Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pilger des Zorns

Pilger des Zorns

Titel: Pilger des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
dass man zur Abwechslung mal recht …« Erst jetzt, im Begriff zu antworten, hatte Berengar den Hufschmied bemerkt. Dieser ließ den Vogt jedoch links liegen, verriegelte die Luke und begab sich schnurstracks zum Achterdeck. Dort angekommen, erstattete er dem Kapitän Bericht. Bruder Hilpert spitzte die Ohren. Allem Anschein nach ging es um die Ladung, und der Miene des Kapitäns nach zu urteilen schien alles mit ihr in Ordnung zu sein.
    Mit Berengar hingegen nicht.
    Der Vogt wirkte konsterniert, ja geradezu konfus. Bruder Hilpert stöhnte innerlich auf. Von unliebsamen Begegnungen, Neuigkeiten und Enthüllungen hatte er weiß Gott genug. Zu seinem Leidwesen schien die Reihe mysteriöser Vorfälle an Bord der ›Charon‹ jedoch längst nicht beendet zu sein.
    »Beim Phallus Satans – das gibt ’ s doch nicht!«
    »Was denn?« Ein Blick auf Berengar, und Bruder Hilpert wurde klar, dass sich seine Befürchtungen bewahrheiten sollten. Vor Überraschung bekam der Vogt den Mund nicht mehr zu. Selbst dann nicht, als ihm Hilpert einen Rippenstoß verpasste. »Irgendetwas nicht Ordnung?«
    »Das kannst du aber laut sagen«, murmelte Berengar kopfschüttelnd vor sich hin. »Der gute alte Markward – sieh an! Schande über mich, dass ich erst jetzt auf den Trichter gekommen bin.«
    »Du sprichst in Rätseln, mein Freund.«
    »Bald nicht mehr.« Berengar holte tief Luft und sah seinen Freund aus dem Augenwinkel an. »Markward von Henneberg«, fügte der Vogt erklärend hinzu. »Komtur des Deutschen Ordens.«
    »Kom…«, begann Bruder Hilpert, brach jedoch wieder ab. Die Verblüffung war auch ihm ins Gesicht geschrieben, mittlerweile deutlicher als bei Berengar.
    »Du hast richtig gehört«, versetzte sein Freund. »Ein leibhaftiger Komtur. Alter Adel. Und dann so etwas. Ich krieg ’ s einfach nicht in meinen Schädel rein.«
    ›Ich auch nicht!‹, wollte Hilpert zur Antwort geben, besann sich jedoch eines Besseren. Plötzlich fiel ihm die Szene vom Nachmittag wieder ein. Der Blick, mit dem der angebliche Hufschmied zur Henneburg hinaufgeschaut hatte. Die vor Rachsucht sprühenden Augen. Der Disput mit Malachias. Sein rauflustiges Gehabe. Der Blick, mit dem er ihn beim Betreten des Schiffes bedacht hatte. Bruder Hilpert seufzte. All das konnte natürlich kein Zufall sein. An so etwas glaubte er weiß Gott schon lange nicht mehr. »Und woher kennst du ihn?«, fragte er seinen Freund, der seine Verblüffung inzwischen abgestreift hatte.
    »Von einem Bankett in letztem Jahr«, flüsterte Berengar ihm zu. »Ein Mann mit großem Appetit. Was man sich im Übrigen auch über seine hochwohlgeborene Frau Gemahlin erzählt. Wenn nicht im wortwörtlichen, so doch im übertragenen Sinn.«
    »Galante Abenteuer?«
    »Das auf jeden Fall. Dem Vernehmen nach scheint sie es mit der ehelichen Treue nicht sonderlich genau genommen zu haben. Beziehungsweise zu nehmen. Kein Wunder, ist ja auch um einiges jünger als er. Und über die Maßen attraktiv.«
    Bruder Hilpert reckte tadelnd den Zeigfinger in die Höhe. »Und das von jemandem, der frisch verlobt ist! Einem Ehrenmann wie dir hätte ich eine derartige Bemerkung nicht zugetraut.«
    »Auf einen mehr oder weniger von der Sorte kommt es ja wohl nicht an, oder?«
    »An Bord dieses Schiffes schon.«
    »Stattgegeben, Euer Ehren«, gab Berengar kleinlaut zurück. »Sieht tatsächlich so aus, als würde es demnächst Ärger geben. Da braut sich einiges über deinem Dickschädel zusammen.«
    »Kein Einspruch meinerseits«, räumte Bruder Hilpert ein. »Und somit Zeit, Bilanz zu ziehen.«
    »Nur zu, mein Freund.«
    »Unser Motto: Nichts ist so, wie es scheint.«
    »In der Tat.«
    Bruder Hilpert öffnete die Fläche der linken Hand. »Erstens: Ein leibhaftiger Komtur gibt sich als Hufschmied aus, der auf Pilgerfahrt zum Schrein der Heiligen Drei Könige ist.«
    »Weshalb, ist allerdings die Frage.«
    »Genau. Zweitens: Ein Jude in den Zwanzigern, nach allen Regeln der Kunst malträtiert, gibt vor, auf Pilgerfahrt gewesen und Opfer einer Tavernenschlägerei geworden zu sein.«
    »Dank unserer Hilfe nur knapp dem Tod entronnen.«
    »Diejenige des Herrn nicht zu vergessen.« Bruder Hilpert massierte die zerfurchte Stirn. »Drittens: Bei Richwyn dem Sackpfeifer handelt es sich in Wahrheit um Coelestinus, seines Zeichens Dominikaner. Grund seiner Maskerade: unbekannt.«
    Berengar nickte stumm. »Woher kennst du ihn eigentlich?«
    »Von einer Disputation auf dem Reichstag zu Konstanz im letzten Jahr.

Weitere Kostenlose Bücher