. Und Ciaran wird gewiß ebenso dankbar sein, wenn er seinen Ring zurückbekommt.« Er warf einen raschen Blick zum Brevier auf seinem Schreibtisch und runzelte die Stirn, als er an die Feierlichkeiten dachte, die in den nächsten Stunden vor ihm lagen. »Wird der Herr Sheriff heute nicht zur Messe kommen?«
»Doch, Ehrwürdiger Vater, er hat die Absicht zu kommen, und er bringt einen Gast mit. Er mußte erst zur Jagd blasen, aber die Männer werden zur Messe zurück sein.«
»Er hat einen Gast?«
»Gestern abend kam ein Gesandter vom Hof der Kaiserin, Ehrwürdiger Vater. Ein Mann aus dem Hause von Laurence d'Angers mit Namen Olivier de Bretagne.«
Der Name des jungen Mannes, der Hugh nichts bedeutet hatte, sagte Radulfus ebenso wenig, doch er nickte, als der Name seines Herrn fiel. »Dann richtet Hugh Beringar aus, daß ich ihn und seinen Gast bitte, nach der Messe zu bleiben und mit mir zu speisen. Ich würde mich freuen, die Bekanntschaft des Messire de Bretagne zu machen und zu hören, was er zu berichten hat.«
»Ich will es ausrichten, Ehrwürdiger Vater«, sagte der Bote und empfahl sich.
Abt Radulfus betrachtete nachdenklich den Ring. Die schützende Hand des Legaten war ein mächtiger Schutz für jeden derart begünstigten Reisenden, wo immer Ordnung und Gesetzestreue existierten, ob in England oder Wales. Nur jene, die außerhalb des Gesetzes standen und Freiheit oder Leben verwirkt hatten, wenn sie gefaßt wurden, würden es wagen, einen solchen Schutz zu mißachten. Nach dem festlichen Höhepunkt würden viele Gäste wieder nach Hause reisen. Er durfte nicht vergessen, sie zu warnen, daß im Wald Richtung Westen Räuber lauerten, die bewaffnet waren und gern bereit, ihre Dolche zu gebrauchen. Am besten, die Pilger gingen in Gruppen, die stark genug waren, um jedem Angriff zu trotzen.
Inzwischen konnte er sich darauf freuen, einem Pilger seinen ganz persönlichen Talisman zurückzugeben. Der Abt läutete mit der kleinen Glocke auf seinem Tisch, und einige Augenblicke später trat Bruder Vitalis ein, um seine Befehle entgegenzunehmen.
»Bruder, könntet Ihr im Gästehaus einen gewissen Ciaran suchen und ihn zu mir bitten?«
Auch Bruder Cadfael war lange vor der Prim aufgestanden und in den Garten gegangen, um seine Hütte zu öffnen und seine Kohlenpfanne zu vorsichtigem, gedämpftem Leben zu erwecken, falls er sie später brauchen sollte, um Heiltränke für ekstatische Gläubige zu brauen, die von ihrer Begeisterung übermannt wurden, oder um warme Umschläge für schwächere Anbeter zu bereiten, die in der Menge Quetschungen erlitten.
Er war, von der Versorgung von einfachen Prellungen bis zu schweren Verletzungen, an die Behandlung aller möglichen Wunden gewöhnt.
Er hatte einiges zu erledigen und war froh, damit allein zu sein.
Der junge Oswin sollte seinen Schlaf genießen, bis die Glocke ihn weckte. Er würde bald ins Hospiz von St. Giles versetzt werden, wo jetzt der Reliquienschrein der heiligen Winifred lag, und wo die Unglücklichen mit ihren ansteckenden Krankheiten, die die Stadt nicht betreten durften, Ruhe, Pflege und Unterschlupf fanden, solange sie ihn brauchten. Bruder Mark, sein Schüler, den er sehr vermißte, war inzwischen fort: er war zum Diakon geweiht worden und hatte die Augen fest auf sein Ziel gerichtet, auf das Priesteramt. Wenn er je zurückblickte, sah er nichts als Ermutigung und Zuspruch, die rechte Ernte der Saat, die er gesät hatte. Oswin konnte ihm nicht das Wasser reichen, aber er war ein guter Junge und würde den Unglücklichen, die in seine Obhut kamen, viel Gutes tun.
Cadfael ging zum Ufer des Meole-Baches hinunter, der die östliche Grenze der Enklave bildete. Die Erbsenfelder am Hang reichten fast bis zum sommerlich niedrigen Wasser hinab. Von Osten her schossen die ersten Sonnenstrahlen wie Lanzen über die hohen Dächer der Klostergebäude und drangen in die verstreuten Büsche auf dem anderen Ufer und bis zum grasbewachsenen Hang
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