Pilger Des Hasses
und ritt die Straße zurück, über die er gekommen war.
»Und mit Euch, Herr!« rief ihm der Junge nach. Er sah ihm nach, bis Pferd und Reiter hinter einer Baumgruppe verschwunden waren.
Die Ziegen drängten sich aneinander, denn der Abend rückte näher, und sie wollten in den Stall zurück, da sie die Stunde am Stand der Sonne ebenso gut ablesen konnten wie ihr Hirte. Der Junge nahm die Zügel, pfiff fröhlich und wanderte über die Straße bis zu dem Weg, der durch die Felder zu seinem Heim führte.
Olivier kam zum zweitenmal über die Brücke, die den Severn überspannte. Das eine Ufer war eine steile, baumbestandene Böschung, das andere eine offene, flache Wiese. Hinter dem ersten Acker auf der anderen Seite zweigte rechts ein gewundener Pfad ab, der zwischen einzelnen Baumgruppen hindurch eher nach Süden als nach Westen führte, doch nach etwa einer Meile mündete er in eine bessere Straße, die den Weg kreuzte. Olivier ritt, den Anweisungen des Jungen folgend, der Sonne entgegen, und als er eine Weggabelung erreichte, wandte er sich nach links und hatte die Sonne, die gerade den Rand der Welt berührte und in plötzlich auftauchenden, blendenden Strahlen durch die Büsche lugte, zu seiner Rechten. Auf diese Weise umrundete er langsam die Stadt Shrewsbury. Die Wege wanden sich durch Baumgruppen, die die letzten Ausläufer der nördlichen Spitze des großen Waldes markierten. Manchmal ging es im Zwielicht durch dichten Wald, manchmal über offene Heide und durch Büsche, manchmal über Inseln bebauter Felder, und manchmal waren kleine Weiler zu sehen. Er lauschte auf alle Geräusche und hielt an jeder Kreuzung mit einem Weg, der aus Shrewsbury kam. Bei jeder Hütte und jedem Hof fragte er nach den beiden Reisenden. Aber niemand hatte ein solches Paar vorbeikommen sehen. Olivier faßte Mut. Sie hatten einige Stunden Vorsprung, aber wenn sie seinen Weg nicht gekreuzt hatten, dann waren sie vielleicht noch innerhalb des Kreises, den er um die Stadt schlug. Für den Barfüßigen waren diese Wege kein Kinderspiel, und er war vielleicht gezwungen, sich häufig auszuruhen. Im schlimmsten Fall, wenn er sie doch verpaßt hatte, würde ihn sein gewundener Weg zur Hauptstraße führen, auf der er sich Shrewsbury von Südosten genähert hatte; von dort aus konnte er in die Stadt zu Hugh Beringar zurückreiten und dessen Gastfreundschaft genießen, nachdem er sich an einem schönen Abend etwas Bewegung verschafft hatte.
Bruder Cadfael hatte sich sofort daran gemacht, seine Stiefel anzuziehen, seine Kutte zu schnüren und das beste Pferd zu satteln, das er in den Ställen fand. Er hatte nicht oft Gelegenheit, sich an einem solchen halb vergessenen Vergnügen zu erfreuen, aber daran dachte er jetzt nicht. Er hatte dem Boten, der schon über die Brücke zur Stadt eilte, um Hugh zu benachrichtigen, einige klare Anweisungen auf den Weg gegeben; Hugh würde ebensowenig wie der Abt lange Fragen stellen, sondern die Dringlichkeit erkennen und wissen, daß für Erklärungen keine Zeit blieb.
»Sagt Hugh Beringar«, lautete der Auftrag, »daß Ciaran auf dem kürzesten Wege zur walisischen Grenze unterwegs ist, daß er aber die offenen Straßen meidet. Ich glaube, er wird sich auf einem Nebenweg nach Süden halten, um die alte Heerstraße zu erreichen, die die Römer erbaut haben, nachdem wir dumm genug waren, sie hier eindringen zu lassen.
Dieser Weg führt durch flaches Gelände in ziemlich gerader Linie nördlich von Caus zur Grenze.«
Cadfael wußte, daß es ein Schuß ins Blaue war. Ciaran war nicht aus dieser Gegend, aber er mochte, wenn er Verwandte in Wales hatte, das Grenzland recht gut kennen. Noch wichtiger aber war, daß er drei Tage in der Abtei verbracht hatte, und wenn er von Anfang an eine solche Flucht geplant hatte, dann war es ihm leichtgefallen, die Brüder und Gäste nach dem besten Weg auszuhorchen. Die Zeit drängte, und man mußte sich für die beste Möglichkeit entscheiden. Cadfael traf seine Wahl und machte sich auf den Weg.
Er verschwendete keine Zeit, indem er umständlich zum Tor hinausritt und die Straße nahm, um die Jagd gen Westen zu beginnen, sondern führte sein Pferd im Laufschritt durch die Gärten, sehr zum Erstaunen von Bruder Jerome, der gut zehn Minuten vor der Zeit durch den Kreuzgang zur Komplet ging.
Zweifellos würde Jerome recht erzürnt Prior Robert Bericht erstatten. Cadfael vergaß ihn sofort wieder. Er führte das Pferd um das noch nicht abgeerntete Erbsenfeld zu den
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