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Pilger des Zorns

Pilger des Zorns

Titel: Pilger des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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gefällig?«, fragte er mit aufreizender Jovialität.
    »Und worum handelt es sich bei diesem Gebräu?«
    »Um eines, das Euch tiefen Schlaf und jede Menge süße Träume beschert.«
    »Zugegeben – ich bin überrascht.«
    »Wieso denn?«
    Bruder Hilpert griff nach der Flasche, roch daran und gab sie wieder zurück. »Weil ich nicht im Entferntesten damit gerechnet habe, dass Ihr es nötig habt, Euch mit einer Mixtur aus Schlafmohn, Honig und Rotwein zu betäuben.«
    »Bei allem gehörigen Respekt, Bruder: Zwischen Himmel und Erde gibt es Dinge, bei denen Ihr samt Eurer profunden Gelehrsamkeit aufgeschmissen seid.«
    Kaum hatte Richwyn geendet, tauchte wieder das Gefühl auf, ihn zu kennen. Da Bruder Hilpert jedoch erneut passen musste, ging er einfach darüber hinweg. »So, meint Ihr?«, fragte er in lauerndem Ton. »Und was, wenn ich Euch demnächst eines Besseren belehrte?«
    »Nur zu!«, ermunterte ihn Richwyn, verschränkte die Handflächen im Nacken und fläzte sich auf die Bank. »Wie Ihr bereits anzudeuten geruhtet, gibt es an Bord der ›Charon‹ jede Menge für Euch zu tun.«
    »Wer seid Ihr, Richwyn – und was ist Eure Mission?«, fuhr Bruder Hilpert den sich völlig entspannt gebenden Spielmann an. »Und wenn wir gerade dabei sind: Ihr habt hier keinen Dilettanten vor Euch. Das müsstet Ihr eigentlich wissen.«
    »Weiß ich, Bruder. Weiß ich.«
    »Wozu dann dieses Getue? Dass Ihr ein Spielmann seid, könnt Ihr Eurer Großmutter erzählen. Es sei denn, Ihr wärt in der Lage, Eurer Sackpfeife auch nur einen vernünftigen Ton zu entlocken.«
    »Alles zu seiner Zeit, Bruder. Nicht mehr lange, und ich werde Euch zum Tanze aufspielen. Und zwar so, dass Euch Hören und Sehen vergehen wird!«
    »Soll das etwa eine Drohung sein?«
    »Nein. Allenfalls so etwas wie eine Prognose. Mit der Bitte, Euch um Eure eigenen Angelegenheiten zu kümmern.« Richwyn hob die Hand vor den Mund und gähnte. Dann senkte er seine Stimme, wandte den Kopf zur Seite und raunte ihm zu: »Beziehungsweise mit der Bitte um Diskretion. Ein Lauscher ist doch wohl mehr als genug, oder?«
    Bruder Hilpert sah sich überrascht um. Ohne dass er es bemerkt hatte, war soeben der Badstuber aufgetaucht. Nach der Durchsuchung des Schiffes hatte er sich ins Schlafzelt verkrochen und seitdem nicht mehr blicken lassen. Umso überraschender, dass dies ausgerechnet jetzt geschah. Er befand sich in Höhe des Rahsegels, mit den Gedanken offensichtlich woanders. »Wie recht Ihr doch habt!«, erwiderte Bruder Hilpert, während sein Blick abwechselnd auf Richwyn und dem Badstuber ruhte. Obwohl er lauter sprach als sonst, nahm Emicho keinerlei Notiz von ihm. »Ganz schön frisch hier draußen!«, rief er ihm deshalb mit gespielter Jovialität zu, während er den Blick über das Deck schweifen ließ. Außer dem Kapitän und dem Koloss, die sich beide auf dem Achterdeck befanden, war jedoch niemand zu sehen. Weder Rosalinde noch die Matrone noch der Schiffsjunge, der sich vermutlich unter Deck befand.
    Der Badstuber brummte etwas, das Bruder Hilpert zum Glück nicht verstand, woraufhin er sich wieder dem Spielmann zuwandte und demonstrativ neben ihn setzte. Richwyn indes ließ sich nicht stören und blieb ebenso demonstrativ liegen.
    »Unangenehmer Patron«, sagte Bruder Hilpert nach einer Weile, stützte die Ellbogen auf die Reling und beobachtete ein Treidelschiff, das von einem Paar Zugochsen flussaufwärts geschleppt wurde. Der Ochsenknecht rackerte und schwitzte und mühte sich nach Kräften. Da die Schaluppe jedoch überladen war, ging dies nicht ohne Peitschenhiebe und derbe Flüche ab.
    »Harmlos ausgedrückt«, gab Richwyn nach längerem Schweigen zurück, richtete sich ruckartig auf und nahm die gleiche Position wie Bruder Hilpert ein.
    »Wieso?«
    Richwyns Gesicht verfärbte sich. Zu dem von Bruder Hilpert erwarteten Zornesausbruch kam es jedoch nicht. Zumindest nicht ganz. »Na, Ihr macht mir vielleicht Spaß!«, erwiderte er, kaum imstande, sich zu beherrschen. »Oder habt Ihr seinen Auftritt in Marktheidenfeld schon wieder vergessen?«
    »Natürlich nicht«, gab Bruder Hilpert ebenso bissig zurück. »Genauso wenig wie die übrigen Auftritte auch. In deren Kette sich die Eurigen nahtlos einzureihen scheinen.«
    Richwyn erhob sich, reckte die Arme und stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Wie gesagt, Bruder – wenn Ihr mir einen Gefallen tun wollt, kümmert Euch um Euren eigenen Kram!«, tat er unmissverständlich kund, packte seine Laute

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