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Pilger des Zorns

Pilger des Zorns

Titel: Pilger des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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zumindest nach außen hin unbeteiligt zu wirken, bereitete der Kapitän dem Geplänkel ein Ende. »Zeit zum Schlafengehen, die Herren!«, verkündete er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Beziehungsweise, um die Nachtwache einzuteilen.«
    »Und wozu das Ganze?«, mischte sich Richwyn, der zusammen mit Berengar am Bug stand, ein.
    »Weil ich mich ausruhen muss, Dummschwätzer!«, polterte der Kapitän. »Oder hast du vergessen, dass ich die ganze Nacht über kein Auge zugemacht habe? Während der Herr von und zu Tunichtgut auf der faulen Haut gelegen ist?«
    Richwyn bebte vor Zorn, und es sah danach aus, als würde es mit ihm durchgehen. Puterrot im Gesicht, sprang der Sackpfeifer von der Reling, ballte die Rechte zur Faust und stürmte auf seinen Kontrahenten zu.
    Es war Bruder Hilpert, der die Situation rettete, des lieben Friedens willen, nicht etwa aus Sympathie. »Haltet ein, Ihr Herren!«, rief er, sprang auf und versperrte Richwyn den Weg. »Oder ist Euch ein Schwerverletzter nicht genug?«
    Obwohl dieser nicht durchschaute, was gerade vor sich ging, verfehlte die Anspielung auf Isaak ihre Wirkung nicht. Richwyn gab klein bei, wie schon häufiger an diesem Tag. Ganz ohne Ironie ging es freilich auch diesmal nicht: »Eminenz mögen mir mein ungebührliches Betragen verzeihen!«, gab er sich reumütig und zerknirscht. »Und mir eine angemessene Bußleistung auferlegen.«
    »Dafür, lieber Freund«, hielt Bruder Hilpert dagegen, wobei er die Pointe absichtlich hinauszögerte, »sind wir Zisterzienser nicht geschaffen. Was das Verhängen von Bußleistungen und Strafen betrifft, gibt es Orden, die darin wesentlich mehr Übung haben als wir. Wie zum Beispiel die Dominikaner.«
    Richwyn war wie vom Donner gerührt. Zu keiner Antwort, ja nicht einmal einer Gefühlsregung fähig, starrte er Bruder Hilpert mit weit aufgerissenen Augen an. Dann wandte er sich ab und stapfte zurück zum Bug.
    Der Kapitän registrierte es mit Verwunderung, vermied es jedoch, weiter Öl ins Feuer zu gießen. »Wie gesagt –«, kam er auf das Thema zurück, »wir werden nicht umhinkommen, demnächst eine Pause einzulegen.«
    »Und wo?«, fragte Bruder Hilpert, dem der Kapitän ein Rätsel nach dem anderen aufgab.
    »Nicht weit von hier«, wich dieser aus. »Weshalb ich, wenn es den Herren recht ist, jetzt gerne die Wachen einteilen würde.«
    »Stets zu Diensten!«, warf Berengar ein, der Richwyn seinen Platz auf einem ausgedienten Weinfass überlassen und sich unauffällig zu Bruder Hilpert gesellt hatte. »Wir sind ganz Ohr!«

     
    H

     
    »Es steht geschrieben: Du sollst nicht töten.« Deutlicher hätte das Verdikt von Marek Husine č nicht ausfallen können. Auf Gegenliebe stieß er bei seinem Gesprächspartner damit jedoch nicht.
    »Und das da?«, zischte der Kapitän, riss die Augenklappe herunter und funkelte seinen Gefährten wütend an. »Schon vergessen?«
    Husine č senkte den Kopf und schwieg. Seine Schmerzen waren kaum noch zu ertragen, fast so schlimm wie sein Durst. Um ihn zu stillen, reichte der Krug in seinen Händen kaum aus. »Natürlich nicht«, antwortete er beschämt und nahm einen weiteren tiefen Schluck. »Wie könnte ich.«
    Jan Hlavá č ek war jedoch nicht zu bremsen. Im Schein der Laterne, die neben der geöffneten Luke stand, sah er wie ein rachsüchtiger Dämon aus, und die leere Augenhöhle war dazu angetan, diesen Eindruck zu verstärken. »Weshalb dann diese Skrupel?«, stieß er unwirsch hervor. »Der Hundsfott hat einfach nichts Besseres verdient.«
    Der Mann, an den diese Worte gerichtet waren, stellte den Krug ab und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Mein ist die Rache, spricht der Herr!«, antwortete er geraume Zeit später. Und fügte barsch hinzu: »Schon vergessen?«
    »Ganz gewiss nicht.«
    »Umso besser.«
    »Eben nicht!«, ließ Hlavá č ek seinem Zorn freien Lauf. »Der Kerl hat uns alle auf dem Gewissen, dafür wird er büßen. Heute Nacht noch.«
    »Heute Nacht?«, wiederholte Husine č alarmiert.
    In Gedanken bei der bevorstehenden Tat, blieb Hlavá č ek die Besorgnis in der Stimme des ehemaligen Lehrmeisters verborgen. »Es kann überhaupt nichts schiefgehen«, murmelte er wie in einem Selbstgespräch, nahm den Krug in Empfang und stellte ihn neben der Luke ab. »Nicht das Geringste. Dafür habe ich alles viel zu sorgfältig geplant. Malachias wird sterben, und keiner wird etwas mitkriegen. Nicht einmal dieser Klugscheißer von Zisterzienser.«
    »Da sagte

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