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Pilger Des Hasses

Pilger Des Hasses

Titel: Pilger Des Hasses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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bückte, um das heruntergefallene Hemd aufzuheben. Er hielt es ins Licht und sah die Umrißlinien eines herausgewaschenen Flecks auf der linken Schulter. Er verfolgte den Verlauf der Linie über der Schulter und sah, daß sie die ganze linke Seite der Brust umschloß. Das Leinen war sonst völlig sauber, und das ursprüngliche Braun war vom vielen Waschen ausgebleicht. Er breitete es mit der Brust nach oben auf dem Tisch aus. Die dünne braune Linie, außen scharf umrissen und innen etwas verschwommen, umschloß den größten Teil der linken Brust und den linken Oberarm. Der Raum innerhalb der Linie war saubergewaschen, selbst der Rand war verblichen, aber er war noch gut erkennbar, und einige Farbtupfer verrieten, wie der Fleck entstanden war.
    Auch wenn Radulfus sich nicht in der Welt herumgetrieben hatte wie Cadfael, hatte er dennoch einige Erfahrung. Er betrachtete das ausgebreitete Beweisstück und sagte gefaßt:
    »Das war Blut.«
    »Allerdings«, sagte Cadfael und rollte das Hemd zusammen.
    »Und der Besitzer des Hemdes kommt von einer Burg, deren Herrin Juliana Bossard heißt.« Er sah Cadfael nachdenklich und ernst an. »Haben wir dann einen Mörder bei uns beherbergt?«
    »Ich glaube schon«, erwiderte Cadfael, während er die Fragmente eines Lebens in ihr bescheidenes Behältnis schob, des Lebens eines Mannes, der keine Hoffnung mehr hatte; keine einzige Münze war mehr in der Börse. »Aber ich glaube, wir haben noch Zeit, einen zweiten Mord zu verhindern - wenn Ihr mir die Erlaubnis gebt, sofort aufzubrechen.«
    »Nehmt das beste Pferd, das sich im Stall finden läßt«, sagte der Abt einfach, »und ich will Hugh Beringar Bescheid geben und ihm ausrichten lassen, daß er Euch mit einigen Männern folgen soll.«

13. Kapitel
    Sieben Meilen nördlich auf der Straße nach Oswestry zügelte Olivier sein Pferd, als er einen drahtigen Jungen mit hellen Augen sah, der im üppigen Sommergrün, das langsam ins Kräut schoß, auf der breiten Böschung Ziegen weidete. Der Junge zog am langen Führungsseil einer Ziege, um sie sanft zu einer Stelle weiterzuziehen, an der das Licht des frühen Abends warm auf dem hohen Gras lag. Er blickte ohne Furcht zu dem Reiter hinauf; er war ein Halbwaliser, und Unterwürfigkeit war ihm fremd. Er lächelte leicht und begrüßte Olivier freundlich.
    Der Junge war hübsch, tapfer und furchtlos; genau wie der Mann. Sie sahen sich an und fanden Gefallen aneinander.
    »Gott sei mit dir!« sagte Olivier. »Wie lange weidest du deine Tiere schon hier? Und hast du während der Zeit einen Lahmen und einen Gesunden zu Fuß vorbeikommen gesehen, die etwa im gleichen Alter waren?«
    »Gott sei mit Euch, Herr«, erwiderte der Junge fröhlich. »Ich war schon vor der Mittagszeit hier an der Straße, denn ich habe mein Mittagessen dabei. Aber ich sah niemand vorbeikommen, der Eurer Beschreibung entspricht. Und ich habe mit jedem, der nicht gerade im Galopp vorbeikam, ein paar Worte gewechselt.«
    »Dann brauche ich mich nicht weiter zu beeilen«, sagte Olivier und wartete eine Weile, während sein Pferd an den Grasspitzen zupfte. »Sie können jetzt nicht mehr vor mir sein. Aber sage mir: Wenn sie früher nach Wales hinüber wollten, wo kann ich sie dann unterwegs treffen? Sie brachen vor mir von Shrewsbury auf, und ich habe eine Botschaft für sie. Wo kann ich mich nach Westen wenden und einen Bogen um die Stadt schlagen?«
    Der junge Hirte ging bereitwillig auf jeden Wortwechsel ein, der ihm eine Ablenkung von seiner eintönigen Arbeit bot. Er überlegte, welches die beste Straße sei, und erklärte schließlich: »Reitet etwa eine Meile oder mehr zurück, bis über die Brücke bei Montford. Dort findet Ihr einen ausgefahrenen Weg, der nach Westen abgeht, für Euch also nach rechts.
    Reitet an der ersten Abzweigung nach Westen; das ist nicht der direkte Weg, aber er führt Euch in die gewünschte Richtung. Er umrundet Shrewsbury in etwa fünf Meilen Entfernung und verläuft am Wald entlang, aber er quert jeden Weg, der aus Shrewsbury herausführt. Vielleicht erwischt Ihr Eure Männer noch. Ich wünsche Euch Glück dabei!«
    »Vielen Dank«, sagte Olivier, »und vielen Dank für den Rat.« Er beugte sich herunter und nahm die Hand, die der Junge gehoben hatte, um bewundernd und erfreut die walnußbraune Schulter des Pferdes zu streicheln, und nicht etwa, um ein Almosen zu erbitten. Er drückte dem Jungen eine Münze in die glatte Hand. »Gott sei mit dir!« sagte er. Er zog sein Pferd herum

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