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Pilger des Zorns

Pilger des Zorns

Titel: Pilger des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Wandermönch mit dem fettigen Haarkranz aufgefallen wäre. In der Hoffnung auf Almosen stand er auf einem Weinfass und salbaderte wie ein Besessener drauflos. Unter den Tagelöhnern, Gerbergesellen und Fischern, die vor dem Maintor herumlungerten, erntete er jedoch nur Hohn und Spott. Dass heute Mariä Himmelfahrt und die Botschaft des Mönchs eine durchaus ernste war, änderte nicht das Geringste daran.
    Doch dann tauchte dieser Kraftprotz von einem Jakobspilger auf, und die allgemeine Heiterkeit in Form von Zoten, derben Späßen und zweideutigen Zurufen verflog im Nu. Hier bahnte sich etwas an. Und zwar ein Spektakel der besonderen Art.
    Nein, ganz sicher – auf Händel mit diesem Kraftpaket ließ man sich besser nicht ein. Jeder im Umkreis von zehn Klaftern hatte das begriffen. Nur jener psalmodierende Wandermönch nicht. Eine Unachtsamkeit, die ihm reichlich Ärger bescheren würde.
    Doch das konnte er zu dem Zeitpunkt, als sich seine Predigt dem Höhepunkt näherte, noch nicht wissen. »Tut Buße!«, rief er seinen Zuhörern zu. »Auf dass an der Heiligen Jungfrau Ehrentag der Geist in euch fahre! Lasst ab vom Glücksspiel, dem Weingenuss und der Völlerei. Bekennt, dass ihr nichts als ein Haufen armseliger Sünder seid, nicht wert, dass des Herrn Gnadensonne euch erwärmt. Teilt euer Hab und Gut, vor allem mit jenen, die euch von Herzen zugetan sind. Und vor allem: Schwört ab der Sünde, dem Glücksspiel und der Hurerei!«, vollendete der Bettelmönch mit heiserer Stimme, und was den Abschluss seiner Predigt betraf, schien dieser seine Wirkung zumindest unter den weiblichen Zuhörern nicht zu verfehlen.
    Wenn, ja wenn ihm dieser Hüne mit dem Vollbart nicht in die Quere gekommen wäre.
    Kaum war das letzte Wort verklungen, als er sich einen Weg durch die Menge bahnte und mit verschränkten Armen vor dem Bettelmönch aufbaute. Im Begriff, die Gaffer um Almosen zu bitten, blieb dieser unverrichteter Dinge stehen. Komischer Kauz, fuhr es ihm durch den Sinn, als sein Blick auf den Hünen im Pilgergewand fiel. Mit einem frommen Wanderer hatte er anscheinend so viel zu tun wie die heilige Elisabeth mit einer Dirne, und dementsprechend skeptisch war sein Blick.
    Ausgerechnet jetzt meldet sich eine innere Stimme zu Wort. Ausgerechnet jetzt, wo ich dabei bin, diese Einfaltspinsel zur Ader zu lassen.
    In diesem Moment, als sich das Gesicht des Kraftprotzes zu einem angewiderten Lächeln verzog, hatte der Bettelmönch endlich verstanden. Um heil aus der Sache herauszukommen, war es allerdings zu spät. Allein schon der Blick seines Widersachers war Beweis genug.
    »Hurerei, soso«, knurrte er und sah sich Beifall heischend um. In den Gesichtern der Fischweiber, Gassenjungen und Mägde regte sich jedoch nichts. Das hier hatte nichts mehr mit den Späßen zu tun, die man sich allenthalben auf Kosten der Pfaffen gönnte. Schon allein deshalb, nicht zuletzt aber auch aus Angst vor den Stadtknechten, hielten sich die meisten lieber zurück.
    Doch das focht den Kraftprotz nicht an.
    Als er sich den Wandermönch vorknöpfte, ging ein Raunen durch die Menge, und die Miene, mit der die Gaffer die Szene verfolgten, sprach Bände. Kein Zweifel – dieser Pilger schien tatsächlich über Bärenkräfte zu verfügen. Sonst wäre er nicht in der Lage gewesen, den Mönch am Kragen zu packen, ihn hochzuheben und anschließend auch noch das Fass umzustoßen.
    Doch dann ließ der Kraftprotz los, und der Wandermönch landete in einem Haufen Pferdemist.
    Die Schaulustigen, unter ihnen etliche Bürgersfrauen im Feiertagsornat, hielten den Atem an. Mit Kurzweil auf Kosten der Pfaffen hatte dies hier schon lange nichts mehr zu tun. Der stiernackige Pilger war zu weit gegangen. Viel zu weit, aber seiner Miene nach zu urteilen immer noch nicht weit genug.
    »Weißt du was?«, schnaubte der Koloss, zerrte den Wandermönch hoch und schubste ihn vor sich her.
    Keine Antwort.
    »Ich hab mal einen gekannt, dem du verteufelt ähnlich siehst.«
    »Zu viel der Ehre«, wimmerte der Mönch, den die Wortwahl des Pilgers wie ein Kaninchen vor der Schlange erstarren ließ.
    »So, meinst du?«
    Willfähriges Kopfnicken.
    Der Koloss lächelte und verstärkte seinen Griff. »Ein froschäugiger Pfaffe, der seinen Ringelschwanz in anderer Leute Weiber stecken musste.«
    Blankes Entsetzen.
    »Und was habe ich damit zu tun?«, winselte sein Opfer, bevor es in einem Haufen Tuchballen landete.
    »Gar nichts! Aber da sich dieser Dominikanerbankert in seine

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